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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 13,1.1899-1900

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Heft 5 (1. Dezemberheft 1899)
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Nachträge zum Weihnachtskatalog, [1]
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Lose Blätter
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https://doi.org/10.11588/diglit.7959#0202

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Stoffgebiet ist ein anderes, beschränkteres, als das von Rutz, der autzer den Tieren
noch die Pslanzen, ja, Sonne, Mond und Sterne und einiges andre in den
Kreis seiner musterhast knappen, ich möchte sagen: programmartig übersicht-
lichen Aufzeichnung vom Jahreskreislaufe zog. Marshalls gehaltvolle Plau-
dereien geben auf ihrem Eigengebiete natürlich wieder mehr.

Von naturwissenschaftlichen Essays hat die besten populären
wieder Bölsche geliefert; seine Plaudereien „Vom Bazillus zum Affen-
menschen" (Leipzig, Diederichs) find teilweise fchlechtweg Meifterftücke geist-
und phantafievoller Darftellung, die doch den Thatsachenboden forgfältig vor
dem Meer der Gefühle abdeicht. Jch weitz nicht, ob der Schüler da doch nicht
fürfichtiger ift, als der Lehrer: Ernft Häckels neu aufgelegte „gemeinver-
ftändliche Studien über Monismus": „Die Welträtsel" (Bonn, Strautz)
find mit dem unbegrenzten Selbftvertrauen ihrer philosophischen Flüge für
unfereines Augen mitunter zum Schwindligwerden kühn. Wer kirchlich gläubig
ist und eine entgegengesetzte Ueberzeugung nicht vertragen kann, der wird fich
an Häckel leicht ärgern. Mit Unrecht, denn es geht ein so begeisterter Jdealis-
mus auch durch diese feiner Schriften, dah der gefühlsmäßige Gegner da
wohl bedauern, nicht aber verdammen darf, — der v erftand esmätzig e
Gegner aber wird fehr oft von verschleierter Metaphysik sprechen, wo Häckel
ganz aus Erfahrung heraus zu folgern glaubt. Häckels „Anthropogenie" ist
neulich an dieser Stelle warm empfohlen worden, auch feine „Welträtsel" follte
man lesen, und wär' es nur als wohl das befte Bekennerbuch jener kon-
fequenten Monisten, die in der Entgötterung dcr Welt über Darwin hinausgehn.

Jn neuer Auflage liegen noch Tyndalls Esfays „Jn den Alpen"
(Vieweg, geb. 8 Mk.) vor. Auch von Tyndall haben wir fchon gesprochen.
Aus diefen feinen Schilderungen fpricht eine von grotzer Natur erfrischte Körper-
und Geisteskraft zugleich, deren Zeuge und Genosfe zu fein, schon beim Lefen
wieder erfrifcht. Mehr folche Bücher ins Land!, ruft mit dem Naturfreund
dem Kunstfreund; es ift viel gescheiter, fie zu lesen, als mittelgute Belletristik.

Lose Mätter.

Aus „Gphrtrirns Breite" von Larl Lianptrnann.

Vorbemerkung. Wir haben schon früher und wiederholt darauf
hingewiesen, datz auch Gerhart Hauptmanns älterer Bruder Carl ein ftark und
urfprünglich begabter Dichter mit eigenem Angeficht ist. Sein neues Drama,
„Ephraims Breite" (als Buch bei S. Fischer in Berlin erfchienen) fpielt als
Dialektstück im schlesischen Gebirge, weil auch Larl Hauptmann in Schreiber-
hau lebt und fein Werk natürlich in die ihm vertrautefte Umwelt ftellt. Die
Bauerntochter Breite (Brigitte) ist die heimliche Geliebte des Zigeuners Jofeph,
der bei ihrem Vater als Knecht verdingt ist, wegen feines Fleitzes beoorzugt
von diesem, aber gehatzt von feinem Sohn und scheel angefehen von der alten
Bäuerin. Joseph, der Sohn der alten Schindlern, die mit dem böhmischen
Harfenmädel Franzel zusammen Musik auf den Bauden macht, fpekuliert auf
Les Alten Gut, bleibt aber doch Franzels fowohl wie Breites Schatz — und
Lleibt Franzels Schatz auch als Breites Mann. Der ist er nun, denn der Alte
hat drein gewilligt, als fie ihm ein Geständnis machte, — er, der feinen Sohn
trotzig gehen lieh, bracht' es nicht übers Herz, auch die tüchtige Breite noch zu
verftoßen. Das eigentliche Thema des Werks kann man beim Aufeinander-
treffen von Bauern- und Zigeunerblut finden, aber hier ist alles fo aufgelöft
llunstwart
 
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