Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 13,1.1899-1900

DOI Heft:
Heft 9 (1. Februarheft 1900)
DOI Artikel:
Avenarius, Ferdinand: Zehn Gebote zur Wohnungseinrichtung
DOI Artikel:
Lose Blätter
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.7959#0356

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
stellst, muß zugleich dekorativ seiu, sreilich im besten Sinne des
Wortes. Es darf nicht aufsallen, indem es aus dem Ganzen hervor-
fpringt (was man wunderlicher Weise meift unter dekorativ verfteht),
fondern gerade im Gegenteil: es muß die Ruhe des Ganzen fördern
und muß sie adeln. Auch das kann durch Kunstwerke geschehen, die
doch zugleich von großer feelischer Schönheit find. Nimm wenige,
aber nimm solche zu deinen Hausgenosfen auf! Z. B. Kopieen wirk-
licher Meisterwerke, feien es auch nur einfache Gipsabgüffe, die man ja
tönen kann, feien es wirklich edle Kunftblätter oder gar Gemälde,
seien es auch nur gute Photographien. Aber vermeide alle „effektvolle"
Bazarware, Alles, was nach außen protzt und innen leer ist.

Gut, fagt der Lefer, wie aber mache ich's, daß meine Wohnung
stilvoll werde? Stil — das Wort hat eigentlich dreierlei Sinn.
Historifchen Sinn nennen wir die Formenfprache einer bestimmten Kunft-
kultur, z. B. der Renaiffance, der Gotik. Sach-Stil nenne ich die
Kennzeichnung von Material und Zweck durch Form und Farbe. Per-
fönlichen Stil schließlich nennen wir den Wiederschein des Menfchen-
geistes, der eine Sache gemacht hat, auf feinem Werk. Folgst du all
den Geboten, die wir besprochen haben, fo hat deine Wohnung Stil
im höchsten Maß, denn sie hat Stil in jeder Art. llnd sie ist dann
auch mehr als eine Wohnung, sie ist ein Heim. A.

Lose Wlätter.

2lus den Lehr- nnö rvanöerLahren öes Lebens.

V o r b e m e r k u n g. Unter diesem Titel hat Cäfar Flaifchlen
bei F. Fontane L Co. in Berlin „gesammelte Gedichte, Brief- und Tagebuch-
blätter herausgegeben, die der großen Mehrzahl der Leser rein gar nichts,
„besinnlichen Leuten" aber recht vieles bieten. „Gedicht" nach dem gebräuch-
lichen Begriffe ift nur weniges darin; weniges nur ist der Wiederschein eines
inneren Schauens, das meifte ist der Niederschlag eines sinnenden Sich-Klärens.
Lesen wir in der auch aus anderen Gründen des Lesens sehr würdigen Vor-
rede, so wird uns klarer werden, was Flaischlen gibt. Einige Tagebuchblätter
selbst mögen sich anschließen.

All die Jsmen, für die so leidenschaftlich gekämpft wurde, als ob es
Grundprinzipien würen, blieben bei Licht besehen ganz in äußerlichen technischen
Fragen ftecken. Der wirklich Schafsende fchafft nur fich und jeder Jsmus darf
und wird ihm lediglich Mittel fein und nicht Prinzip. Die ewige große Ver-
wechslung! Man posaunt ein einzelnes Kunstmittel zum Kunftprinzip empor
und streitet um den Kerl auf der Bühne und das Wesentliche ift doch der
hinter der Bühne.

Es war mir nur darum zu thun, was mir geglückt fchien, zu einem
Bande zu vereinigen mit dem Zielpunkt der Lebensentwicklung, die fich aus
den Gedichten felbft ergibt. Jch möchte daher auch, daß das Buch, wenigftens
von denen, die mir näher ftehen, in diesem Sinn genommen würde, als ein
Ganzes und im Zusammenhang auch mit meinen andern Dichtungen.

Es enthält die Auf- und Ab-Stimmungen, die in diefer oder jener Weise
schlechterdings Jeder einmal lebt, da jeder einmal 20 Jahre ift und dann 25
Ruustwart

S44
 
Annotationen