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Heidelberger Lokalanzeiger: Neuer Heidelberger Anzeiger (28) — 1901

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No. 270 - No. 279 (18. November - 28. November)
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Heidelberger

28. Isyrgsrng.

ArrLage ca. 730V.

AeuerHerdeLberger Anzeiger

JiSNMg, den 26 MorremSer

Postzeitimgsliste No. 3306-

ssssrsN


der gestrigen Be-
kam es zu stürmi-
Gemeinderath Orsini

zurückzuführen
verflogen sein,
beider Monar-
verwandt sind.

1901.

Vas Neueste.

PottUlckes.

Zweigstelle: «. GeksendSrfe»
Lutere Neckarstraße 17.



Der Kaiser über die Zolltarif - Vorlage. Der
Kaiser soll sich einem Minister gegenüber ziem-
lich zstversichtlich über die Aussichten der Zoll-
tarif - Vorlage geäußert haben. Er erwarte,
daß die Parlamentarische Erledigung dieses wich-
tigsten Gesetzentwurfs der Session sehr viel we-
niger Zeit in Anspruch nehmen werde, als die
Durchberathung des Tarifss vom Fahrs 1879,
Er hege das Vertrauen zum Reichstage, daß
diese Körperschaft sich in jedem Augenblick be-
wußt bleibe, der deutsche Reichstag zu sein. Die
Wogen einer erregten Agitation und die Phra-
sen, die bei einem solchen Kampfe unausweichlich
seien, erwiesen sich schließlich doch weniger mäch-
tig, als das Bewußtsein der Verantwortlichkeit.
Im Verein mit deir Verbündeten Regierungen
werde der Reichstag sich über scheinbar schwie-
rigste Fragen verständigen. Ein Bischen Pa-
triotismus — und das Schwerste wird leicht;
es giebt kein Unannehmbar.^ Diese Aeuherung,
gegen deren Richtigkeit keinerlei sachliche Gründe

c* In Berlin wird ein allgemeiner dcut-
Hex Städtetag statifindeu, um gegen die
^°llerhöhung Stellung zu nehmen.

* Die von englischen Blättern gebrachte Mel-
der Kaiser beabsichtige den Kronprinzen auf
«e Weltreise zu schicken, wird als vollkom»
e» erfunden bezeichnet.

j-, * Die Kaiserin-Wittwe von Rußland
x Testern zum Besuche des Herzogs von Cumber-
in Gmunden cingetroffen

r Der Gesundheitszustand der Königin Wil-
-slnrina von Holland ist sehr zufriede n-
'"llend.

„Nun, Sie brauchen das nicht so beklommen
zu sagen. Ich finde durchaus nicht, das es zu-
viel ist für das, was Sie leisten. Sie haben die
Wirtschaft bis jetzt zu meiner Zufriedenheit ge-
führt, und das ist mir viel Werth, da ich mich ja
leider nur wenig um das Häusliche kümmern
kann. Es soll mir lieb sein, wenn wir uns auch
weiter so gut miteinander vertragen."
Während sie der jungen Haushälterin dies
freigebige Lob ertheilte, hatte sie die vorhin von
ihr genannte Summe in Gold- und Silberstücken
auf den Tisch gezählt.
„Ueberzeugen Sie sich, bitte, ob es stimmt,
Fräulein Paula! Ich könnte mich ja geirrt ha-
ben."
„Es ist ganz richtig, Frau Matrasch, und ich
danke Ihnen herzlich. Aber, wenn es nicht un-
bescheiden ist, darum zu bitten, können Sie mir
nicht vielleicht achtzig Mark in Papiergeld ge-
ben?"
„In Papier? Nein, mein Kind, das kann ich
leider nicht. Aber wozu in aller Welt wollen
Sie's denn auch in Papier haben? Mir ist das
Gold immer viel angenehmer."
„Ich möchte es in einen Brief entlegen."
„Wie? Sie wollen es fortschicken? Ganze
achtzig Mark? Ja, da behalten Sie ja beinahe
nichts für sich selbst."
„Für meine Bedürfnisse ist es wohl inuner
noch genug. Und dann — es handelt sich um
eine sehr dringende Verpflichtung."
„Nun, das ist ja auch am Ende Ihre eigene
Sache. Aber Papiergeld in so kleinen Scheinen
habe ich augenblicklich nicht. Und wenn Sie's
durchaus in einem Brief schicken wollen, statt mit
einer Postanweisung, was viel einfacher und
sicherer wäre, so müssen's halt zusehen, wo Sie's
eingewechselt erhalten."

