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Heidelberger Volksblatt (70) — 1935 (Nr. 150-228)

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Nr. 201 - Nr. 210 (29. August - 9. September)
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HeidelberyerVMsblatt


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70. Jahrgang / Ar. 20s

Samstag, 7. September 1SZS

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Mjm'üml und Kunst / Aus der Mit der Frau / Die Lesestunde

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Seimalzeltung mit den Beilagen: Aber dem Alltag / Setmattvarte

Der Genfer Fünfer-Ausschuß gebildet
England und Frankreich doch darin vertreten, außerdem Polen, Spanien und die Türtei

klnkrStimmenihaltungAaliens
DNB. Eens, 6. Sept.
Der Völkerbundsrat hat Freitag nach-
mittag in öffentlicher Sitzung beschlos-
len, ein Ratskomitee von fünf Mit-
gliedern einzusetzen, das die Gesamtheit der
Italienisch-abessinischen Beziehungen prüfen soll,
"m eine friedliche Lösung zu suchen.
Dem Komitee gehören England, Frank-
reich, Polen, Spanien und die Tür-
E»t an.
Die Einsetzung dieses Komitees, dessen Zu-
lannnensetzung der Ratspräsident, vorschlug,
wurde ohne Aussprache beschlossen.
Der Ratspräsident gab dabei bekannt, daß
ihm der italienische Delegierte seine Stimment-
haltung mitgeteilt habe. Wie bereits gestern
Semeldet, hatte der italienische Vertreter erklärt,
Italien gleichfalls im Ausschuß vertreten
/«in müsse, wenn Frankreich und England ihm
""gehören sollten.
. Baron Aloisi hat an den nichtöffentlichen
Vorbesprechungen, die zu diesem Beschluß fllhr-
Een, teilgenommen, ist aber der öffentlichen
Sitzung wiederum serngeblieben.
x Vor dem Beschluß des Völkerbundsrates hatte
lediglich der mexikanische Vertreter das Wort
ergriffen, um an die Erklärung der lateiname-
rikanischen Staaten vom 3. August 1932 über die
Nichtanerkennung gewaltsamen Eebietserwerbs
iu erinnern.
Anter allgemeiner Interesselosigkeit wendet
Uch der Rat nach dem Beschluß in der italie-
uisch-abessinischen Angelegenheit kleineren Fra-
Sen seiner Tagesordnung zu.
Aergang zur Tagesordnung
DNB. Genf, 6. Sept.
. 2m weiteren Verlauf der Sitzung, an der der
lkolienische Vertreter wieder teilnahm, hat der
Völkerbundsrat einen Bericht über die 27. Ta-
gung des Ständigen Mandatsausschusses ent-
gbgengenommen und erteilte in diesem Zusam-
menhang einem englisch-belgischen Vertrag über
Abgrenzung zwischen Ruanda, Urundi und
Tonganjika seine Zustimmung. Aus der Erklä-
rung, die die Vertreter Englands und Austra-
"ens zu dem Bericht des Mandatsausschusses
ubgaben, ging hervor, daß zwischen diesen Re-
gierungen und dem Mandatsausschuß nach wie
Uoe einige Meinungsverschiedenheiten über ge-,
?lsse grundsätzliche Fragen bestehen, die in dem
Bericht des Mandatsausschusses in Form einer
Kritik an den Mandatsmächten ihren Nieder-
Ichlag gefunden hatten.

Ane amtliche Erklärung
Abessiniens
DNB. Paris, 6. Sept.
Dw abessinische Regierung hat am
oreitag vormittag eine längere amtliche
Verlautbarung zu dem Schiedsspruch des
-lol-Ual-Ausschusses veröffentlicht, in der u. a.
^gestellt wird, daß der Zwischenfall von Ual-
ol, der den Anlaß zu dem gegenwärtigen ita-
onisch-abessinischen Streit und zu den militä-
*üchen Vorbereitungen Italiens gegeben habe,
erledigt sei. Dessen ungeachtet bleibe das italie-
Ulsch-abessinische Problem weiterhin bestehen, da
Folien die Anwendung des Vertrages ablehne,
Grenzen zwischen Abessinien und Somali
Wiegte. Es sei nun die Aufgabe des Völker-
Undsrates, den zweiten Teil seiner Entschlie-
ss vom 4. August 1935 durchzuführen, auf
r«nd deren er sich mit dem gesamten abessi-
^'-italienischen Streitfall zu befassen habe.
. essiuien als Mitglied des Völkerbundes er-
den Völkerbundsrat, über die gesamten
^keitfragen, die beide Länder trennen, Beschluß
Politische Fragen dürften das recht-

