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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 13,1.1899-1900

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Heft 8 (2. Januarheft 1900)
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Schumann, Paul: Romane in Zeitungen
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Göhler, Georg: Die neuesten grossen Chorwerke, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.7959#0313

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Staat, der denn doch an der Sache Jnteresse hat, noch vor dern Erstehen
des Urheberschatzes hier segensreich eingrisse. Nehmen roir einmal an,
der deutsche Reichstag beroilligte allsährlich nur „lumpige" 100000 Mark für die
deutsche Dichtung der Gegenwart, wie er Hunderttausende sür die Ausgrabungen
in Griechenland und Kleinasien, also sür fremdländische Künstler der Ver-
gangenheit, auswirft und wie die Landtage auch Hunderttausende sür die bil-
denden Künstler der Gegenwart aussetzen. Diese nur ^ooooo Mark— wir nehmen
diese Summe einmal vorläufig an — werden benutzt, um einige heroorragende
Werke lebender und jüngst verstorbener deutscher Dichter fDichter!) als National-
eigentum anzukaufen, sei es durch eine einmalige Kaufsumme oder durch eine
Rente an den Urheber. Solche Werke könnten dann von jeder Zeitung abge-
druckt, von jedem Verleger herausgegeben werden, ohne datz Honorar zu zahlen
rväre. Selbstverständlich dürfte der Reichstag nur die bewilligende, nicht auch
die auswählende Jnftanz für dieses literarische Nationaleigentum sein. Die
Auswahl mützte ein Sachverständigen-Ausschuß nach Art der Deutschen
Schillerstiftung beforgen. Sicherlich kämen einzelne Mißgriffe vor, aber was
könnten fie gegen den unbestreitbaren Fortschritt bedeuten?

Und noch ein zweites Auskunftsmittel bezüglich der Zeitungen wollen
wir hier abermals anregen. Es gibt gute Romane, Nooellen und Erzählungen
von Dichtern, die seit 30 Jahren tot sind, die zum Teil der Vergessenheit an-
heimgefallen oder doch bei weitem nicht fo bekannt geworden find, wie fie es
verdienen. Hier sollten die Zeitungen zugreifen. Zur Erleichterung ihrer Auf-
gabe aber follte ein in der Literatur wohl Bewanderter eine Liste dieser Werke
aufsetzen und an die deutschen Zeitungen verteilen unter Darlegung des That-
bestandes und mit dem Nachweis, wie diese Werke zu beschaffen find, und —
was befonders wichtig ist — mit einem jeweiligen Hinweis, wie der Abdruck
jedes dieser Werke dem Leserkreise mundgerecht zu machen fei. Denn man darf
fich nicht verhchlen, datz ohne eine solche Darlegung die gute Sache leicht an
dem Widerspruche der unverständigen Leser scheitern kann. Es ist merkwürdig,
wie weit die Sucht nach „Neuem" verbreitet ist, und wie sehr das „Alte" mit
dem wirklich „Bekannten" verwechselt wird. Die Zeitungen würden durch den
Abdruck älterer guter Werke eine wahre Kulturaufgabe erfüllen und sicherlich
mehr Gutes stisten, als durch den Abdruck von (grotzenteils übrigens auch nur
sogenannt:) „neuen" und jedenfalls wertlosen „Geschichten".

a u l S ch u m a n n.

DLe neuesten grossen Lbor>verke.

(Schlutz.)

Unter den deutschen Komponiften, die das Oratorium zur Zeit
pflegen, fteht Heinrich von Herzogenberg durch die Zahl feiner
Werke obenan. Nur kurz zu erwähnen find seine beiden Kirchen-Ora-
torien „Die Geburt Christi" und „Die Pafsion". Der Kom-
ponist hat fich selbft über die mit diesen Werken versolgte Tendenz in
der „Monatsschrift für Gottesdienst und kirchliche Kunst" ausführlich
geüußert. Seine Auffassung hat großen Beifall gefunden bei der Geiftlich-
keit, die Künstler werden sich wenig drum kümmern. Wohl noch nie ift
mit derartiger Devotion die Machtherrlichkeit der Kunft freiwillig der
Kirche Zu Füßen gelegt worden. Bisher schrieb man sür dcn Gottes-
dienft nur liturgifche Stücke und außerdem große Chorwerke, die keinerlei

2. Zanuarheft t900
 
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