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Heidelberger Volksblatt (70) — 1935 (Nr. 150-228)

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Nr. 191 - Nr. 200 (17. August - 28. August)
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ZeMberyerVMsblait

Samstag, 24. August 1SZ5

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WMiMasl und Kunst / Aus brr Mit brr Frau / Str LMtuM
70. Jahrgang / Ar. 197


Aee der deutschen Revolution
Hr. Goebbels auf dem Internationalen Strasrechtskongreß

ne neuen Ideen

. Die Be-
«r Machtpolitik, die

> am
rt -
um l u e n g e g e n-
^erwunden worden seien und dem
" I
^«rteu könne kein rechtlich Denkender
,'sirie zweieinhalb Jahren alle Pro-
Nen, .. b grandiosen Aufbaues gelöst worden

Berlin, 23. Aug.
n ll ^khandlungen des 11. Internatio-
HjEn Strafrechts- und Eefäng-
t,?/"ngresses wurden am Freitagvormit-
Ni?^ig«setzt. Sie erreichten ihren Höhepunkt
kliir., Rede des Reichsministers für Volksauf-
^arÄ ""d Propaganda Dr. Goebbels.
Skript "ssd Tribünen waren überfüllt. Reichs-
dlO -Präsident Vumke eröffnete die Sitmna

^rhandlungen des 11. Int
Straf rechts- und
n l) r 4» l l l> « _
tilti ^gesetzt.'' Sie erreichten ihren Höhepunkt
Mr» ^ede des Reichsministers für Volksauf-
dark""d Propaganda " "
Skript Tribünen war... -.
Rt^A>räsident Bumke eröffnete die Sitzung
Dankesworten an Reichsminister Dr.
für seine Bereitwilligkeit, zu den
Dr ^"ritgliedern zu sprechen. Reichsminister
Kjl, Goebbels nahm darauf das Wort zu
Vortrag. Er führt u. a. folgendes aus:
Revolution, die vor der Geschichte Be-
tz^,, hat, ist ein geistiger Akt. Die Be-
""f dem Felde der Machtpolitik, die
ausgelöst werden, sind nur die sichtbaren
Sixg^psksformen dieses Prozesses. Hinter jeder
Ei»» !'an steht eine Idee, und es ist ihr
M-^.daß diese Idee auf allen Gebieten des
bru» »chea und privaten Daseins zum Durch-
ii» h-kommt. Revolutionen, die sich lediglich
"Ur »Apolitischen erschöpfen, sind meistens
Ä!an» kurzer Dauer. Sie bringen zwar neue
Iraner an die Verantwortung, aber mit die-
. iä ^^'en Männern werden keine neuen Ideen
6orm gebracht.
ei»! Machtpol'tik, die sich als Mittel zu
höheren Zweck empfindet und ihren
te»'chen Selbstzweck darin sieht, die hin-
t,!.'hk stehende Ideenwelt, die sie zum An-
brachte, aus der Welt der Theorien in
Le. m kt der Realitäten zu versetzen, gibt
Revolution eine über die Zeit hinaus-
wirkende Bedeutsamkeit.