liche Problem nicht in den Hintergrund drän-
gen und Zweckmäßigkeitserwägungen über die
Aufrechterhaltung des Friedens dürften die
Würde und das internationale Recht nicht ver-
letzen. Die Aufrechterhaltung des Friedens
dürfte nicht durch Mittel erzielt werden die ein«
Verletzung der wichtigsten Grundsätze des inter-
nationalen Zusammenlebens bedeuten dürfen:
der souveränen Unabhängigkeit und die gebiets-
mäßige Unantastbarkeit der Völkerbundsmit-
glieder.
Abessinien während der Genfer Tagung
DNB. Addis Abeba, 6. Sept.
Die Berichte von der Genfer Ratstagung tref-
fen nur spärlich in der Hauptstadt ein. Der
Kaiser erklärte Freitag vormittag vor Presse-
vertretern, daß die Entscheidung über Frieden
oder Krieg nunmehr in Händen des Völkerbun-
des liege. Entschlüsse der Regierung sind am
Freitag nicht getroffen worden, da weitere Be-
richte aus Genf abgewartet werden. Die drei
ausländischen Berater des Kaisers begeben sich
zu einem zweitägigen Wochenende in die Um-
gebung.
Inzwischen sind die indischen Truppen zum
Schutz der englischen Gesandtschaft eingetroffen.
Meldungen, wonach in Harrar Unruhen ausge-
brochen sein sollen, werden amtlich dementiert.
Die Europäer verlegen ihren Wohnsitz von Har-
rar nach Diredaua an der Grenze zu Französisch-
Somaliland. Aus Anordnung der Regierung
werden bei der Funkstation bombensichere Keller
angelegt.
Sanktionsfreudige Internationale
DNB. Genf, 6. Sept.
Die Vertreter des Vorstands der H. Inter-
nationale und der Eewerkschaftsinternationale
haben in Genf unter dem Vorsitz des belgischen
Vertreters de Brouckäre eine gemeinsame Sit-
zung abgehalten. Sie nahmen eine Entschlie-
ßung gegen die als aggressiv bezeichnete Haltung
Italiens gegenüber Abessinien an, in der wei-
terhin dem Völkerbund die Unterstützung der
beiden Internationalen zur Durchführung aller
Sanktionen zugesichert wird, die gegen den An-
greifer notwendig werden sollten.
Diese Entschließung wurde dem Präsidenten
des Völkerbundsrats und dem Völkerbundssekre-
tariat übermittelt.
Der englische Außenminister fliegt Sonntag
nach Genf
DNB. London, 6. Sept.
Der Außenminister Sir Samuel Hoare wird
sich am Sonntag um 18 Uhr in einem Sonder-
flugzeug nach Genf begeben.

Sir Samuel Hoare hatte am Freitag eine
Besprechung mit dem französischen Botschafter.
Auch Ministerpräsident Baldwin hatte eine
Reihe von Empfängen, die in politischen Krei-
sen mit der Lage in Genf in Zusammenhang
gebracht werden. Unter den Besuchern bemerkte
man auch Sir John Simon.
Staatssekretär Hüll über die Zurückziehung der
abessinischen Oelkonzession
DNB Washington, 6. Sept.
Staatssekretär Hüll nahm in einer Erklärung
zu verschiedenen Pressemeldungen Stellung, wo-
nach der Kaiser von Abessinien dem amerikani-
schen Gesandten angeblich scharfe mündliche Vor-
haltungen über die Haltung der Vereinigten
Staaten in der Konzessionsfrage gemacht habe.
Demgegenüber erklärte der Staatssekretär, daß
im Staatsdepartement kein derartiger Bericht
vorläge. Wie gleichzeitig aus Addis Abeba ge-
meldet wird, hat der dortige amerikanische Ge-
sandte van Engert derartige Meldungen als
absurd und unbegründet bezeichnet.
Die Frage einer Sperrung
des Suezkanals
Prüfung der rechtlichen Zulässigkeit durch drei
Juristen
DNB. Kairo, 6. Sept.
Die ägyptische Regierung hat drei Juristen,
unter ihnen einen bekannten Genfer Juristen,
beauftragt, die einschlägigen Verträge auf die
Möglichkeit einer Sperrung des Suez-Kanals
hin zu prüfen. Man glaubt hier, daß nach den
Statuten der Kanal-Gesellschaft eine Sperrung
ausgeschlossen wäre, daß dagegen der Völker-
bund das Recht hätte, eine Sperrung zu be-
chließen, da die Satzungen der Kanal-Gesell-
chaft beim Völkerbund registriert seien. Die
Veröffentlichung des Ergebnisses der juristischen
Untersuchung wird für die nächsten Tage er-
wartet.
Das arabische Blatt „Ahram" meldet, in amt-
lichen englischen Kreisen würden die Berichte
über eine Zusammenfassung der ägyptischen und
der englischen Armee unter englischem Kom-
mando als unzutreffend erklärt. Ebenso sei es
unrichtig, daß England in einer Note Aegypten
aufgefordert habe, alle Verkehrswege, Häfen und
Flughäfen den britischen Militärbehörden zur
Perfügung zu stellen.

