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Heidelberger Volksblatt (70) — 1935 (Nr. 150-228)

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Nr. 201 - Nr. 210 (29. August - 9. September)
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ßlÄetberyerVolksblick



Dienstag, 3. September 1935

70. Jahrgang / Ar. 2»5

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Italiens Protest

Eine voreilige Aeuiemelbung?
Reuter meldet italienischen Einmarsch
in Abessinien
Italienisches Dementi
DNB. London, 2. Sept.
Reuter meldet am Montag aus Dircdawa:
»Ein unbestätigter Bericht besagt, daß eine Vor-
von 100» Mann italienischen Truppen und
Mann Eingeborenen-Truppcn die abessi-
R!che Grenze westlich von Assab überschritten
und in die Provinz Danakil einmarschiert.
Bericht zufolge verlassen die Abessinier
''»chtartig ihre Dörfer.«
DNV. Rom, 2. Sept.
Ron zuständiger italienischer Seite wird das
" Einer Reutermeldung verzeichnete Gerücht
""schieden in Abrede gestellt. Im gegenwärti-
?E" Augenblick seien keinerlei derartige Vorfälle
u irgendwelchen Gebieten zwischen den italie-
'chkn Kolonien und Abessinien zu verzeichnen.

In hiesigen politischen Kreisen macht man
geltend, daß auch nach dem offiziellen Reuter-
Kommunique das Dunkel, das bisher über die-
sem Vertrag schwebt, noch nicht genügend ge-
lüftet sei.
So wird hier als besonders merkwürdig und
eigenartig empfunden, daß der britische Ge-
sandte in Addis Abeba oder der dortige In-
telligence Service nichts davon gemerkt haben
sollten, wie Mister Rickett im Flugzeug in
Addis Abeba eintraf und mehrtägig« offizielle
Verhandlungen mit dem Negus führte. Ebenso
wenig begreift man hier, wie der Kaiser von
Abessinien sich in Verhandlungen mit einem
britischen Staatsangehörigen einlassen konnte,
ohne den betreffenden diplomatischen Vertreter
des Landes in Kenntnis zu setzen. Alle diese
Widersprüche bedürfen nach hiesigen Auffassung
dringend einer eingehenden Klärung.
Hier wird von zuständiger Stelle erklärt, daß
der Vertrag unter allen Umständen rückgängig
gemacht werden müsse, da er „jeder Rechts-

Addis Abeba Sir Sydney Barton hat inzwischen
das Foreign Office telegraphisch dahingehend
unterrichtet, daß es sich bei der Konzession ledig-
lich um einen Vertrag zwischen der abessinischen
Regierung und einer amerikanische Gesellschaft
handele, und daß irgendeine britische Beteili-
gung nicht erwähnt werde.
lleber das Ergebnis der Aussprache zwischen
dem Gesandten und dem Kaiser von Abessinien
liegt im englischen Auswärtigen Amt noch kein
Bericht vor. Wie gemeldet, hat der Gesandte
Anweisung erhalten, dem Kaiser zu empfehlen,
die Zustimmung zur Konzession zu versagen oder
zurückzuhalten. Der Konzessionsvertrag ist
zwar vom abessinischen Bergwerksminister, aber
noch nicht vom Kaiser persönlich unterzeichnet
worden. Wie verlautet, hat sich der Unter-
händler der amerikanischen Gesellschaft, Rickett,
in der Zeit vom 23. bis 30. August in Addis
Abeba aufgehalten und während dieser Zeit,
wie in London ausdrücklich betont wird, keiner-
lei Fühlung mit der dortigen britischen Ge-
sandtschaft gehabt. Der äußere Anlaß seiner
Reise nach Abessinien habe darin bestanden,
Vorbereitungen für die Überreichung eines
Rot-Kreuz-Flugzeuges zu treffen, das die