-W Nizza, 25.
msinderaths -
scheu Seen en,
zum Revolver
schwer verletzte.
IV Paris, 25. Nov. Ter türkische Ge-
schäftsträger benachrichtigte den Minister Del-
eassch die Pforte habe in Uebereinstimmung
mit seiner Forderung genehmigt, daß das
französische Stationsschiff'„L a Mouette" in
die Dardanellenstraße einfahre.
ld London, 25. Nov. Der Correspondent
eines Shefielder Blattes berichtet, ein Freund
Chamberlains habe ihm erzählt, letzterer
habe im Laufe einer Unterhaltung geäußert, er
sei aintsmüde und würde sich von der Politik zu-
rückziehen, wenn er damit zur ehrerwollen Bei-
legung des südafrikanischen Krieges beitragen
würde.
London, 25. Nov. In verschiedenen Kund-
gebungen in Deutschland gegen die eng-
lische Kriegführung in Südafrika ist
die Behauptung verwerthet worden, die Eng-
länder hätten in den Gefechten bei Graspan am
6. Juni 1901 Frauen und Kinder der Buren vor
sich hingestskllt, um Deckung vor den feindlichen
Geschossen zu suchen und zwischen ihren Annen
hindurch auf Buren gefeuert. Die „Daily
Mail" hat, um Klarheit zu schaffen, an Lord
Kitchener telegraphirt mit der Bittenden Sach-
verhalt festzustellen. Lord Kitchener hat
darauf geantwortet, die Behauptung sei
vollkommen unwahr und entbehre je-
der Begründung. Ein Kind sei getöd-
tet, eine Frau und ein Kind durch die
Buren verwundet worden.
Rotterdam, 25. Nov. Studenten drangen
gestern ins Theater, wo sie großen Unfug an-
ricktctcn. Die verschiedensten Gegenstände wurden
auf die Bühne geschleudert und mehrere Künstler ver-
letzt. Die Polizei mutzte einschreiten und das Thea-
ter räumen. Die Studenten setzten dann die De-
monstrationen auf der Straße fort.
x Newyork, 25. Nov. DaZ Unterseeboot „Ful-
ton" blieb fünfzehn Stunden unter Was-
ser. Das Wasser stand sechs Fuß über der höchsten
Spitze. Oben wüthete ein heftiger Sturm, indessen

rich Reichstein aus Gallcnweiler (Baden)
identisch ist, der im vergangenen August auf dec
Stratze von Innsbruck nach Vorarlberg einen
Mord begangen haben soll.
Nov. In
Sitzung
wobei der
griff und drei Gemeinderäthe

spürten alle fünf Insassen nichts davon und erklärten,
sich sehr wohl gefühlt zu haben.
Johannesburg, 25. Nov. In den K ä m-
pfsu mit dem Commando Bugs bei Villiers-
dorp wurde der Commandant der Engländer ge°
tödtet, 3 englische Officiere wurden verwundet.
Ein«. Abtheilung des englischen Eisenbahn - Re-
giments wurde von den Buren gefan-
g e n. Auch andere britische Truppentheile hat-
ten Verluste. Die Eisenbahntruppen waren von
den Buren des Commandos Bug umzingelt wor-
den, welches durch das Eommando Ros verstärkt
Worden war.
W Colesbcrg, 25. Nov. Feldcornet
Philipp Hofmehr Roux, ein Aufstän-
discher aus der Kapcolonie, der sich dem Com-
mando Lategan angeschlossen hatte, ist am
Samstag früh hier hingerichtet worden.
5V Bloemfontein, 25. Nov. Die combiuirte
Bewegung der englischen Truppeft nördlich von
Reitz führte zu der G e fangennahme von
3 4 Buren, einige Buren sind gefallen, die
meisten entkamen nach Süden.

