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Heidelberger Volksblatt (70) — 1935 (Nr. 150-228)

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Nr. 171 - Nr. 180 (25. Juli - 5. August)
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Mer Note Donnerstag, i. August iszz 70. Zahrgang / Nr. 177

WMnschaft und Kunst / Aus -er Mit -er Frau / Die LeWun-e

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Die Senser Ralsiagung
vritisch-sranzSMe Einigung über einen Entschließungsentwurs ?

Die nichtöffentliche Sitzung
DNB Genf, 31. Zuli
gs Tagung des Völkerbundsrates hat
"Ute Nachmittag 5.00 Uhr mit einer nichtös-
lentlich«n Sitzung ihren Anfang genommen. Die
Atzung findet in dem Saal des Anbaues des
Mkrbundsgebäudes statt, der in früheren
fuhren j>en Hauptausschutz der Abrüstungskonfe-
^uz beherbergte. Die Ankunft der Hauptdele-
Mt«n Aloifi, Laval, Litwinow und Eden vor
U» bei der Genfer
«volkerung und den zahlreich hier anwesenden
Mrmden großes Interesse.
DNB Gens, 31. Zuli
li^t Völkerbundsrat hat in seiner nichtöffent-
17,^ Atzung beschlossen, morgen nachmittag
00 Uhr wieder zusammenzutreten. In der
^Ichenzeit sollen di« unmittelbar interessierten
«.^chte, d. h. die Großmächte zusammen mit
Linien eine Formel über die Bedingun-
-E" der Fortsetzung des Schiedsgerichtes
b u des Schlichtungsverfahrens fin-
U- Za der heutigen Sitzung sprachen der Ver-
et«r Abessiniens, Professor JSze, und sodann
E ^rtreter Italiens und Englands, die sich
hauptsächlich mit dem Schlichtungs- und
HiedZverfahren beschäftigten. Die Vertagung
folgte auf Antrag des französischen Minister-
o?Ud»nten Laval, nachdem der Ratspräsident
twinow festgestellt hatte, dtz die Verhandlun-
des Völkerbundsrates lediglich durch den
beschränkt seien.
diesen Bemühungen um eine formelle
Rahmen des Völkerbundes geht die
nach einer materiellen Verständigungs-
^.»^b^ge einher, wobei wiederum an das Drei-
Hleabkommen von 1906 gedacht wird.
Einigung Eden-Laval
DNB Genf, 1. August
späten Abendstunden des Mittwoch
jh ^schen Eden und Laval eine Einigung
aii^ Kompromißformel im italienisch-abessi-
"on » Konflikt erzielt worden. Die Formel ist
sogleich dem italienischen Delegier-
lz-.^on Aloisi zur Kentnis gebracht und er-
Rtt / """^en. Aloifi hat sie nach Rom über-
bete ""d Instruktionen seiner Regierung er-
st» die abessinischen Vertreter haben
ihrer Regierung in Verbindung gesetzt.
^lkerbun-smandal
für Abessinien?
Tine Vorschlag zur Lösung der Krise
DNB. London, 31. Juli.
Meldung über die Unterredung zwi-
Ipo^^oal und Eden deutet der Pariser Korre-
»Times" an, daß daran gedacht
Uniar' Abessinien aufzufordern, sich einem ge-
z» Mandat von Völkerbundsmitgliedern
"gellen. Das Mandat würde in der Er-
tlitt» eines Oberkommissars und dem Ein-
Dülkerbundsbeamten in die abessinische
^a«n « Ausdruck finden. Italien würde
oster r -Een Anteil an örtlichen Konzessionen,
"i^ ausschließliche Aufsicht über Abessi-
b>iird- .^lien. Die Gegenleistung an Abessinien
liklnh bem Schutz und dem finanziellen Bei-
o Völkerbunds bestehen.
Addis Abeba dementiert
DNB. Paris, 31. Juli,
"'«ilti».?""as aus Addis Abeba meldet, de-
^ldun abessinische Außenministerium die
bem Kaiser von Abessinien
Aalest ^"3 Sur Errichtung eines internatio-
"»ndr, nobats unter dem Schutz des Völker-
Ji, awti^rbreitet worden sei.
Acht, !^rn Kreisen glaube man im übrigen
Abessinien einen derartigen Vorschlag <
o werd«. I