Der spanische Ministerrat beschäftigte sich mit
der Teilnahme Spaniens an dem Genfer Fünfer-
Ausschuß. Es wurde betont, daß Spanien sich
als Ausschußmitalied von demselben Geist des
Friedens leiten lasse wie bisher. Sollten aber
die Vorschläge der übrigen Ausschußmitgliedsr
auf Sanktionen hinauslaufen, so sähe sich Spa-
nien gezwungen, von seiner Aufgabe zurückzu-
treten.

Frankreich und die Kleine Menke
StojadinowM mit seinen pariser Verhandlungen zufrieden

Ministerpräsident Stojadinowitsch, der
am Freitag aus Paris nach Belgrad zurück-
kehrte, erklärte Pressevertretern, er sei mit dem
Ergebnis seiner Pariser Verhandlungen voll
zufrieden. Meine Unterredungen mit Minister-
präsident Laval, so führte er weiter aus, waren
sehr umfangreich. Sie wickelten sich sehr glatt
ab. Infolge der Aufrichtigkeit und tiefen
Freundschaft zwischen Frankreich und Jugosla-
wien fiel es mir nicht schwer, gegenüber Laval
unsere Ansichten über einzelne Fragen der in-
ternationalen Politik zu begründen. Nach Be-
endigung der Verhandlungen konnten Laval und
ich unsere völlige llebereinstimmung in den An-
sichten feststellen.
Andererseits werden die Mitteilungen, die ich
als Vorsitzender der Kleinen Entente unmittel-
bar nach meinen Verhandlungen mit Benesch,

Titulescu und Rllschtü Aras dem französischen
Ministerpräsidenten machte, Laval für seine
diplomatische Aktion in Genf zweifellos von
Nutzen sein.
Wenn ich meinen Pariser Besuch mit den Ver-
handlungen der Kleinen Entente und des Bal-
kanbundes in Zusammenhang bringe, kann man
als Bilanz unserer diplomatischen Unternehmun-
gen in den letzten Tagen ohne llebertreibung
behaupten, daß sie einen Aktivsaldo zu unseren
Gunsten ausweisen. In den großen Fragen der
internationalen Politik hat Jugoslawien einen
Standpunkt, der sowohl seinen Belangen ent-
spricht als auch mit der Ansicht seiner engsten
Freunde und Verbündeten in Einklang steht.
Bei solchen Ergebnissen können wir wirklich op-
timistisch auf die künftige Entwicklung der in-
ternationalen Ereignisse blicken, wenigstens so-
weit fi« Jugoslawien betreffen.

