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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 13,1.1899-1900

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Heft 11 (1. Märzheft 1900)
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Lose Blätter
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Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.7959#0442

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In kahlen Wänden, gänzlich „stimmungslas",

Und welche welt von farbigen Träumen zaubert
Er auf die Leinwand dort! Saß, der den „Aosmos"
Geschrieben — traun mit dichterifcher Araft! —

Nicht auch umringt von fchmucklos altem bfausrat
Und schrieb fogar nur auf den Anie'n? Und denk ich
An Soxhokles, meinst du, es habe sich
Sein Mobiliar mit Sardou's oder Augier's
Von fern nur mesfen können? —

— G du fchlimmer

Soxhift I Ich seh', auch nur ein wenig dir
Abzugewinnen, ist verlorne Mühe.

Zoll's wirklich denn beim Alten bleiben?

— Nur

Lin Nleilchen noch, bis mit dem Alten felbst
Ulird aufgeräumt. Tr ist nun einmal nicht
Modern, und feine Renaisfance betreibt
Tr innerlich, und ihm ist wohl dabei,

!Venn man nur eben ihn verbrauchen will,

So wie er ist, famt andern alten Möbeln.

Dichtung.

Nundscdau.

*Das Schlimmste.

Es wird in guten Treuen viel ge-
redet und viel geschadet. Aber Eins
ist unverantwortlich, Eins dars man
sich nicht zu Schulden kommen lassen:
Es soll kein Vater, kein Lehrer zu
einem Kinde sagen: „so hoch wie dieser
und fenerwirstdu'sfreilich niebringen",
und es soll kein Schriftsteller zu seiner
Nation schreiben: „Punktum, fertig,
Thüre zu; die große Zeit der Literatur
ist jetzt vorüber, es wird nie mehr
einen Goethe oder Schiller u. f. w.
geben."

Das ist erstens eine Thorheit, denn
die Zukunst weiß man erst nachher
und die Natur liefert leine Programme.
Hat man etwa uuno ^7^0 prophezeit:
Gebt acht, stäubt ab, zieht euch sonn-
täglich an, denn jetzt fängt nächstens
klassische Literatur an, jetzt wird bald
der große Goethe gcboren? Oder hat
jemals ein Schullehrer einen Buben
mit den Worten der Klasse vorgestellt:
„Geht mir säuberlich mit dem da um,
denn das gibt einmal das bekannte
große weltberühmte Geuie T. ?" Nein,

sondern er hat zu allen Zeiten den
Geniebuben einen Esel genannt.

Zweitens ist es eine Anmaßung;
denn andere herabdrücken, heißt nicht
bescheiden sein, sondern unverschämt.

Drittens ist es gewissenlose, schlechte
Handlung. Niemand hat das Recht,
dem heranwachsenden Geschlecht den
Mut totzuschlagen und dem nachkom-
menden Geschlecht zum voraus in die
junge heilige Hoffnung zu spucken. Das
ist bethlehemitischer Kinderseelenmord.

Wenn ich solches wahrnehme, denke
ich jedesmal: Jst denn niemand, der
dem Urheber zuruft: „Lieber Kollege,
Sie galten bisher sür einen unbeschol-
tenen und bescheidenen Menschen ; nicht
wahr, das ist Jhnen bloß aus Unbe-
dachtheit entschlüpst?"

Tarl Txitteler.

* Der sällige Sch illerp reis sollte
wieder Hauptmann zugesprochen wer-
den, der Kaiser hat das wieder oer-
hindert, der Preis bleibt wieder un-
oerliehen. Wir haben's im Liebe-
dienern so herrlich weit gebracht, daß
man erfreut aufblickt, wenn man liest:
die Sachoerständigen haben entgegen

Kunstwart

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