Englische Kreuzer in Haifa
DNB. London, 2. Sept.
. Haifa, der Endstation der Oelleitung aus
Irak, sind am Montag die drei englischen
Achten Kreuzer „Arcthusa", „Delhi" und „Dur-
eingetrofsen. Außerdem wird die Ankunft
°n acht Zerstörern erwartet.
De» „Star" berichtet in diesem Zusammen-
daß zum Schutze dieses wichtigen Hafens
stondere Vorsichtsmaßnahmen gegen über-
"Ichende Angriffe aus der Luft oder von der
her getroffen worden sind.
Anspruch in Addis Abeba
DNB Addis Abeba, 2. Sept.
Der Konzessionsvertrag beherrscht
.^ENblicklich das politische Leben der abessini-
^E" Hauptstadt. Am Montagvormittag hat
, E italienische Gesandte Graf Vinci im Auf-
E°8e seiner Regierung beim Kaiser von Abes-
">en Einspruch gegen den Vertrag erhoben,
^Ech den alte italiensche Rechte verletzt wllr-
Auf abessinischer Seite ist man dagegen
Ansicht, daß dieser Einspruch aufgrund der
Erträge nicht gerechtfertigt sei. Der briti-
,^E Gesandte erhielt aus London Anwei-
"S, den Kaiser zu veranlassen, den Vertrag
^Zuheben. Wie hier weiter bekannt wird,
"d der Konzessionsvertrag sowohl im ameri-
Mischen wie im abessinischen Handelsregister
'^«tragen werden. Das Eesellschaftskapital
als rein amerikanisch ausgewiesen. Der
^erzejchuer des Vertrages, Rickett, wird an
? Genfer Völkerbundsratstagung über die
Essinischx Frage teilnehmen, die, wie man
erfährt, voraussichtlich auf den 7. Sept,
schoben werden wird.
> 'Er Kolonialsekretnr der italienischen Ge-
rätschaft, Bazzani, erklärte dem Vertreter des
^Nischen Nachrichtenbüros, daß demnächst auch
, E letzte männliche Angestellte sowie das ge-
Eesandtschaftspersonal Abessinien ver-
v'sEN würden. Ferner teilte er mit, daß, be-
Ein Luftangriff auf Addis Abeba erfolge,
«tunden vorher eine Warnung an die Be-
"terung sowie an die Ausländer ergehen
,^E. — Hierzu wird von abessinischer Seite
daß ein Bombenabwurf auf Addis
^ba gegen das Völkerrecht verstoßen würde,
Es sich um eine offene Stadt handele.
. Eine Erklärung Drummonds
"»en verlangt Annullierung des Vertrages
DNB Rom, 2. Sept.
britische Botschafter in Rom, Sir Eric
lUwmond, hat Staatssekretär Suvich
c °'Si«ll in Kenntnis gesetzt, daß ihm und
Et Regierung nichts von dem Abschluß
u "Nglo-amerikanischen Konzessionsvertrages
^ssinien bekannt sei.

grundlage entbehre und die mit Italien einge-
gangenen Verpflichtungen mit Füßen trete".
Italien werde und könne unter keinen Umstän-
den dulden, daß durch die Mannöver einer so-
genannten Wirtschafts-Gesellschaft, deren Hin-
termänner vorläufig noch nicht ganz erkennbar
seien, ihm die Ziele um deren willen das ganze
Vorgehen gegen Abessinien eingelcitet worden
sei, im letzten Augenblick unerreichbar gemacht
werden sollten.
Die britische Regierung untersucht
DNB London, 2. Sept.
Wie in amtlichen Kreisen am Montagmittag
erklärt wird, hat die britsche Regierung eine
strenge Untersuchung angeordnet, um
festzustellen, ob bei der durch den Bevollmäch-
tigten Rickett in Abessinien erlangten Kon-
zession mittelbar oder unmittelbar britisches
Kapital beteiligt ist Der britische Gesandte in

ägyptischen Kopten Abessinien zu schenken be-
absichtigen. Rickett war im Besitz einer Empfeh-
lung des koptischen Pariarchen an den Kaiser
von Abessinien.
Bisher kein englischer Schritt
beim Aegus
DNV. Addis Abeba, 2. Sept.
Die angekiindigte englische Intervention
wegen des Oelvertrags ist bis jetzt nicht erfolgt.
England ließ vorerst lediglich im auswärtigen
Amt in Addis Abeba sein Desinteressement er-
klären. Eine italienische Demarche unter Be-
rufung auf die Verträge von 1801, 1894 und
1906 wird stündlich erwartet.

Der polnische Außenminister Beck hat sich nach
Genf begeben, um an der Ratstagung teilzu-
nehmen.

