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Bund Deutscher Kunsterzieher [Editor]
Kunst und Jugend — N.F. 11.1931

DOI issue:
Heft 5 (Mai 1931)
DOI article:
Görnitz, W.: Otto Mueller: ein Nachruf
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https://doi.org/10.11588/diglit.28010#0146

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Ein Werk
von Ollo Mueller

erklingen läßt, vielmehr ist es das uralte Lied mensch-
licher Sehnsucht nach Erlösung, nach Erfüllung, nach
Ruhe oder wie das Ziel menschlicher Sehnsucht auch
immer heißen mag. In Molltönen spricht diese Sehn-
sucht aus seinen Bildern. Die Wirkung wird erreicht,
daß In festgefügten Formen verhaltene Farben ein-
gefügt werden; diese gedämpften Farben haben den
Bildern die stereotype Bezeichnung „Gobelinton" ein-
getragen. Durch den Gegensatz der straffen Form
und der zarten oder verhaltenen Farben entsteht eine
Spannung, die Otto Muellerschen Werken jenen ein-
zigartigen Reiz verleiht. Otto Mueller benützt für
seine Arbeiten eine selbstangesetzte Leimfarbe, die
auf einer mit saugendem Grund zubereiteten groben
Leinwand aufgetragen wird. Sehr zahlreich sind auch
seine Graphiken, in denen er ähnliche Motive, wie in
seinen Bildern meisterlich behandelt. Und seine Mo-
tive? Neben Menschen, Bäumen, Tieren, wandelt
Mueller sein Hauptthema: „Weib und Landschaft" in
immer neuen Variationen ab. Sein Schicksal schenkte
ihm nicht Erfüllung und so blieb Otto Mueller stets
ein Maler menschlicher Sehnsucht.
Als Lehrer hat Prof. Otto Mueller als einer der er-
sten, der an deutschen Kunsthochschulen tätigen,
neuen Lehrergeneration erkannt, daß es abwegig ist,

Schüler dort anfangen zu lassen, wo ein Meister auf-
gehört hat, und daß der Weg zum eigenen Ich über
handwerkliches Können führt. Er war kein bequemer
Lehrer und stellte hohe Anforderungen an seine
Schüler.
Die beigegebenen Abbildungen können nur einen
oberflächlichen Eindruck der Werke vermitteln, da der
Hauptreiz der Farbe fehlt, die gerade bei Mueller-
schen Bildern so stark mitspricht. Die Klischees der
Abbildungen sind von dem Direktor des Breslauer
Museums, Herrn Dr. Wiese, freundlichst zur Verfügung
gestellt worden. In nächster Zeit dürfte es vielen
Lesern möglich sein, sich vor Originalen des behan-
delten Künstlers persönlich mit diesem Schaffen aus-
einanderzusetzen, da die Gedächtnis-Austeilung, wie
schon vorerwähnt, von Breslau nach verschiedenen
deutschen Städten wandert. Auf das Werk Otto Muel-
lers aufmerksam zu machen, und eines Mannes zu
gedenken, der an der Breslauer Akademie auch eine
große Anzahl Zeichenlehrer mit ausgebildet hat, war
der Zweck dieser Zeilen. Mit Otto Mueller ist ein
„Musiker" dahingegangen, die auch im heutigen
Deutschland, nicht nur im Deutschland Langbehns so
selten sind, im Gegensatz zu den zahllosen „Musi-
kanten".


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