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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 13,1.1899-1900

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Heft 11 (1. Märzheft 1900)
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Palastfenster und Flügelthür
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Schwarz, W.: Sprechsaal: in Sachen des "Lesedramas"
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https://doi.org/10.11588/diglit.7959#0424

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lichen Lebenszuschnitts", die auch wir so ost bedauert nnd verspottet haben
Sie ist noch dazu mißverständlich, denn die lange Zimmerslucht der
Schlösser sah anders aus, als die moderne der „eleganten" Miet-
wohnung: sie gab keine Raumzerreißung, sie legte die beiden großen
Thüren jeglichen Raumes einander gegenüber, aber nicht in die Mitte
der Wände, sondern nah an die Fenster, und ließ den ganzen übrigen
Raum intakt, höchstens, daß eine bescheidene Tapetenthür, ohne den
Raumeindruck zu stören, den Ausgang zum Wandelgang erlaubte. Da
war denn vorn, am kühleren Teil, der Durchgang, sonst aber saß man
im Raum behaglich abgeschlossen und durch kein Kommen und Gehen
gestört- Für uns liegen die Voraussetzungen anders. Für unsre
Bedürfnisse sollten die Thüren gerade weit ab vom Fenster liegen, denn
wie die Gesellschaft im Schloß-Prunkraume abseits vom Fenster beim
Kamin plauderte, so will der lesende oder arbeitende Bewohner im
Bürgerhaus mehr nahe der Lichtquelle hausen. Das Jdeal wäre für uns
geradezu: eine Thür weit vom Fenster weg und ein Fenster mit
hoher Fensterbank. So machens die Engländer; dort sehe man nach,
obs behaglich ist. Große Gesellschaften, freilich, die hält man in solchem
Haus nicht bequem. Aber sollen wir unfer Wohnhaus einrichten für
365 Tage nach den großen Gesellfchaften an dreien davon? Für kleinere
reicht es ja. Für die großen Helfen sich die Engländer, indem sie das
Treppenhaus als Gesellschaftsraum ausbauen.

Unser kleiner Auszug aus dem ersten der Lichtwarkschen Aufsätze,
deren so viele sich hier in seinem neuen Buch aus „Pan", „Kunstwart",
„Dekorativer Kunst" und „Jahrbuch der Gesellschaft hamburgifcher Kunst-
freunde" versammelt haben, läßt die Leser ahnen, wie viel hier sonst noch
zu finden ist. Von allem zu fprechen, ergäb' eine trotzdem unzulüngliche
Äbhandlung, machte mans ausführlich, ergäb' eine oberflächliche Plauderei,
machte mans kurz. Und überflüssig wäre beides, denn unsre Leser
wissen ja, was wir von Lichtwark halten. Respekt vor unsrer deutschen
Kunstwissenschaft - sie hat sehr viele Vertreter, die klaren Auges dem
Fortschritt dienen. Aber sie hat nur wenige, sehr wenige, die in gleicher
Weise mit ihren Kenntnissen ästhetisches Gesühl und Sinn fürs prak-
tische Leben verbinden. Auch dieses neue Buch sollte deshalb der wirkliche
Kunstfreund sein aufmerksam lesen und hübsch durchdenken, von Anfang
bis zu Ende und dann — besolgen. Erschienen ist es bei Bruno und
Paul Cassirer zu Berlin.

Lprecbsaal.

Zn Sachen öes „Lesedramas".

Jn seinem Kunstwart-Aufsatze „Das »fragmentarische« Lesedrama" be-
streitet Julius Hart einen grundsätzlichen Unterschied zwischen Buchdrama und
Lesedrama, mit anderen Worten, er verneint die Berechtigung eines besonderen
Artbegriffs Lesedrama. Und zwar thut er dies, weil er annimmt, daß die
Setzung jenes Unterschiedes zu dem Schererschen Satze zwinge, daß ein nicht
ausgeführtes (Bühnen-) Drama nur das Fragmsnt eines Kunstwerkes sei. Gegew
diesen Satz wenden sich seine Ausführungen im wesentlichen.

Dies erscheint mir teils als irrig, teils als mißverständlich.

Kunstwart
 
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