habe» ?Mn der Revolution, die wir gemacht
Ich. ' W die Volkwerdung der deut-
iruz?Kation. Erst in diesem heißen Aus-
lich/^r volkbedingten Kräfte wurde sie mög-
Vollzug war umso mitreißender, spon-
hutte hnd explosiver, je länger man versucht
leit durch künstliche Staudämme aufzuhal-
^Sarti b deutsche Volk erhob sich in einer ein-
"nd » Demonstration seines Lebenswillens
ist iog damit eine Einigung, die bis da-
iiii hon wenigen stark gläubigen Menschen
»l? »gi8nch gehalten, von allen anderen aber
Lch» "wahrscheinlich, gegen jede Erfahrung und
«chgelpr?^ Geschichte verstoßend, belächelt und
ter-g^aat wurde." Der ausgesprochene Charak-
brr deutschen Erhebung, so führte Dr.
weiter aus, liege im Wille ns-
Itzi5,,.8 r n. Diese Revolution sei fast aus-
Skwelp»") Sache der deutschen Jugend
.Sie habe sich heroisch und herb, sen-
"atslos und wirklichkeitsnah er-
""d ihr nüchterner Sinn für gegebene
habe sie das Notwendige nicht nur
l«sh^"8 erkennen, sondern auch rechtzeitig tun
kies--Was uns an materiellem Glück," so
Zeh »/'Goebbels aus, „vom Schicksal in dieser
"8t blieb, das haben wir durch die Be-
SehyhA neuer Ideen doppelt und dreifach auf-
neue Gesinnung gebe Deutschland ein
^Uem>„"nd eine Durchschlagskraft seiner auf-
Arbeit, wie sie bis dahin für un-
^u!?„8ehalten worden sei. Dies habe sich
4asbsichtbar auf dem Gebiet der Wi
«?he - ^gewirkt, wo die K l a s s e n a >- a >
ee»rjks e r w u n d e n worden sei>
Mk-ü einer in sich geeinten, schassenden
Rshn "lernschaft hatte Platz gemacht werden
L.:-- -
!.-,»«
Js grandiosen Aufbaues gelöst worden
bstu * ber Nationalsozialismus könne mit
Nohh"n sich sagen, daß er wenigstens mit den
angefangen habe. So seien die
Organisationsformen aufgelöst wor-
« ^r»^, baß man indes die in ihnen zum
Mjh kommenden Interessengegensätze baga-
vber gar außer Acht gelassen habe.
zur Regelung der nationalen
^kliL?" auf dem Felde der Produktion ein
Werkfrieden hergestellt und in
i^sch.^"kschen Arbeitsfront" die schaffenden
Menschen des ganzen Volkes zu-
Waßt worden. Die Wertung des arbei-
."Ichen geschähe nicht mehr nach dem,
s* Hriikr w' sondern wie er es tue. Durch
Idealismus und einer heiligen
^"digkeit sei das Wunder möglich ge-
a schon jetzt von nahezu sieben Mil-
b»^kwerbslosen, die der Nationalsozialis-
°er Uebernahme der Verantwortung
"Mnen mußte, über fünf Millionen
Why R die Fabriken und Kontore zurück-
w*zden seien.

