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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 13,1.1899-1900

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Heft 9 (1. Februarheft 1900)
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Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.7959#0377

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Nerven zu sinken und selig unterzu-
gehens" (Jn einem Aufsatz über
„Lohengrin", 186? i. d. N. Zeitschrist
fiir Musik., peter L°rn°lius.

* Zu dem „Goldenen Buch der
Musik" (Spemann, Mk. 5.—), einem
Weihnachtsspekulationswerk, das alles
zu enthalten vorgibt, „was jederFreund
der holden Musika wissen sollte", ist
auch Carl Reinecke als Mitarbeiter
herangezogen worden. Vonihmstammt
der Führer durch den Konzertsaal und
die Oper mit Ausschluß Wagners. Und
nun sehe man diese Arbeit ein wenig
näher an. Daß von Liszt, Berlioz,
Ritter, RichardStrauß kein einziges
Werk berücksichtigt wird, ist bei Rei-
neckes Standpunkt begreiflich, und man
fragt sich nur: wußte man für dieses
Gebiet keine besser bewanderte Kraft
zu gewinnen? Von Bruckner wird bloß
die ll-änr-Symphonie durch Zitierung
eines sremden, sehr ansechtbaren Ur-
teils eben nur erwähnt — sei's drum.
Aber das ist doch sonderbar, daß Rei-
necke zum Unterschied gegen die jener
sogenannten kleinen Leute seine eige-
nen Kompositionen auf das krüf-
tigste herausstreicht- Er zählt nicht
nur sämtliche drei Symphonien von
sich zu den Schöpfungen, die jeder-
mann kennen soll, sondern auch
eine Serenade in 6-moll! Bei der
erften Symphonie wird mit Berufung
auf eine anonyme Kritik versichert, die
Komposition sei jugendfrisch, wonnig,
geistvoll, blühend, von bleibendem
positiven Kunstwert, woran sich die
Bemerkung schließt: „dennoch ist das
Werk von vielen Kunstinstituten igno-
riert worden." Bei der Serenade er-
solgt das Lob gleich auf eigene Faust
des Autors, indem er sich auf seine
große theatralische und kontrapunk-
tische Kunst, auf das Ungezwungene
seines ^Z-Taktes, aus die interessanten
Kombinationen der Kavatine und den
ungewöhnlichen Ernst der Arbeit aus-
drücklich zu Gute thut. R. B.

Bil-en-e Aunst.

* ZurReform derAusstel-
lungskataloge.

Wir werden einem gewöhnlichen
Ausstellungskatalog nicht gut zumuten
dürfen, daß er uns mehr mitteile, als
den Künstler und den Titel des Wer-
kes, bestimmbar aus der dürren Zahl,
mit der dieses getauft wurde. Wir
werden schon zufrieden sein, wenn zu
dieser Zahl da vor uns eine Schwester-
zahl im Kataloge sich bekennt und uns
eine richtige Antwort erteilt. Denn
es soll Beispiele geben — und im
letztjährigen Glaspalast konnte man
sie zu Dutzenden fangen — daß selbst
das schärfste Auge aus den Katalog-
seiten entweder gar keine oder auch
eine verkehrte Antwort ersah. Wir
lassen uns all dies von den Führern
durch die Jahres ausstellungen wohl
oder übel gefallen. Anders aber liegts
bei einsr So n d erausstellung, wie
sie die Münchner Sezession jetzt von
Nachbildungen der Werke des Dona-
tello und des Velazguez eröfsnet hat.
Da erfahren wir aus knapp 15 Text-
seiten des 50 Pfennig-Führers, daß
ein Kruzifix ein „Kruzifix", daß ein
flötender Engel ein „slötender", also
mit dem daneben „aus dem Notenbuch
singenden" keineswegs identisch, und
„daß endlich dieser Löwe nichts ande-
res sei als ein „Löwe". Höchstens
dürfen wir wissen, daß Kruzifix und
Engel irgendwo in Padua, daß der
Löwe irgendwo in Florenz zu sinden
sein müsse. Bei den Bildnissen des
Velasguez erfahren wir wohl die
Namen genauer, aber mehr auch nicht.
Nun rühmt man in den Zeitungen,
daß die Sezession durch diese Aus-
stellung an der künstlerischen Erziehung
Münchens arbeiten will. Das will sie
nicht nur, sie thut es ja auch wirklich,
aber sie sollte neben ihren großen Aus-
gaben die nur äußerlich kleinere einer
bessern Gestaltung der Kataloge nicht
übersehen. Ueber das W i e dieser Refor-
mation ist im Kunstwart und anders-
I. Februarheft ;yoo

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