Frankreich nnd SWawien
Die Besprechungen zwischen Laval und Stojadinowitsch

DNB. Paris, 2. Sept.
Im Anschluß an den Empfang des südslawi-
schen Ministerpräsidenten Stojadinowitsch bei
Laval fand am Quai d'Orsay am Montag mit-
tag ein Frühstück statt, an dem alle diplomati-
schen Vertreter der Kleinen Entente und des
Balkanbundes in Paris teilnahmen.
Die Besprechungen sind am Montag nachmit-
tag fortgesetzt worden. Hauptgegenstand dieser
Beratungen waren der Donau-Pakt und die
Frage der Wiedereinsetzung der Habsburger
in Oesterreich. Der südslawische Außenminister
hat dabei den Standpunkt wiederholt, der be-
reits in der Erklärung der Konferenz der Klei-
nen Entente zum Ausdruck gekommen ist. Das
gleiche gilt auch von der Haltung Jugoslawiens
im italienisch - abessinischen Kon-
flikt, in dem sich die Mächte der Kleinen
Entente strikt an den Völkerbundspakt halten
wollen.
Der französische Ministerpräsident gab im An-
schluß an diese Unterredung der Presse eine Er-
klärung ab, in der er u. a. betonte, er habe mit
dem jugoslawischen Außenminister alle Fragen
besprochen, die die beiden Länder interessieren.
Da Stojadinowitsch auch Vorsitzender derKle i-
nen Entente sei, habe man daneben auch die
Fragen geprüft, die mit dem Abschluß des Donau-
Pakts in Verbindung ständen. Es bestehe zwi-
schen ihnen vollkommene Meinungsübereinstim-
mung über die Notwendigkeit, die Politik der
engen Zusammenarbeit fortzusetzen, die zwischen
den beiden Ländern bereits zu einer Ueberliefe-
rung geworden sei. Der jugoslawische Minister-
präsident beschränkte sich auf die Feststellung, daß
er den Ausführungen Lavals nur zustimmen
könne. Sein erster Besuch im Ausland gelte
Paris, und diese Tatsache allein mache jeden
Kommentar überflüssig.

In gutunterrichteten Kreisen fügt man diesen
Erklärungen ergänzend hinzu, daß sowohl über
die Führung der Verhandlungen in der Frage
des Donau-Paktes als auch über das angestrebte
Ziel vollkommene Uebereinstimmung erzielt
worden sei. Das gleiche gilt auch in der Frage
des italienisch-abessinischen Streitfalls, in der
sich die französische Anschauung mit der der Klei-
nen Entente decke. Die Kleine Entente lege mehr
als alle anderen Wert auf die Achtung vor dem
Völkerbundspakt. Sie teile aber auch nichtsdesto-
weniger die Besorgnisse Frankreichs und wünsche
dem Völkerbund die schwere Krise zu ersparen,
die eintreten könnte, wenn sich Italien veranlaßt
sehen sollte, die Beziehungen zu Genf abzubre-
chen.
Besprechung Sden-Laval
DNB. Paris, 2. Sept.
Die Unterredung, die Eden am Montag nach-
mittag mit Ministerpräsident Laval in Gegen-
wart des englischen Botschafters in Paris und
des Unterstaatssekretärs Vansittart hatte, dauerte
fast eineinhalb Stunden.
Nach der Besprechung erklärte man an zustän-
diger Stelle, es seien die verschiedenen Möglich-
keiten für die Abwicklung der bevorstehenden
Genfer Beratungen geprüft worden. Außerdem
habe man eingehend die Frage behandelt, in
welcher Form dem Völkerbundsrat der Bericht
über den Verlauf der Pariser Dreierkonferenz
vorgelegt werden solle.
Der französische Ministerpräsident wird noch
im Laufe des Montag abends den italienischen
Botschafter empfangen, um sich auch mit ihm
über diese Frage zu unterhalten. Laval reist
noch am Montag abend gemeinsam mit Eden
nach Genf ab.