sprechen, macht mit einem Schlage dem Gerede
ein Ende, als sei der Kaiser ein geheimer Gegner
des Zolltarifentwurfs.
Kaiser Wilhelm und der König von England.
Hochersrsulich wäre es/ wenn eins Darstellung
der meistentheils gut unterrichteten „Königsb.
Hartung'schen Ztg." über die Beziehungen zwi-
schen den beiden Monarchen das Richtige träfe.
Dem genannten Blatte wird aus Berlin gemel-
det: „Eine englischen Interessen nahestehende
Correspondenz verbreitet die Nachricht von einem
intimen regen Briefwechsel zwischen dem deut-
schen Kaiser und dein englischen König und
spricht dabei von erneuten Belegen dieser
Freundschaft durch die Spende eines Tafelser-
Vices. Diese Nachricht trifft nicht zu oder sie
kommt doch sehr verspätet. Denn dis Stiftung
des Tafelsilbers geschah bereits im Sommer, ein
neueres Geschenk ist nicht gewechselt worden. So
sehr auch Kaiser Wilhelm beim Tode seiner
Großmutter, der Königin Viktoria von England,
weicheren Stimmungen — menschlich begreiflich
— zugängig war, so dürften doch jene Stinmr-
ungen, auf die man Wohl auch die hohe Ordens-
auszeichnung des Lord Roberts
hat, nach der Beisetzung bald
Bei allem guten Einvernehmen
chen, dis so nahe miteinander
sind doch der trennenden Momente in der Le-
bensauffassung und in dem Berufe der Monar-
chen so viele, daß von einer besonderen Intimität
zwischen ihnen schwerlich gesprochen werden
M)er nicht."
Acht Arbcitslosenversammlnngcn, die in
Berlin abgehalten wurden und in denen social-
demokratische Ilbgeordnete vor insgesammt etwa
10 000 Personen sprachen, forderten vom Magi-
strat der Stadt Berlin angesichts der gegenwär-
tigen wirthfchaftlichen Krisis zur Linderung der
Noth sofortige Inangriffnahme sämmtlicher
städtischen Bauten, eventuell in einer Regie und
besonders auch die Erbauung von Arbeiterwohn-
ungen. Von der Reichsregierung wurde sofortige
Inangriffnahme der geplanten Staatsbauten,
Anfertigung von Eisenbahnwagen, Schaffung
von Arbeitskammern und eines Reichsarbeits-
amtes verlangt und gleichzeitig gegen jede Zoll-
erhöhung auf Lebensmittel protestirt.

x Gelegentlich der Genassenschaftswah-
if.er Handlungsgehilfen in Wien tarn
; wische» Christlich-Sozialen und Deutsch-Nattona-
zu blutigen Schlägereien.

justament achtzig Mark Werth ist. Und soviel
wollten Sie doch haben?"
„Ja, darf ich fragen, Herr Matrasch, was
für ein Papier das ist?"
„Ein belgisches, jeder Bankier und jeder
Geldwechsler legt Ihnen dafür achtzig Mark in
deutschem Geld auf den Tisch."
„Dann nehme ich es mit bestem Dank an",
sagte Paula, indem sie ihm von dem Gehalt,
das Frau Matrasch ihr gezahlt hatte, vier Dop-
pelkronen reichte. Mit einem freundlichen Kopf-
nicken ließ Poldl sie in seiner Westentasche ver-
schwinden.
„Ich will nicht neugierig sein, Fräulein Pau-
la; aber an wen wollen's denn das Geld eigent-
lich schicken? Eltern haben's doch keine mehr, so
viel ich g'hört hab, und Geschwister auch nicht."
„Nein! Aber es ist eine heilige Dankesschuld,
von der ich damit einen kleinen Theil abtragen
möchte. Und da Sie mir doch schon diese eins
Freundlichkeit erwiesen haben, Heiir MatrcM
-— dürfte ich Sie wohl noch um eine weitere bit-
ten?"
„Es wird mir ein Vergnügen sein, Fräulein
Paula — ein aufrichtiges Vergnügen."
„Die Empfängerin des Geldes soll nicht ah-
nen, von wem es kommt. Aber sie kennt meine
Handschrift sehr genau. Möchten Sie darum
statt meiner die Adresse auf den Briefumschlag
und eine einzige Begleitzeile schreiben?"
„Aber mit Freudeft! Lassen's uns nur gleich
in das Empfangszimmer meiner Frau gehen —
da ist Alles, was wir brauchen."
Er hatte die Thür des Gemaches geöffnet,
in welcher Frau Ilona alltäglich zwischen neun
und vier Uhr ihren prophetischen Beruf aus-
übte, und war an den dort befindlichen Damen-
schreibtisch getreten.