Drei Kardinalprobleme seien bei der Wich-
tigkeit all' der anderen Probleme als be-
sonders vordringlich empsunden worden:
das Problem der inneren Einheit,
das Problem der Beseitigung der Ar-
beitslosigkeit und das Problem der
Wiederherstellung unserer nationalen
Souveränität.

Diese drei Probleme seien heute bereits einer
weitgehenden Lösung zugeführt worden. Wäh-
rend der Liberalismus, der das vom National-
sozialismus niedergeworfene System charak-
terisierte, vom Individuum ausgegangen
sei und den Einzelmenschen in das Zentrum
aller Dinge gestellt habe, hätte der National-
sozialismus Individuum durch Volk und Ein-
zelmensch durch Gemeinschaft ersetzt. Da-
bei sei es freilich notwendig gewesen, die Frei-
heit des Individuum insoweit einzugrenzen, als
sie sich mit der Freiheit der Nation in Wider-
spruch befand. „Kein Einzelmensch, er mag hoch
oder niedrig stehen, kann das Recht besitzen, auf
Kosten des nationalen Freiheitsbegriffs von
seiner Freiheit Gebrauch zu machen. Denn nur
die Sicherheit des nationalen Freiheitsbegrif-
fes verbürgt ihm auf die Dauer auch persön-
liche Freiheit."
Das gelte in gleicher Weise für den geisti-
gen Menschen. Wenn er sich von seinem Polk
trenne, gäbe er dabei die Quelle seiner Frucht-
barkeit auf. Die Kunst sei der edelste geistige
Ausdruck einer Zeit. So gäbe auch die neue
deutsche Zeit der Kunst die Aufgabe, die ihr
innewohnenden Gedanken in über die Zeit hin-
aus wirkende Form zu gießen und nachkommen-
den Geschlechtern einen lebendigen und plasti-
schen Ausdruck vergangener großer Epochen zu
übermitteln. Wenn noch nicht die letzte künst-
lerische Ausdruckssorm der neuen Zeit gefunden
worden sei, so möge man darüber nicht ver-
gessen, daß alles Große Zeit zum reifen brauche,
und daß es der Geduld im Warten bedürfe, um
des Großen wirklich teilhaftig zu werden.
Wie tief und ehrlich die Sorge sei, die das
neue Deutschland dem geistig schaffenden ent-
gegenbrinqe, das bewiesen kulturelle Großtaten
wie die Gründung der Reichskulturkam-
mer, der Bau des Hausesder deutschen
Kunst, die umfassenden Baupläne für
Berlin und München, die großzügige Ueber-
nahme einer ganzen Reihe repräsentativer
Theater in die Hand des Staates, das neue
Schriftleiter- und Theatergesetz,
die tatkräftige Fürsorge, die die nationalsozia-
listische Regierung dem Film angedeihen lasse,
um nur einiges zu nennen.
Niedergehend zu den Problemen der Innen-
politik stellte Dr. Goebbels am Schluß sei-
ner Ausführungen fest, die nationalsozialistische
Staatsgestaltung sei nicht so undemokratisch, wie
es auf'den ersten Anblick scheinen möge. Sie
habe eine neue Form des Zusammenwirkens
zwischen Regierung und Volk gefunden. In ihr
werde die Regierung zwar vom Volk beauftragt,
nicht aber in der Durchführung dieses Auftrags
von einer Unzahl Unverantwortlicher kon-
trolliert.
„Es war das tragikomische Verhängnis der
traditionellen demokratischen Parteien der deut-
schen Vergangenheit, daß sie zwar an das Volk
appellierten, daß ihr Appell aber im Herzen des
Volkes keinen Widerhall fand. Sie wollten
lieber mit der Massen irren, als gegen
die Massen das Richtige tun. Wir haben den
Mut, dem Volk die, wenn auch schwere Wahr-
heit zu sagen, und erleben dabei das Glück,
daß das Volk uns versteht.
Wenn es der Sinn einer wahren Demo-
kratie ist, die Völker zu führen und ihnen
den Weg zu Arbeit und Frieden zu zeigen,
dann glaube ich, ist diese wahre Demokratie
in Deutschland, und zwar gegen die Par-
teien, die nur ihr Zerrbild abgaben, ver-
wirklicht worden.

Diese Art moderner Demokratie haben wir
dem deutschen Aufbau zugrunde gelegt. Sie ist
volksverbunden, souverän und Autorität, sie geht
unbefangen an die großen Probleme der Welt
heran und läßt sich in ihrer Lösung nicht durch
den wandelbaren Geschmack der Masse beirren.
Was dem Volk dient, das muß getan werden.
Es mutz ganz getan werden, damit es zu seinem
Segen ausschlagt. Die Vesten des Volkes sind
dazu berufen, es zu tun. Sie sind die Träger
einer aristokratischen Demokratie,
die in ewiger Auslese die Berufenen an die
Führung bringt, weil sie den Willen zum
Führen haben und die Kunst des Führens
beherrschen. Niemand glaube, daß es ein All-
heilmittel gegen die große Krise gebe oder

