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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 42.1931

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Schiebelhuth, Hans: Alter und neuer Raumbegriff, [1]: ein Beitrag zur neuzeitlichen "Wohnkunde"
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https://doi.org/10.11588/diglit.10795#0032

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10

INNEN-DEKO RATION

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- N,

ARCHITEKT FRITZ RE1CHL IN WIEN

BAR-SCHRANK IM HERRENZIMMER. HAUS H.

Endes ist nicht das Wissen um die Sache, sondern
deren Gestaltung wesentlich.. Der lang vor-
bereitete Umschwung trat ein, als die Schaffenden
die Maßgeblichkeiten der veralteten Ästhetik
beiseit ließen und sich an Sinn und Zweck der
praktischen Aufgabe hielten. Sie gestalteten das
Raumbild nach typisch neuzeitlichen Lebens-
Bedürfnissen, und dies allein war entscheidend.
Die Tatsache, daß sich der gesamte äußere
Existenz-Apparat »technisiert« hatte, daß
es neue Materialien gab, daß sich Sitte, An-
schauung, Tempo und Art der Wahrnehmung,
das psychologische Wissen, kurz das Leben sel-
ber von Grund auf geändert hatte, bestimmte
das »Gesicht« des neuen, dynamischen Raums..



Der moderne Raum wird nicht vorwiegend
optisch empfunden, sondern beweglich als »Spiel
aneinander ausgewogener Kräfte« erlebt.
Auffallend ist, daß das voiwiegend »optische«
Erfassen zugunsten eines allgemein sinnlichen,
hauptsächlich aber »haptischen« Erlebens ver-
drängt ward. . Der moderne Mensch scheint zwar

in erster Linie Augenwesen zu sein. Photographie,
illustrierte Zeitung, Film; Schulung des Blicks
durch den farbig, förmlich, rhythmisch heute viel
bewegteren Alltag, nicht zuletzt auch die Anfor-
deiuagen, die in der Technik, z. B. beim Lenken
eines Autos, ans »Sehen« gestellt^ werden, bezeu-
gen dies. Aber gerade dieses »Überwalten« des
Augenanspruchs half wohl den Wandel herbei-
führen: unser Sehsinn ist stärker trainiert, die
Dinge »weiterzuleiten«, als sie festzuhalten; wir
sind »unbeschaulich«, — erfassen schnell und
langweilen uns bald.. Dagegen wollen wir greifen,
handeln, das Gegenständliche zur Hand haben
und umstellen; erst das Tastbare gibt uns Ge-
währ. Außerdem erspüren wir heutigen mehr,
weil unser nervöses System sensitiver geworden
ist. Schon von der Technik her sind wir mit
Schwingungen und dem Funkt ionschar akt er
von Dingen vertraut. . Unsere sinnliche Wahr-
nehmung ist sehr erweitert. Der menschliche
»Gleichgewichtssinn«, der »Raumsinn« ist fest-
gestellt, sein Organ, eine dreifache Libelle im
Ohr ist entdeckt, (schluss folgt), hans schiebelhuth.
 
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