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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 35.1924

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Goja, Hermann: Arbeiten von Kaym und Hetmanek
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https://doi.org/10.11588/diglit.11736#0246

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XXXV. JAHRGANG.

DARMSTADT.

APRIL 1924.

ARBEITEN VON KAYM UND HETMANEK

VON DR. HERMANN GOJA—WIEN

Es ist in unserem Zeitalter üblich geworden, die
Menschen »historisch« zu betrachten, und man
ist zufrieden, wenn man sie in irgend eine Ent-
wicklungsreihe eingezwängt hat. Es gibt zwar
auch ein Schlagwort: »Persönlichkeit«, das hat
aber nur bei Künstlern Bedeutung. Der Kunstbe-
trachter ist, wie nie, »historisch« gelaunt. Und
doch lockt es oft, der Persönlichkeit nach-
zugehen, zumal in Fällen, wo zwei bedeutende
Menschen sich zu gemeinsamer Arbeit vereinten..
Warum der gemeinsame Weg? Was führte die
beiden zusammen? Was gaben sie sich? . Von den
beiden Wiener Architekten Kaym und Hetma-
nek ist der erstere Bauernsohn, in breiter Behag-
lichkeit aufgewachsen auf weiten Feldern des an
Ungarn grenzenden südlichen Nieder-Österreich;
gesund, einfach und derb, Natur wie das frucht-
bare Land. Dabei zu reden gewohnt, gewohnt, die
Dinge von höherem Standpunkt aus zu betrachten.
Als Bauernnatur in seelischen Dingen verschlossen,
dafür aber tief, von herbem Familiensinn. Er liebt
alle Menschen, um ihnen zu helfen; er überschätzt
sie darum. Er ist Idealist. Die beiden Hauptthesen
der Wiener Kunstlehre: der »Organismus«-Ge-
danke der Romantik und die »Material«-Lehre

mußten ihn fesseln: denn nach diesen wird ja das
Bauwerk »Natur«, wie es die Heimat gewesen.
Otto Wagner und Adolf Loos wurden daher seine
Lehrer . . Hetmanek stammt aus bescheideneren
Verhältnissen und aus der Stadt. Der Kampf um
das Dasein schärft seinen Verstand und sein Auge.
Er sieht und verachtet am Ende. Hinter dem Ide-
alismus findet er allzuoft Selbstsucht, als daß er
ihn lieben könnte. Sein Seelenleben verschließt er
nach außen, er haßt allen Schein und findet nur
wahr, was notwendig ist. So geht auch er zu
Wagner und Loos .. Dort finden sich beide .. Die
Wiener Akademie verlassen sie mit Schluß-Ar-
beiten, die sie auf das Beste charakterisieren. Kaym
mit einem Entwurf zu einem Schul- und Festhaus
auf der Insel Lacroma, wo schönste Mädchen in
schönster Umgebung zu schönstem Dasein erzogen
werden: ein Märchen; Hetmanek mit einem Hotel-
projekt: kalt, hager und vornehm wie er . . Beide
treffen sich in den letzten Schlüssen der Kunst-
theorie, — die Prämissen sind ja verschieden, —
in der Hochwertigkeit ihrer Arbeiten und in der
Gegensätzlichkeit ihrer Charaktere. Kaym findet
in Hetmanek den kühlen Verstand, den seine sich
tummelnde Phantasie benötigt, Hetmanek in dem

1924 IV. 1 ,
 
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