eines Tages ein Zaubermann unter den Men-
schen aufstehe, der den Stein der Weisen ge-
funden hat.
Die Völker werden arbeiten müssen, um
der Krise Herr zu werden. Ihre Regierun-
gen haben viel Mut nötig, um die Völker
dazu anzuhalten und ihnen die Kraft der
Ausdauer zu bewahren.
Gebe ein gütiges Schicksal, daß dieser Segen
der Arbeit unter den Völkern und die Gnade
einer mutigen Kraft unter ihren Staatsmän-
nern einen sicheren und festen Platz einnehme,
damit nach endlosen Wirren und grenzenlosen
Leiden am Ende doch noch ein Stern aufgehe
in dem dunklen Gewölk, das den Himmel
Europas überschattet."
Die Rede des Reichsministers Dr. Goebbels,
die den ausländischen Kongreßteilnehmern in
französischer und englischer Sprache vorlag,
machte offensichtlich auf alle Teilnehmer tiefen
Eindruck.
Präsident Bumke gab dem wärmsten Dank
des Kongresses an Dr. Goebbels Ausdruck.
Dem Dank des Präsidenten schloß sich der
Kongreß durch neue Beifallskundgebungen an.
Entschließungen des Kongresses
Nach einer kurzen Pause setzte der Internatio-
nale Strafrechts- und Gefängniskongretz seine
Verhandlungen mit der Beratung der von den
Sektionen vorgelegten Vorschläge fort.
Es wurde eine Entschließung angenommen,
die sich mit den Arbeitsverhältnissen
in den Gefangenen» n st alt en in wirt-
schaftlichen Krisenzeiten beschäftigt, und in der
u. a. vorgeschlagen wird: Schutz der Eefange-
nenarbeit durch gesetzliche ^Vorschriften, nach
welchen die einzelnen Staatsverwaltungen u. a.
verpflichtet werden, bestimmte Arbeiten für den
Staatsbedarf durch Gefangene ausführen zu las-
sen und einen bestimmten Teil ihrer Bedarfs-
gegenstände aus den Gefangenenanstalten zu
beziehen; vermehrte Heranziehung der Gefan-
genen zu öffentlichen Arbeiten, insbesondere

landwirtschaftlichen Arbeiten, zur Kultivierung
von Oedländereien und ähnlichen Arbeiten, wo-
bei ayf die freie Arbeit Rücksicht zu nehmen ist;
Ersatz der Maschinenarbeit durch Handarbeit,
wo dies unter Berücksichtigung der Eigenart des
Betriebs und ohne Schade nfür die Güte der
Arbeitsprodukte und für die Ausbildung de«
Gefangenen möglich ist; im äußersten Fall auch
Verminderung der Arbeitsstunden und Vertei-
lung der Arbeit auf eine größere Zahl von Ge-
fangenen.
Einstimmig angenommen wurden ferner fol-
gende Entschließungen: 1. Im Interesse einer
zweckmäßigen Gegenwehr der Gesellschaft gegen
das Verbrechertum ist es wünschenswert, die
wichtigen Entscheidungen über den Vollzug der
Freiheitsstrafen entweder dem Richter, dem
Staatsanwalt oder einer gemischten Kommission
unter dem Vorsitz des Richters oder Staats-
anwalts ohne Vorbehalt anzuvertrauen. —
2. Es ist wünschenswert, Organisationsformen
zu schaffen, die es ermöglichen, den Wirkungs-
bereich des Richters oder Staatsanwalts zu er-
weitern. Diese Erweiterung hätte sich auf die
Leitung und Kontrolle der Ueberwachungsmaß«
nahmen bezüglich der mit Bewährungsfrist Ver-
urteilten zu erstrecken. Schließlich wird in der
Entschließung die Spezialisierung der Strafrich-
der und Staatsanwälte für wünschenswert er-
klärt.
Die Delegierten Nissen (Norwegen), Prof.
Castorkis (Griechenland) und v. Pella
(Rumänien) sprachen sich dagegen aus, dem
Strafrichter Befugnisse beim Strasvollzug einzu-
räumen.
Es gelangte eine weitere Entschließung zur
Annahme, die sich mit der Strafentlas-
senen-Fllrsorge beschäftigt und insbeson-
dere die Unterbringung von Entlassenen in
freie Arbeitsstätten anstrebt. Soweit dies nicht
möglich ist, wird gesordert, daß wenigstens die
Besserungsfähigen und Arbeitsfähigen in Ar-
beitskolonien oder in Heimen, die obdachlose
Hilfsbedürftige aufnehmen, Aufnahme finden
können.