Vor der Beisetzung in Brüssel
Die Verletzungen des Königs nicht ernster
Natur
DNB. Brüssel, 2. Sept.
Ueber den Gesundheitszustand König Leopolds
sind in den letzten Tagen die widersprechendsten
Gerüchte verbreitet worden. Von unterrichteter
Seite wird hierzu mitgeteilt, daß die Verletzun-
gen, die der König bei dem Unglück am Vier-
waldstätter See davongetragen habe, leichter
Natur seien. Dagegen sei der König seelisch
so zusammengebrochen, daß sein körperlicher Zu-
stand darunter gelitten habe.
In dem Programm für die Beisetzungsfeier-
lichkeiten am Dienstag ist ausdrücklich bemerkt,
daß der König das Trauergefolge eröffnet, und
zwar in Begleitung seines Schwagers, des
Prinzen von Piemont, und des Prinzen Karl
von Schweden. Vom Schloß bis zur Kathedrale
St. Gudula, wo das feierliche Requiem stattfin-
det, folgt die königliche Familie dem Sarg zu
Fuß.
Sonderbotschafter von Keller in Brüssel einge-
trossen
DNB. Brüssel, 2. Sept.
Der vom Führer und Reichskanzler mit sei-
ner Vertretung bei der Beisetzung der Königin
der Belgier beauftragte Sonderbotschafter Dr.
von Keller ist am Montag in Brüssel eingetrof-
fen. Der deutsche Geschäftsträger Dr. Bräuer hat
im Namen des Führers und Reichskanzlers und
der Reichsregierung zwei prächtige Kränze nie-
dergelegt.
Der Kronprinz von Italien in Brüssel
DNB. Brüssel, 2. Sept.
Der Prinz von Piemont und Kronprinz von
Italien, der den König von Italien bei der Bei-
setzung der Königin Astrid vertritt, ist Montag
vormittag in Brüssel eingetroffen. Seine Ge-
mahlin weilt bereits seit Samstag im Kreise
der königlichen Familie. Der Prinz hat sich so-
fort ins Schloß begeben, um sich vor dem Sarg
der Königin zu verneigen.
Trauerbejlaggung
anläßlich der Beisetzung der Königin der Belgier
DNV. Berlin, 2. Sept.
Aus Anlaß der Beisetzung der Königin der
Belgier flaggen am Dienstag, 3. September, die
Gebäude der Präsidialkanzlei, des Reichstages
und sämtlicher Reichsministerien halbmast.
Me geheimnisvolle ZaHi
DNB Paris, 2. Sept.
Im Zusammenhang mit den Ereignissen in
Abessinien berichtet „Le Jour", am 21. Aug.
sei die im Besitz des Engländers Stanley be-
findliche Jacht „Trenora" mit 30 Mitglie-
dern einer englisch-amerikanischen wissenschaft-
lichen Mission von Le Havre nach Afrika in See
gegangen. Die Jacht solle, wie behauptet wor-
den sei, im Auftrage des amerikanischen Roten
Kreuzes Medikamente und Arzneimittel nach
Abessinien bringen. Die Forscher beabsichtig-
ten nach der Oase Aussa vorzudringen, die der
Mittelpunkt der vom Negus an Rickett abge-
tretenen Petroleumvorkommen sei. Diese Vor-
kommen seien von einem Grafen Byron de Pro-
rok entdeckt worden, der die Gegend früher drei
Jahre lang durchforscht habe. Graf Byron de
Prorok befinde sich an Bord der „Trenora".
Auch Griechenland käm-st gegen
Greuelmeldungen
DNB. Athen, 2. Sept.
Der griechische Innenminister gab seinem Un-
willen darüber Ausdruck, daß Berichterstatter
ausländischer Agenturen und Zeitungen anläß-
lich der Unruhen der Korinthenbauern übertrie-
bene und phantastische Nachrichten in die Welt
gesetzt hätten. So sei u. a. behauptet worden,
daß sein Haus von den wütenden Korinthen-
bauern verbrannt und seine Gemahlin belästigt
worden sei. Er besitze jedoch gar kein Haus in
dieser Gegend. Auch viele andere Meldungen
seien aufgebauscht und unwahr. Der Innen-
minister hat den Polizeichef beauftragt, den
Berichterstattern ausländischer Agenturen und
Zeitungen nahezulegen, daß sie in Zukunft bei
Wiederholung solcher Vorkommnisse mit ihrer
Ausweisung aus Griechenland rechnen müßten.
Diese Warnung des griechischen Innenmini-
sters zeigt, daß sich nun auch Griechenland ge-
gen die zur Weltplage gewordene Fabrikation
von Greuelmeldungen zur Wehr setzen muß.
 
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