Italien erwartet eine Lösung auf Grund des
Drei-Liinder-Vertrnges
DNB London, 1. August
Reuter meldet Mittwoch abend aus Rom,
Italien erwarte immer noch, daß Großbritan-
nien und Frankreich etwas unternehmen wer-
den. um eine Konferenz zustandezubringen, aus
der der italienisch-abessinische Konflikt auf der
Grundlage des Drei-Länder-Vertrages von 1906
erörtert werden würde. Man glaube, daß Ita-
lien seinen Standpunkt vor einer solchen Kon-
ferenz vertreten würde. Aber irgendein Versuch
die Kolonialpolitik Italiens zu kontrollieren,
würde von Italien abgelehnt werden. Italien
würde es ferner ablehnen, der Konferenz beizu-
wohnen, wenn sie sich nicht auf die Unterzeich-
nerstaaten des Vertrages von 1906 beschränken
würde. Die Frage eines Völkerbundsprotekto-
rats über Abessinien, die in gewissen Kreisen
erwähnt wurde, sage den Italienern nicht zu.
Mussolini habe es bereits klargemacht, daß er
ein Protektorat, das Italien mit England und
Frankreich teilen müßte, als unmöglich betrach-
te. Er wünschte die Kontrolle über die Roh-
stoffe zu erhalten, und dies werde im Falle ei-
nes Völkerbundsprotektorats schwierig sein.
Italien soll auf Gewalt verzichten
DNB Gens, 31. Juli
In den englisch-französischen Besprechungen,
die sich an die Sitzung des Völkerbundsrats an-
schlossen, ist — wie verlautet — eine Einigung
der beiden Mächte über gewisse Grundlinien
eines Entschließungsentwurfs erzielt worden,
der die Regelung des italienisch-abessinischen
Streitfalles in die Wege leiten soll. Die Haupt-
punkte dieses in Aussicht genommen Entschlie-
ßungsentwurfs find folgende:
1. Eröffnung der Möglichkeit einer neuen Ta-
gung des Schlichtungs- und Schiedsaausschusses.
2. Bezugnahme auf die allgemeine Frage der
italienisch-abessinischen Beziehungen, wobei sich
England, Frankreich und Italien verpflichten
sollen, unverzüglich Verhandlungen über den
Kern der Frage aufzunehmen mit dem Ziel, bis
zum 25. August eine Einigung herbeizfllhren.
3. Verpflichtung Italiens zum Verzicht auf
Gewaltanwendung.
Der letztgenanntePunkt soll allerdings zwischen
England und Frankreich noch nicht völlig geklärt
sein, ganz abgesehen davon, daß Italien Ein-
wendungen gegen eine unbefristete Verpflich-
tung erhebt. Diesem Punkt dürfte die neue Un-
terredung gelten, die in den späten Abendstun-
den zwischen Laval und Eden begonnen hat. Es
ist nicht sicher, ob es möglich sein wird, den
beiden streitenden Parteien noch am Mittwoch
abend eine fertige Formel vorzulegen. Die fran-
zösische Bereitschaft, den britischen Wünschen
weitgehend entgegenzukommen ist zweifellos von
dem Wunsch diktiert, die gegenwärtige Rats-,
tagung so sensationslos wie möglichst zu gestal-
ten.
„Nur eine totale Lösung!"
„Mit Gens, ohne Genf oder — gegen Eens"
DNB. Mailand, 31. Juli.
„Popolo d'Jtalia" betont in seinem heutigen
Leitartikel noch einmal, daß im abessinischen
Streit nur eine totale Lösung annehmbar sei.
Eine Ausdehnung, die nicht unter militärischem
Schutz vor sich gehe, ein Protektorat, das nicht
von militärischen Maßnahmen begleitet sei, sei
nicht möglich. Andererseits gäbe es keine Sicher-
heit für die italienischen Kolonien, solange die
militärische Bewegung durch Abessinien nicht
ausgeschaltet sei. Den Umfang dieser Sicherhei-
ten habe jedoch einzig und allein Italien zu
bestimmen. In Fällen der Gefahr werde Italien
bei niemanden Unterstützung finden. Wahrschein-
lich werde sogar das Gegenteil eintreten. Vom
militärischen Gesichtspunkt aus sei das ita- I