Mnisterbesprechung in London
England and der italienisch-abessinische Konflikt

DNB. London, 23. Aug.
Am Freitag fand in Downingstreet 10 unter
dem Vorsitz des amtierenden Ministerpräsiden-
ten MacDonald eine zweistündige Bespre-
chung über den italienisch-abessinischen Streit-
fall statt, an der die noch in London verblie-
benen Minister, nämlich der Außenminister, der
Kriegsminister, der erste Lord der Admiralität,
der Kolonialminister und die Abteilungsleiter
des Foreign Office und andere Regierungsstel-
len teilnahmen. Während MacDonald sich mit
der Bahn nach Schottland zurückbegibt, ver-
bleibt Sir Samuel Hoare in der Umgebung
Londons, um sich über die Entwicklung ständig
auf dem Laufenden halten zu lassen. Die fran-
zösische Regierung ist von den Entscheidungen
des britischen Kabinetts auf diplomatischem
Wege unterrichtet worden. In unterrichteten
Kreisen wird darauf hingewiesen, daß nicht be-
absichtigt sei, irgendeine besondere Mitteilung
an Italien zu richten. Die hier und da aufge-
tauchte Behauptung, daß Eden in Kürze nach
Paris zu einer Aussprache mit Laval fahren
werde, gilt zum mindesten als verfrüht.
Zu der Aufnahme der britischen Kabinettsbe-
schlüsse in Rom stellen die englischen Bericht-
erstatter das Fehlen einer maßgebenden Aeuße-
rung zu der Entschlossenheit Englands fest, sich
strikt an die Verpflichtungen der Völkerbunds-
satzung zu halten. Gleichzeitig lasse man in
Rom durchblicken, daß die Ergebnisse der Kabi-
nettssitzung nur das darstellten, was Italien
erwartet habe. Dagegen werde der Beschluß,
die Verhandlungen auf diplomatischem Wege
fortzusetzen, zwar als wohlgemeint aber hoff-
nungslos angesehen.
lieber den Inhalt der Beratungen des Kabi-
netts sind inzwischen einige weitere Einzelhei-
ten durchgesickert. Der im allgemeinen gut
unterrichtete „Star" schreibt, das Kabinett
habe sich einmütig auf den Standpunkt gestellt,
daß der Tanasee und die Quellen des
Blauen Nils unter keinen Umständen unter

die Kontrolle einer fremden Macht fallen dürf-
ten. Ferner sei beschlossen worden, gewisse
lebenswichtige strategische Punkte auf der Ver-
bindungslinie des Weltreiches zwischen dem
Mutterlande und dem Roten Meer zu ver-
stärken.
Der politische Berichterstatter des „Man-
chester Guardian" weiß zu berichten, daß das
seinerzeitige Angebot Englands, einen Gebiets-
streifen von Britisch-Somaliland zusammen mit
dem Hafen Zeila an Abessinien unter der Vor-
aussetzung abessinischer Aufnahme dieses Vor-
schlages im Unterhause nach wie vor Gültigkeit
habe, falls es hierdurch gelinge, den Frieden
zu erhalten.
Ministerrat in Paris
DNB. Paris, 23. Aug.
Amtlich wird mitgeteilt, daß am kommenden
Mittwoch unter Vorsitz des Präsidenten der Re-
publik ein Ministerrat zusammentritt.
Rom fürchtet Sanktionen
DNB. Rom, 23. Aug.
Nach hiesiger Beurteilung sieht man die Ge-
fahr einer Anwendung von Sanktionen im
Ernstfall noch nicht beseitigt, sondern
eher vergrößert. Die Besprechungen mit den
Parteiführern dürften die englische Regierung
offenbar zu der Ueberzeug-ang gebracht haben,
daß gerade die Mehrzahl der befragten Partei-
führer sich für derartige Maßnahmen rinfetzen
will. So wollten, wie man hier aus London
wissen will, besonders die Konservativen glau-
ben machen, daß eine Besetzung Abessiniens
durch Italien das englische Weltreich '-»drohe
und daher englische Eegenmaßnah«.'.-» unoer-
meidlich mache. Da man nach den bisher »e«
London vorliegenden Nachrichten durchs» der
lleberzeugung ist, daß di« englische P-rliM ihre
wesentlichen Linien nicht geändert hab«, müsse
man sich hier daher auch darauf gefotzt »rachen,
daß die „Bölkerbunüsorthodoxie" äcimbalteu
und die Druckversuche auf Frankreich, sich de«
englischen Standpunkt nnzugleichen.
 
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