(Nachdruck verboten.)
Hüben«
Roman von Reinhold Ortmann.
(Fortsetzung.)
»Loi? tvar ihm augenscheinlich nicht ganz recht:
r er wußte, daß jeder Widerspruch eine neue
er heraufbeschworen hätte und darum hielt
für besser, sich zu fügen. Ilona öffnete die
Eßzimmers, in welchem die kleine
hii?^"andersetzunz stattgefunden hatte und rief
f>oF/'^tte, Fräulein Förster — kommen Sie
^uf emcm Augeirblick herein!"
gestattete sich in ihrem heimathlichen Di-
ten "trr in vertrautem Gespräch mit dem Gat-
gefsi^^n Gegenwart anderer Personen war sie
Zp gütlich darauf bedacht, ein gutes Hochdeutsch
das nur durch den Tonfall die Oe°
b^^cherin verrieth. Herr Leopold Matrasch
RZ ^äarin eine fast noch größere Gewandtheit
sie doch hoffentlich nit auszanken?"
er. eine etwas ungeduldige Hand-
iede cx "g ^iner Frau verwies ihm unzweideutig
liessi,, ^sichung in ihre häuslichen Angelegen-
siper A wäre auch kaum noch Zeit genug zu
beresix twort gewesen; denn die Gerufene trat
sich wrf die Schwelle und Frau Ilona wandte
ist mir eben erst eingefallen, mein lie°
>lhreZ daß Sie heute die Auszahlung
Gehaltes beanspruchen können, Sie
^lia ?nch frühmorgens daran erinnern sollen,
liebe es nicht, Jemandem etwas schuldig
Es sind neunzig Mark — nicht wahr?"
t^asch -?' hatten wir es vereinbart, Frau Ma-

Damit war auch diese Angelegenheit für sie
abgethan, und sie gab dem jungen Mädchen eine
ganze Anzahl von Aufträgen, deren Mannigfal-
tigkeit erkennen ließ, daß in der That recht viele
Pflichten und eine ziemlich große Verantwortung j
auf diesen zarten Schultern lasteten.
„Vielleicht decken Sie auch gleich den Tisch
ab", schloß Frau Matrasch ihre Instruktion,
„ich möcht', daß mir das Mädchen bei der Toi-
lette behilflich ist, denn in dem Seidenkleid mag
ich nicht auf die Gasse gehen. Nur noch ein klein
wenig Geduld, Poldl! In längstens einer Vier-
telstunde bin ich wieder da."
Sie ging hinaus, und das junge Mädchen
machte sich schweigend daran, die Teller und
Schüsseln auf der abnehmbaren Platte des Ser-
viertisches zusammen zu setzen. Leopold Ma-
trasch, der während der Unterhaltung rauchend
auf der Chaiselongue gelegen hatte, horchte auf
den sich entfernenden Schritt seiner Frau. Dann
richtete er den Oberkörper empor und wandte
sich gegen das junge Mädchen.
„Hör'ns, Fräulein Paula — Wenn Ihnen
soviel an dem Papiergeld gelegen ist, ich könnt'
Ihnen schon helfen."
„Ich würde Ihnen dafür sehr dankbar sein,
Herr Mattasch!"
„Aber Sie dürfen meiner Frau nichts davon
sagen. Wenn sie wüßte, daß ich noch so einen
kleinen Reservefonds habe, möcht' sie mich nach-
her gar zu knapp halten."
„Da Sie es so wünschen, iverde ich gewiß
nicht darüber sprechen."
Poldl hatte seine Brieftasche gezogen, und
wieder war es ein belgisches Hundertfrancs-
billet, das er daraus zum Vorschein brachte.
„Es trifft sich merkwürdig, daß der Schein

r Das griechische Cabinct reichte seine Ent-
« Nung ein

277. Geschäftsstelle: Telephon 125.

Karlsruhe, 25. Nov. Die Gattin des erst
jH wenigen Jahren von Frankfurt nach Karlsruhe
Sy llfliedelten Malers Professor Thoma ist am
s»>^crg Abend in Constanz an den Folgen einer
^rcn Operation gestorben.
Berlin, 23. Nov. Der Verlag des einzigen
tn Deutschland erscheinenden Anarchisten-
ttes „Neues Leben" theilt mit, daß das
eiftc wegen Geldmangels sein Erscheinen von neuem
"stellen müsse.
Wildparkstation, 25. Nov. Der Kai-
m r und die Kaiserin sind gestern Abend 11
obgereist. Das Kaiserpaar fährt zusam-
h "ach Neumünster, von wo die Kaiserin sich
Plön begiebt, während der Kaiser nach Kiel
verfährt.
hi«,. Rom, 24. Nov. Die Polizei verhaftete
tzZ j^"wn Mann, welcher sich Friedrich Müller nennt,
^wurd? jedoch festgestellt, daß er mit einem Fried-

Kokal-AnMger
Geschäftsstelle: Hanptstraßr 42
(Eingang Brunnenzassk).

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