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ausstellung zu St. Louis. Die Verdienste der Anstalt von Puhl & Wagner in Rixdorf bei
Berlin wurden gebührend hervorgehoben.
Auch auf Beispiele moderner Wandmalerei ging Prof. Seliger ein, der sich persönlich
kürzlich in trefflicher Weise in dieser Richtung in Wurzen i. Sa. beteiligt hat. Er erwähnte
auch, dass die heutigen Architekten — eben auch, weil die Maler keine Architekten und die
Architekten keine Maler mehr sind — der Wandmalerei zu wenig Vorschub leisten. Eine
stilvolle, monumentale Wandmalerei ist nur dann möglich, wenn die für die Wandmalereien
bestimmten Flächen organisch zur Architektur gehören und wesentlichste Teile der Architektur
darstellen, sodass der Wandmaler sein Bild nicht auf eine beliebige Fläche, sondern in eine
gegebene Architektur hineinmalt und dann auch diese im Bilde fortsetzen kann, wie es in
der Tat in der Blütezeit der Wandmalerei der Fall gewesen ist. Klinger’s Wandmalerei in
der Universität zu Leipzig enthält manche Schönheiten, aber sie wäre ebensogut in einer
ganz anderen Architektur, in einem anderen Saale, in einem anderen Gebäude denkbar. Das
Abbildung 2.
ist sehr bedenklich. Offenbar haben wir es also hier nur mit einem entsprechend vergrösserten
Tafelbild zu tun, das man in diesem oder jenem Saale an die Wand hängen oder malen kann.
Das ergibt aber noch keine monumentale Freskomalerei im Rahmen einer Architektur. Das
Architektonische der Wandmalerei eben dürfen wir nicht aus dem Auge verlieren. Wir
brauchen daher nicht, wie Michel Angelo an der Decke der Sixtinischen Kapelle eine Schein-
architektur vorzutäuschen — unseres Erachtens geriet hier Michel Angelo auf Abwege —
sondern wir müssen nur in die Architektur hineinkomponieren und die Darstellung in den
Rahmen der Architektur fassen, wie es Raffael in bewunderungswürdiger Weise getan hat.
Zwischen Freskomalerei und Mosaikmalerei liegt die Teppichmalerei. Auch sie ist uns
als monumentale Kunst verloren gegangen. Die sehr beachtenswerten Versuche Fridrich’s
in Nancy, sie wieder zu beleben, konnten leider nicht das Feld behaupten. Sie steht der
Mosaikmalerei näher als der Freskomalerei, weil sie die Farben nicht flüssig, sondern in
festem Material auf die Wand setzt. Den Fugen der Mosaiksteine entsprechen hier die
Fugen der Fäden. Ganz von selbst erhält hierdurch die Teppichmalerei etwas Echtes und
Ewiges und sogleich etwas Monumentales.
Wollen wir an alten Vorbildern der Mosaikmalerei uns bilden, so müssen wir bis zu
Giotto und noch weiter zurück. Damals, ehe man noch Tafelbilder zu malen verstand, ver-
mochte man den richtigen Stil und die Technik der Mosaikmalerei zu erfassen.
ausstellung zu St. Louis. Die Verdienste der Anstalt von Puhl & Wagner in Rixdorf bei
Berlin wurden gebührend hervorgehoben.
Auch auf Beispiele moderner Wandmalerei ging Prof. Seliger ein, der sich persönlich
kürzlich in trefflicher Weise in dieser Richtung in Wurzen i. Sa. beteiligt hat. Er erwähnte
auch, dass die heutigen Architekten — eben auch, weil die Maler keine Architekten und die
Architekten keine Maler mehr sind — der Wandmalerei zu wenig Vorschub leisten. Eine
stilvolle, monumentale Wandmalerei ist nur dann möglich, wenn die für die Wandmalereien
bestimmten Flächen organisch zur Architektur gehören und wesentlichste Teile der Architektur
darstellen, sodass der Wandmaler sein Bild nicht auf eine beliebige Fläche, sondern in eine
gegebene Architektur hineinmalt und dann auch diese im Bilde fortsetzen kann, wie es in
der Tat in der Blütezeit der Wandmalerei der Fall gewesen ist. Klinger’s Wandmalerei in
der Universität zu Leipzig enthält manche Schönheiten, aber sie wäre ebensogut in einer
ganz anderen Architektur, in einem anderen Saale, in einem anderen Gebäude denkbar. Das
Abbildung 2.
ist sehr bedenklich. Offenbar haben wir es also hier nur mit einem entsprechend vergrösserten
Tafelbild zu tun, das man in diesem oder jenem Saale an die Wand hängen oder malen kann.
Das ergibt aber noch keine monumentale Freskomalerei im Rahmen einer Architektur. Das
Architektonische der Wandmalerei eben dürfen wir nicht aus dem Auge verlieren. Wir
brauchen daher nicht, wie Michel Angelo an der Decke der Sixtinischen Kapelle eine Schein-
architektur vorzutäuschen — unseres Erachtens geriet hier Michel Angelo auf Abwege —
sondern wir müssen nur in die Architektur hineinkomponieren und die Darstellung in den
Rahmen der Architektur fassen, wie es Raffael in bewunderungswürdiger Weise getan hat.
Zwischen Freskomalerei und Mosaikmalerei liegt die Teppichmalerei. Auch sie ist uns
als monumentale Kunst verloren gegangen. Die sehr beachtenswerten Versuche Fridrich’s
in Nancy, sie wieder zu beleben, konnten leider nicht das Feld behaupten. Sie steht der
Mosaikmalerei näher als der Freskomalerei, weil sie die Farben nicht flüssig, sondern in
festem Material auf die Wand setzt. Den Fugen der Mosaiksteine entsprechen hier die
Fugen der Fäden. Ganz von selbst erhält hierdurch die Teppichmalerei etwas Echtes und
Ewiges und sogleich etwas Monumentales.
Wollen wir an alten Vorbildern der Mosaikmalerei uns bilden, so müssen wir bis zu
Giotto und noch weiter zurück. Damals, ehe man noch Tafelbilder zu malen verstand, ver-
mochte man den richtigen Stil und die Technik der Mosaikmalerei zu erfassen.