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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 13,1.1899-1900

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Heft 5 (1. Dezemberheft 1899)
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Batka, Richard: Musikalische Weihnachtsspiele
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Schumann, Paul: Kunst in der Schule
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https://doi.org/10.11588/diglit.7959#0192

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tische Muse noch lange nicht ausgesungen hat. Mit Don Perosis markt-
schreierisch angepriesenen Sachen vermag sie's wahrlich gut aufzunehmen.

Richard Batka.

Hrunst in der Lcbule.

DichBewegung sür die Kunst in der Schule, von der wir wieder einmal
berichten müssen, hat soeben in Sachsen eine bemerkens- und dankenswerte
amtliche Förderung gefunden, zwar nicht im Ministerium des Kultus und
öffentlichen Unterrichts, dafür aber im Ministerium des Jnnern, dem die säch-
sischen Fachschulen unterstehen. Der Sachverhalt ist folgender: das Ministerium
wurde von dem Gewerbeschulinspektor Gewerberat Enke darauf ausmerksam
gemacht, datz der Zeichenunterricht an Handelsschulen schon wegen der geringen
dafür verfügbaren Zeit seinem Zwecke ost wenig entspreche, daß aber eine
planmüßige Förderung des Geschmacks der diese Schulen besuchenden künftigen
Kaufleute und Fäbrikanten von Wichtigkeit sei. Das Ministerium des Jnnern
erörterte diese Anregung mit Sachkennern und gelangte zu der Ueberzeugung,
daß ein Unterricht in gewerblicher Geschmacks- und Stil-
lehre nicht bloß sür Handelsschulen, sondern auch sür Web- und andere
gewerbliche Schulen von Nutzen sein könne. Der Unterricht müsse wesentlich
auf Anschauung beruhen und müsse zum Ziel haben, einerseits das Verständnis
für geschichtliche Stilformen zu sördern, andererseits die Fähigkeit auszubilden,
Geschmackvolles und Geschmackloses von einander zu unterscheiden. Man könne
sür diesen Unterricht etwa eine Stunde wöchentlich in der obersten Klasse
erübrigen. Wenn dabei das Ziel auch schwerlich zu erreichen sei, so könne
doch in der Schule das Verlangen, dieses Ziel zu erreichen, geweckt und düzu
Hilfe geboten werden. Nicht der in der Schule vermittelte Unterrichts st o s s,
sondern die durch den Unterricht entwickelte Kraft bildeten hier den Maß-
stab für die Beurteilung des Erfolges beim Unterricht.

Vesonderes Gewicht legte das Ministerium des Jnnern bei der Erörterung
der Angelegenheit darauf, daß die Anschauungsbilder ch in großen, auch den
weit zurücksitzenden Schülern deutlich erkennbarcn Formen vorgesührt würden
und 2) neben mustergiltigen auch charakteristisch tadelnswerte Beispiele
vorsührten. Ja, die Vorführung tadelnswerter, der Neuzeit entstammender, mög-
lichst typischer Beispiele und die Darlegung der Gründe des Tadels erschien
dem Ministerium sür den Zweck der Sache besonders wichtig.

Ein Anschauungswerk, das diesen Anforderungen entspräche, war nicht
aufzufinden. Das Ministerium nahm daher das Anerbieten des Direktors
der Jndustrieschule zu Plauen i. Vgtld-, Prosessor Hofmanns, mit Hilfe der
Lehrer Forkel, Schauer, Lorenz und Vogel von der Jndustrieschule ein solches
Werk zusammenzustellen, gern an. Dicses Werk liegt jetzt in Tafeln von
om Höhe und 93 cm Breiie vor. Die Tafeln geben charakteristische Bei-
spiele der geschichtlichen Stilarten, Beispiele sür den Zusammenhang zwischen
Naturformen und Kunstformen, Beispiele richtiger und falscher Perspektive,
Beispiele zur Farbenlehre, Gegenüberstellungen edler und charakteristisch ge-
schmackvoller Gesäßformen, geschmackloser Webereimuster und einer Verbesserung
derselben Muster, eines guten und eines entarteten persischen Teppichmusters,
guter und sehlerhafter Ornamentsormen der italienischen Renaissance, guten
und entarteten Rokokos.

Zur Besprechung der Tafeln und der ganzen Angelegenheit hatte das
Ministerium des Jnnern kürzlich eine Versammlung einberusen. Geheimer
Aunltwart
 
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