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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 13,1.1899-1900

DOI Heft:
Heft 2 (2. Oktoberheft 1899)
DOI Artikel:
Batka, Richard: Hans Pfitzners Musikdrama "Der arme Heinrich"
DOI Artikel:
Lamm, Albert: Ueber Liebermann, Degas und einiges Andere
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https://doi.org/10.11588/diglit.7959#0066

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äußern, fließt aus dem Born eines gleich komplizierten Seelenlebens, nämlich
dem des Komponisten selber. Man könnte darum nach der Analogie aus
lchrischem Gebiete recht wohl von einem „Jch-Dramatiker" reden. Dieser psy-
churgische Charakter des Pfitznerschen Schaffens erklärt auch manche, sonst nicht
recht verständliche Umständlichkeiten und Abschrveifungen der Musik. So kann
er fich nicht enthalten, bei leerer Szene seiner Mitfreude an Dietrichs Heimkehr
in einem hochherrlichen Orchestersatze Luft zu machen; so kann er ohne Reu die
von den Hörern und Spielern mit Ungeduld erwartete Erzählung des Getreuen
durch ein einläßliches Verweilen bei nebensächlichen Abenteuern und land-
schaftlichen Eindrücken hinziehen, wofür uns allerdings die musikalische Schön-
heit dieser Zögernisse schadlos hält. Die Erinnerungen, in denen sich, von einer
Solovioline umspielt, Heinrich im dritten Akt mit Agnes ergeht, würden uns
am Krankenlager, im ersten, sicherlich rühren; hier, kurz vor der Katastrophe,
lähmen sie die Spannung. Ja, die Katastrophe selbst beeinträchtigt er dadurch,
daß er die entscheidenden Worte Heinrichs, jenes vorhin angeführte „Nicht mehr
will ich gerettet sein", mit einem — der seelischen Erregung allerdings voll-
kommen entsprechenden — Fortissimo des Orchesters übertäubt. Aber solche
Dinge, ebenso wie die im Verhältnis allzu breite Durchführung des Schluß-
jubels fallen vielleicht gegen den praktischen aber nicht gegen den Kunstwert
des „Armen Heinrichs" ins Gewicht. Man braucht sie auch nicht der Jugend-
lichkeit des Brausekopfs zu gute zu halten, denn dergleichen soll auch ergrauten
Schädeln schon passiert sein. Jedenfalls zählt Pfitzner zu jenen unter den leben-
den Tondichtern, auf deren Entwicklung wir ungewöhnliche Hossnungen sür
die Zukunft zu setzen haben. R. B.

Weber LLebermann, Degas und etniges Nndere.

Warum ich's nicht unterlassen kann, die solgenden Betrachtungen
öffentlich anzustellen, ist mir selbst nicht recht klar. Wer will, kann sie
ohne Mühe mißverstehen. Max Liebermann steht jetzt an der Spitze der
Berliner Sezessiorr und damit, bei der durchgängigen Minderwertigkeit
dessen, was sich in Berlin „ältere Richtung" nennt, an der Spitze der
Berliner Kunst. Für eine Berliner Sezession, sür die Kunst Max Lieber-
manns habe ich selbst vor Jahren manches lebhaste Wort gesprochen.
Wer nicht hören mag, was ich eigentlich hier sagen möchte, kann nun
finden, ich schelte mit einem Male über Liebermann. Doch kann ich
nur versichern, daß ich gar nicht daran denke, mit dem solgenden gegen
Liebermann oder gegen seine Kunst etwas zu sagen. Aber er hat ein
kleines Buch, oder vielmehr ein kleines Büchlein geschrieben, und darin
scheinen mir Bekenntnisse enthalten zu sein, Bekenntnisse der modernen
Malerei, welche ich einmal herauslocken möchte; zum Besten meiner selbst,
als eines Bewunderers dieser Malerei, zum Besten aller Kameraden aus
diesem Wege.

Max Liebermann hat bekanntlich im „Pan" einen Aufsatz über den
Pariser Degas oeröffentlicht, der dann, vergrößert und mit mehreren ganz
vorzüglichen Netzdrucken nach Degasschen Gemälden versehen, bei B. und
P. Cassirer in Berlin erschienen ist als Broschüre. Man lernt Degas,
wenn man ihn noch nicht kennt, wirklich ein wenig dadurch kennen. Aber:
man lernt noch vieles Andere dazu aus diesem Heste.

Runstwarl
 
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