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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 13,1.1899-1900

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Heft 7 (1. Januarheft 1900)
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Unsre Noten und Bilder
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https://doi.org/10.11588/diglit.7959#0304

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wnd seine eigenen Phantasien dazu haben können, das ist das Schöne an
solch grotzer Musik ohne Programm! — Vielleicht finden unsere Leser auch,
Sylvestcrklänge drin, — aber dazu mutz man alles möglichst einfach spielen.
Man kann „Größe" daran zu fuhlen lernen, und das ist ja auch etwas in
diesen oft recht kleinlichen Tagen.

Erhabene, ruhevolle Grötze atmet auch unfer diesmaliges Hauptbild,
Max Klingers Radierung „An die Schönheit". Es ift das letzte Blatt
des Zpklus „vom Tode". Die Bilder des Sterbens find düster vorübergezogen,
all das Grätzliche des Vernichtens und all das grausig Erhabene des Herrschers
Tod, rvir haben es vor uns, haben es in uns gesehen, aber gebrochen hat es
uns nicht, dcnn es hat uns auch gezeigt, was wahrhaft lebt. Wie ein neuer
Morgen wars, und wir richteten uns auf und grützten das unirdische Licht,
das uns Brust und Haupt umflammte, mit beseligtem „Und dochl" „denn fie
lebt sa ewig, die grotze Natur, ohnmächtig wütet fich an ihr ab der Tod, nur
neue Formcn schasfend, wie millionenfach er vernichte, nur mehrend ihrer
Gestalten Mannigfaltigkeit und Fülle. Und wenn das Meer aus seinen Fernen
die langgestreckten Wogen herführt in feftlichem Rhpthmenschritt/bis sie donnern-
den Grutzes niedcrfinken vor uns, wenn der Wind durch fturmzerklüftete Bäume
heilige Hymnen rauscht vom Grünen und Blühen, vom Früchtetragen und
Samenstrcun, und wenn dcr Himmel unser Auge das blaugoldige Licht der
Unendlichkeit trinken lätzt, in der die Sonnen rollen — dann beten wir über-
wültigt an die Natur, die da ist die Schönheit, denn sie ist das Leben."

Wir denken, datz auch unfre Wiedergabe ahnen lätzt, was in der Radie-
rung felber entzückt. Wer fie ganz auf sich wirken lassen will, mutz den Zyklus
„Vom Tode U" zur Hand nehmen, der bei Amsler L Ruthadt in Berlin
erschienen ist. Der unumgängliche hohe Preis (-^50 Mk. für 6 Blätter) erlaubt
nur wenigen, fich diesen Schatz ins Haus zu bringen, aber fede öffentliche
Ltunstsammlung sollte ihn erwerben und jeder Kunftverein, damit diese herr-
lichsten Schöpfungen der Griffelkunft unserer Zeit in jeder größeren Stadt leicht
zugänglich wcrden.

Das befte Bildnis Max Klingers, das uns bis jetzt bekannt geworden,
möge diese Schöpfung begleiten-

Der Verlag legt dem Heste gleichzeitig einen Wandkalender
für 1900 bei. Der Zeichner ist Paul Bürk.

Ueber den Schrank von Pankok, den wir den Lesern mit unserer Text-
abbildung zeigen, kann jeder, ders wissen mag, Näheres von den Münchner
„Vereinigten Werkftätten für Kunst im Handwerk" erfahren. Die weiteren
Kreise unsrer Leser möchten wir an dieser Stelle nur daraufaufmerksam machen,
wie völlig hicr das falsch Architekturhaste der früheren Schränke überwunden
ist. Schränke find keine Tempelchen oder Theaterchen, sondern eben Schränke
-- für diesen einfachen Satz fehlt noch an vielen, vielen Orten das Verftänd-
nis. Aufrichtigkeit in der Kunft darf aber noch so alte Maskeraden auch
dann nicht respektieren, wenn sie fich an Möbel heften.

Schopfer und Vcrwerter. (A.) — Heinrich Heine. (A.) — Die neueften
grotzen Chorwerke. Von Georg Göhler. — Ünsere Bau-Mandarinen. (W.) —
Lose Blätter: Das neue Zahrhundert. Eine neue Weltanschauung? Von Arthur
Bonus. Gesang. (F. A.) — Rundschau. — Notenbeilage: s. Satz aus Robert
Schumanns G-c1ui--Phantafie. — Bilderbeilagen: Max Klinger, An die Schön-
heit. N. Perscheid, Bildnis Max Klingers (Kunftphotographie). — Textbild:
Schrank von B. Pankok.
 
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