Zm Zeichen des Kampfes
und des Sieges
Die öffentliche Zeichnung auf die vom Reiche
begebenen 500 Millionen Reichsmark Reichs-
schatzanweisungen hat begonnen, die Frist er-
streckt sich noch bis zum 16. September.
Diese Finanzaktion des Reiches kann in ihrer
nationalwirtschaftlichen wie in ihrer national-
politischen Bedeutung garnicht hoch genug ein-
geschätzt werden. Es ist die erste großzügige An-
leihe, für die der Appell unmittelbar an den
Staatsbürger selbst zur Beteiligung je nach sei-
ner Kapitalkraft ergeht. Den Weg zu diesem
bedeutsamen Schritt haben die Ausführungen
des Reichsbankpräsidenten Schacht in Königs-
berg wie des Reichsfinanzministers Schwerin-
Krosigk in Leipzig gebahnt.
Diese Aktion des Reiches vollzieht sich im
Zeichen des Kampfes, und daß sie im Zeichen
des Sieges gelinge und sich vollende — daran
mitzuhelfen ist Aufgabe und Pflicht eines jeden
Deutschen.
Der Kampf um die Beseitigung der Arbeits-
not ist noch nicht zu Ende. Die Arbeitsbeschaf-
fungsmaßnahmen müssen weiter gehen, um auch
den letzten, dem es an Existenz und Brot
mangelt, eine Heimstatt und ein gesichertes
Auskommen in der Volksgemeinschaft zu ge-
währleisten.
Der Ausbau der Wehrmacht mutz in gleichem
Schritt mit dem Auf- und Ausbau der Wirt-
schaft vollzogen werden. Die Konjunkturbe-
lebung, deren weiteren Anstieg das Institut für
Konjunkturforschung gerade dieser Tage aus.
drücklich festgestellt hat, stellt natürlich steigend«
Ansprüche an die Finanzierung. Diese selber
geschieht im wesentlichen durch Vorgriff aus die
Zahlungskraft, wie aber auch auf die Kapital-
und insbesondere Sparkraft des deutschen Vol-
kes.
Schon daraus ergibt sich die Verpflichtung
des Kapitals, insbesondere des Sparkapitals,
dem Reiche zur Erfüllung seiner Aufgaben, an
deren Erfolg und Ergebnis jeder einzelne von
uns nicht nur auf das lebhafteste interessiert,
sondern auch mitbeteiligt ist, die je nach seinem
Vermögen entsprechenden Mittel leihweise zur
Verfügung zu stellen. Das ist die Forderung,
wie sie Reichsbankpräsidsnt Schacht in Königs-
berg erhoben hat und wie sie zur leitenden
Parole für die Zeichnung der Schatzanweisungen
gelten mutz.
Die Ansprüche der Reichswirtschastssührung
und im besonderen der Reichsfinanzverwaltung
an den inneren Geld- und Kapitalmarkt sind im
Verhältnis zur Größe der Aufgabe und der bis-
herigen gewaltigen Leistungen nur geringfügig
gewesen. Zu Beginn dieses Jahres wurden von
den Sparkassen und von den Lebensversiche-
rungsgesellschaften je 500 Millionen RM
übernommen, dazu kam vor kurzem der glatt
vollzogene Umtausch der Reichsbahnschatzanwei-
sungen. und erst jetzt wird in Verbindung mit
der Uebernahme weiterer 500 Millionen RM
durch die Sparkassen im Grunde zum ersten
Mal auf dem öffentlichen Markt eine Anleihe-
emission des Reiches in Höhe einer halben Mil-
liarde begeben.
Die Ausstattung dieser Wertpapiere bei einem
Zeichnungskurs von 98)4 und einem Zinsgenutz
von 414 Prozent ist im Hinblick auf die Höchst-
umlaufzeit von zehn Jahren und den Auslo-
sungbeginn vom sechsten Laufjahr besonders
günstig zu nennen; jedenfalls gewährt sie Vor-
teile. die bisher noch nicht in dieser Form ge-
boten worden sind. Hinzu kommt ferner, daß
die vom 4.—16. September gezeichneten Beträge
in außerordentlicher Schonung der Kapitalkrast
des Einzelnen Zeichners in weiten Terminen
zur Zahlung gestellt sind, und zwar sind 30 Pro-
zent des gezeichneten Betrages erst am 3. Ok-
tober, weitere 30 Prozent am 2. November zu
bezahlen, während die darauf folgenden 20 Pro-
zent erst am 27. November und die Schlutzrate
mit 20 Prozent erst am 20. Dezember dieses
Jahres fällig sind.
Es ist mit Sicherheit anzunehmen, daß von
den Spargeldern, die ja eine geringere Ver-
zinsung bringen, größere Beträge in diesen
neuen festverzinslichen und unter besonderem
Schutze des Reiches stehenden Wertpapieren An-
lage finden, umsomehr,, als die volle Garantie
des Reiches zum Schutze dieser Spareinlagen
gerade noch durch die jüngsten Erklärungen der
 
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