lienisch-abessinische Problem von einer unge-
ahnten Einfachheit, von einer abso-
luten Logik. Es lasse mit Genf, ohne Genf
oder gegen Genf nur eine Lösung zu.
Donaukonferenz noch vor der
Völkerdundstagung?
DNB. Paris, 31. Juli.
Der Genfer Berichterstatter der „Excel-
sior " will erfahren haben, daß man in Völker-
bundskreisen mit Hochdruck an der Vorbereitung
der Donaukonferenz arbeite, die man am
liebsten noch vor der Septembertagung des Völ-
kerbundes und vor der Verschärfung des italie-
nisch-abessinischen Konflikts abhalten möchte.
Man habe angeblich ein Kompromiß gefunden,
das der Kleinen Entente und auch Italien Ge-
nugtuung gebe. Jetzt handle es sich nicht um die
Unterzeichnung eines gegenseitigen Beistands-
paktes, sondern bei einer etwaigen Unterzeich-
nung des Donaupaktes darum, die feierliche Ver-
pflichtung einzugehen, auf keinen Fall und in
keiner Weise den Mächten Hilfe zu leisten, die
sich eines Angriffes schuldig gemacht oder den
Donaupakt nicht geachtet hätten. Unter diesen
Umständen glaube man, daß die Donaukonferenz
sehr bald in Rom zusammentreten könnte.
Abessinien beharrt aus seinem Standpunkt
DNB. Addis Abeba, 31. Juli.
Die abessinische Völkerbundsabordnung in
Genf erhielt die Anweisung, von den ihr gegebe-
nen Instruktionen nicht abzuweichen. Diese An-
weisungen böten bei etwas gutem Willen Ita-
liens noch die Möglichkeit zu einer friedlichen

Lösung. Falls Italien die Konferenz verlassen
sollte, wird die abessinische Abordnung in Genf
bleiben und dann neue Anweisungen erhalten,
wie der Kaiser dem DNB-Vertreter erklärte.
Rückkehr Mussolinis nach Rom
Ein politischer Hinweis
DNB. Rom, 31. Juli.
Nach längerem Aufenthalt auf seinem Landsitz
in der Romagna und des am Meer gelegenen
Ricione ist der italienische Regierungschef am
Mittwoch nach Rom zurückgskehrt. Mittwoch
nachmittag nahm er an der feierlichen Schlie-
ßung des Quadriennale, einer Ausstellung zeit-
genössischer italienischer Kunst teil, wobei er das
Wort ergriff. Untre Hinweis auf den italieni-
schen Konflikt führte Mussolini aus, daß die
Kunstausstellung von 1951 stattfinden werde,
nachdem allerwichtigste Aufgaben durch die über-
ragenden Kräfte des Faschismus vollbracht wor-
den seien
Italien führt Staatsmonopol aus Kohle, Kok»,
Küpser, Zinn und Nickel ein
DNB. Rom, 31. Juli.
Dem amtlichen italienischen Gesetzblatt „Ea-
zetta Ufficiale" zufolge ist mit dem 1. August
der Einkauf im Ausland von Kohle, Koks,
Kupfer, Zinn und Nickel unter Staatsmonopol
gestellt. Mit der Durchführung des Monopols
ist die italienische Staatseisenbahnverwaltung
beauftragt worden. Es find Uebergangsbestim-
mungen erlassen worden, um keine Störungen
der Versorgung und des Handels eintreten zu
lassen

„Die Feldherren der Wemevoluüon"
Frankreichs Linksfront als Muster für die Komintern

DNB. Moskau, 31. Juli.
Der siebente Weltkongreß der Komintern setzte
am Dienstag die Aussprache über den Bericht
des Vollzugsausschusses fort. Es kamen wieder-
um eine Reihe von Leitern der ausländischen
Sektionen der Komintern — „Feldherren
der W e l t r e v o l u t i o n", wie sie die
„Prawda" nennt — zu Wort. In den Mit-
telpunkt der Aussprache rückt immer mehr die
von der Zentralleitung ausgegebene Losung
„Einheitsfront der kämpfenden Proletarier", die
so aufzufassen ist, wie sie von einem der Redner
erläutert wurde: „Die kommunistischen Sektio-
nen sind in den einzelnen Ländern bereit, sich
ihre Verbündeten überall zu suchen, um den
Kampf gegen den Faschismus auf möglichst
breiter Grundlage zu führen und die Idee der
Weltrevolution weiterzutreiben."
Ein Vertreter der kommunistischen Partei in
Syrien ging auf den Klassenkampf in dem
französischen Mandatsland Syrien ein. Die
„unterjochten" Kolonialvölker müßten die Herr-
schaft der „imperialistischen Bedrücker" ab-
schütteln.
Dann kam ein bulgarischer Kommunist
zu Wort, der bittere Klage über die Verfolgung
seiner Partei in Bulgarien führte. Immerhin

