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Hofmann, Else: Die Arbeit einer Innenarchitektin: neue Wohnungs-Einrichtungen von Liane Zimbler, Wien
DOI Seite / Zitierlink: https://doi.org/10.11588/diglit.10795#0313
XLU. JAHRG.
DARMSTADT
AUGUST 1931
DIE ARBEIT EINER INNENARCHITEKTIN
NEUE WOHNUNGS-EINRICHTUNGEN VON LIANE ZIMBLER—WIEN
Wenn in einer der freundlichen Wiener Cottage-
Villen ein Vorhaus oder Treppenaufgang von
praktischer Sauberkeit und geschmackvoller Ge-
räumigkeit uns empfängt, wenn Kleiderablagen und
Nebenräume, Schrankwände und eingebaute
Waschnischen reichlich und praktisch angeordnet
sind und wir bemerken, daß hier ein »Umbau«
vorgenommen wurde, durch den enge und ver-
worrene Räume lichtvoll gegliedert und geklärt
wurden, dann fragen wir, bevor wir noch die
Zimmer betreten: »Hat nicht Liane Zimbler
hier gearbeitet?«. Aus Diele- und Speisezimmer,
aus Schlaf- und Mädchenräumen, aus Bade- und
Waschanlagen, Speise-Aufzügen und Kitchenette
spricht ein kluger Geist uns an. Übersichtlich ge-
ordneter Grundriß, klare Dispositionskraft im
Ganzen und hausfraulich richtige Anordnung jedes
Details überzeugen uns. Alle diese Räume und
Möbel erfüllen sachlich ihren Zweck ohne über-
flüssige Belastung und Beanspruchung von Material
und Raum. Eine gewisse Elastizität ist ihnen eigen
und macht es ihnen möglich, verwandt und doch
sehr verschieden zu wirken, je nach der Eigenart
ihrer Bewohner. »Sachlich?« könnte der Kritiker
fragen und mit Stirnrunzeln die zarten Wandmale-
reien betrachten, die bemalten Schleiflackmöbel,
die intarsierten Bar-Schränkchen, die vielge-
formten, bunten Seidenkissen und vielgegliederten
Blumenfenster, die den Salons und Terrassen,
Dielen und Damenzimmern Liane Zimblers ihre
liebenswürdige Geflegtheit verleihen. Und mit
strengem Blick mag er Büffets und Couchetten
mustern, die manchen dieser Räume leichte An-
klänge an ein spielerisches Rokoko geben. . Liane
Zimbler ist eine der heimlichen Pädagogen. Nicht
mit kategorischem Imperativ treten diese Archi-
tekten an den Menschen heran, der ihm die Ein-
richtung seines Heims anvertraut hat. Sorgfältig
wägen sie ab, wie die inneren Kräfte geartet sind.
Unsere Architektin gehört zu den einfühlenden
Psychologen, die nicht mit der Zuchtrute, sondern
eher mit der Wünschelrute vor die Menschen treten,
aber nicht nur Wünsche erfüllen, sondern, das
ist ihre pädagogische Kunst, auch die richtigen
Wünsche lehren. . Ein schönes Beispiel für ihre
Gabe zu verbessern, anzupassen, zu klären, das
psychologisch Richtige für verschiedene Menschen
zu treffen, ist das »Landhaus Dr. D. in Sieve-
r ing«, das mit wunderschönem Ausblick in einem
Garten steht, an den Hängen des Wienerwaldes.
1931. VIIL L
DARMSTADT
AUGUST 1931
DIE ARBEIT EINER INNENARCHITEKTIN
NEUE WOHNUNGS-EINRICHTUNGEN VON LIANE ZIMBLER—WIEN
Wenn in einer der freundlichen Wiener Cottage-
Villen ein Vorhaus oder Treppenaufgang von
praktischer Sauberkeit und geschmackvoller Ge-
räumigkeit uns empfängt, wenn Kleiderablagen und
Nebenräume, Schrankwände und eingebaute
Waschnischen reichlich und praktisch angeordnet
sind und wir bemerken, daß hier ein »Umbau«
vorgenommen wurde, durch den enge und ver-
worrene Räume lichtvoll gegliedert und geklärt
wurden, dann fragen wir, bevor wir noch die
Zimmer betreten: »Hat nicht Liane Zimbler
hier gearbeitet?«. Aus Diele- und Speisezimmer,
aus Schlaf- und Mädchenräumen, aus Bade- und
Waschanlagen, Speise-Aufzügen und Kitchenette
spricht ein kluger Geist uns an. Übersichtlich ge-
ordneter Grundriß, klare Dispositionskraft im
Ganzen und hausfraulich richtige Anordnung jedes
Details überzeugen uns. Alle diese Räume und
Möbel erfüllen sachlich ihren Zweck ohne über-
flüssige Belastung und Beanspruchung von Material
und Raum. Eine gewisse Elastizität ist ihnen eigen
und macht es ihnen möglich, verwandt und doch
sehr verschieden zu wirken, je nach der Eigenart
ihrer Bewohner. »Sachlich?« könnte der Kritiker
fragen und mit Stirnrunzeln die zarten Wandmale-
reien betrachten, die bemalten Schleiflackmöbel,
die intarsierten Bar-Schränkchen, die vielge-
formten, bunten Seidenkissen und vielgegliederten
Blumenfenster, die den Salons und Terrassen,
Dielen und Damenzimmern Liane Zimblers ihre
liebenswürdige Geflegtheit verleihen. Und mit
strengem Blick mag er Büffets und Couchetten
mustern, die manchen dieser Räume leichte An-
klänge an ein spielerisches Rokoko geben. . Liane
Zimbler ist eine der heimlichen Pädagogen. Nicht
mit kategorischem Imperativ treten diese Archi-
tekten an den Menschen heran, der ihm die Ein-
richtung seines Heims anvertraut hat. Sorgfältig
wägen sie ab, wie die inneren Kräfte geartet sind.
Unsere Architektin gehört zu den einfühlenden
Psychologen, die nicht mit der Zuchtrute, sondern
eher mit der Wünschelrute vor die Menschen treten,
aber nicht nur Wünsche erfüllen, sondern, das
ist ihre pädagogische Kunst, auch die richtigen
Wünsche lehren. . Ein schönes Beispiel für ihre
Gabe zu verbessern, anzupassen, zu klären, das
psychologisch Richtige für verschiedene Menschen
zu treffen, ist das »Landhaus Dr. D. in Sieve-
r ing«, das mit wunderschönem Ausblick in einem
Garten steht, an den Hängen des Wienerwaldes.
1931. VIIL L