Lose Mätter.
Gedicüte von Bruno rville.
Vorbemerkung. Bruno Wille ift einer von den Gesundcn unter den
Modernen. Er ist nicht recht „pikant"; seine Sachen schmecken so nach Nahr-
haftigkeit, und das ist nicht das Feinste. Zudem schreit er nicht (nicht einmal
beim össentlichen Wirken, man denkel), noch scheint es ihm richtig, vor ver-
sammeltem Volk Vorstellungen von Verzücktheit zu geben. Also geht man eben
an ihm vorüber. Wer kennt seine vor zrvei Jahren bei Schuster L Löffler in
Berlin erschienene „Einsiedelkunst in der Kiefernhaide" ? Vielleicht legen die
folgenden drei Stücke daraus dem und jenem die Frage nahe, ob sich ein
weiteres Schöpfen aus diesem guten Quell nicht doch verlohne.
L n t z a u b e r u n g.
Dort drüben liegt sie — riesenbreit erstreckt —
Und vielgezackt zuin Wolkengrau gereckt —
Die steinern sahle Stadt — von hunderttausend
Tagwerken murrend und erbrausend.
Lin Dunst umhüllt die Dächer, rußig, bleiern:
Der Schlote Ausgeburt — die noch nicht seiern.
Und doch schon murmeln von der Vesperstunde
Die düstern Türme mit dem Glockenmunde.
Wie dort der ksäuserwall, der Vorstadt-Rumps,
Aus sünsgezeilten Fenstern stumps
bsinüberstarrt — zum braunen Ackergrund,
N)o — schmutzigrot die Mauern —
Zwei qualmende Fabriken kauern.
lsorch, die Maschine heult das Vesxerzeichen I
Da rinnt aus dem Fabrikenthor
Lin langer Zug von Arbeitsvolk
Den Ackerweg dahin — zur Stadt.
Und steh, die bsäuserstirnen rötet matt
Der Abendwolken widerschein.
Aus einmal quillt der Feuerball herein
Aus einem wolkenriß und überflutet
Die Landschast, daß sie golden glutet.
G Zauberthatl Die Stadt mit ihrem Dunst
Liegt nnn verklärt, von Purxurduft umflossen:
Lin Berg, um den in ungestümer Brunst,
Aus grauem Dorn, blutrote Rosen sxrossen.
Und sieh nur, wie die Scheibenzeilen strahlen,
Mit rotem Blitz das Sonnenseuer malen —
N)ie alle lsäuser, alle Fenstcraugen,
Mit heißem Durst die jdurpurquelle saugen
Nnd saugend immer lichter sich verklären —
Als ob sie fluchbeladne Schlösser wären,
- 99
Novemberhest ^9'»
Gedicüte von Bruno rville.
Vorbemerkung. Bruno Wille ift einer von den Gesundcn unter den
Modernen. Er ist nicht recht „pikant"; seine Sachen schmecken so nach Nahr-
haftigkeit, und das ist nicht das Feinste. Zudem schreit er nicht (nicht einmal
beim össentlichen Wirken, man denkel), noch scheint es ihm richtig, vor ver-
sammeltem Volk Vorstellungen von Verzücktheit zu geben. Also geht man eben
an ihm vorüber. Wer kennt seine vor zrvei Jahren bei Schuster L Löffler in
Berlin erschienene „Einsiedelkunst in der Kiefernhaide" ? Vielleicht legen die
folgenden drei Stücke daraus dem und jenem die Frage nahe, ob sich ein
weiteres Schöpfen aus diesem guten Quell nicht doch verlohne.
L n t z a u b e r u n g.
Dort drüben liegt sie — riesenbreit erstreckt —
Und vielgezackt zuin Wolkengrau gereckt —
Die steinern sahle Stadt — von hunderttausend
Tagwerken murrend und erbrausend.
Lin Dunst umhüllt die Dächer, rußig, bleiern:
Der Schlote Ausgeburt — die noch nicht seiern.
Und doch schon murmeln von der Vesperstunde
Die düstern Türme mit dem Glockenmunde.
Wie dort der ksäuserwall, der Vorstadt-Rumps,
Aus sünsgezeilten Fenstern stumps
bsinüberstarrt — zum braunen Ackergrund,
N)o — schmutzigrot die Mauern —
Zwei qualmende Fabriken kauern.
lsorch, die Maschine heult das Vesxerzeichen I
Da rinnt aus dem Fabrikenthor
Lin langer Zug von Arbeitsvolk
Den Ackerweg dahin — zur Stadt.
Und steh, die bsäuserstirnen rötet matt
Der Abendwolken widerschein.
Aus einmal quillt der Feuerball herein
Aus einem wolkenriß und überflutet
Die Landschast, daß sie golden glutet.
G Zauberthatl Die Stadt mit ihrem Dunst
Liegt nnn verklärt, von Purxurduft umflossen:
Lin Berg, um den in ungestümer Brunst,
Aus grauem Dorn, blutrote Rosen sxrossen.
Und sieh nur, wie die Scheibenzeilen strahlen,
Mit rotem Blitz das Sonnenseuer malen —
N)ie alle lsäuser, alle Fenstcraugen,
Mit heißem Durst die jdurpurquelle saugen
Nnd saugend immer lichter sich verklären —
Als ob sie fluchbeladne Schlösser wären,
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Novemberhest ^9'»