ter kommunistischer Führung getan worden. Die
bulgarische kommunistische Partei betrachte es
als ihre erste - Aufgabe, dem französischen
Vorbilde der großen Einheitsfront nachzu-
eifern.
Anschließend behauptete ein Kommunist aus
Kuba, der Einfluß seiner Partei auf die
werktätigen Massen Kubas sei in ständigem Zu-
nehmen begriffen. Der Unruheherd Kuba biete
gute Möglichkeiten für eine Betätigung der
Kommunisten.
Nach ihm rühmte sich ein Vertreter der Kom-
munisten Griechenlands des ständigen
Wachsens des Einflusses seiner Partei. Auch er
versprach, des französischen Beispiels
eingedenk zu sein.
Ein australischer Genosse bezeichnete es
als die Hauptaufgabe seiner Partei, den Massen
einzuhämmern, daß die Sowjetunion bedroht (?!)
sei, und sie zu ihrem Schutz aufzurufen.
Von den gleichen Gedanken ließen sich noch
mehrere andere Kommunistenführer leiten.

seien, so erklärte er, auch in seiner Heimat trotz
aller Regierungsmaßnahmen bereits die ersten
Schritte zur Schaffung einer Einheitsfront un-

Schließlich verbreitete sich ein Vertreter der
polnischen kommunistischen Partei allgemein
über die Probleme des Kampfes der kommuni-
stischen Sektionen für die Ideen der Weltrevo-
lution in solchen Ländern, die „unter einer
faschistischen Diktatur stöhnten". Seine Ausfüh-
rungen wurden besonders eifrig beklatscht.
Mit dieser Rede schloß die Sitzung.

Aas neue holländische Kabinett
DNB. Den Haag, 31. Juli.
Die neue Regierung Coolijn entspricht in
ihrer Zusammensetzung im wesentlichen dem bis-
herigen Kabinett. Unter Berücksichtigung der
wenigen bereits bekanntgegebenen Aenderungen
hat die vollständige Ministerliste nachstehendes
Aussehen:
Präsidium, Kolonien und Landesverteidigung:
Dr. Coolijn;
Inneres: de Wilde;
Handel und Industrie: Professor Dr. Eelissen;
Landwirtschaft und Fischerei: Dr. Beckers;
Justiz: van Schatt;
Auswärtiges: de Eraefs;
Unterricht, Kunst unv Wissenschaften: Professor
Slotemaker de Bruine;
Oeffentliche Arbeiten: van Lidt de Ieude;
Finanzen: Dr. Out;
Soziale Angelegenheiten: Dr. Slingenberg.

Obwohl die neue pregierung eine außerparla-
mentarische sein soll, ist es doch bemerkenswert,
daß sie sich wieder aus Persönlichkeiten der fünf
großen bürgerlichen Parteien, Katholiken, Anti-
revolutionäre, Christlich-Historische, Liberale und
Demokraten, zusammensetzt. Von den auf obiger
Liste vorkommenden Persönlichkeiten gehören die
beiden ersten der Antirevolutionären Partei, die
drei folgenden der Katholischen Partei und die
beiden letztgenannten der Demokratischen Partei
an. Der Außenminister gilt als parteilos, wäh-
rend der Unterrichtsminister Mitglied der Christ-
lich-Historischen Partei und der Minister für
öffentliche Arbeiten Mitglied der Liberalen
Partei ist.
Man erwartet, daß sich die Regierung ent-
weder noch Ende dieser Woche oder im Laufe der
nächsten Woche der Zweiten Kammer vorstellen
und die Behandlung der Sparvorlage zu Ende
führen lassen wird. Danach dürfte das Parla-
ment in die Ferien gehen.
 
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