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Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Hrsg.]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 26.1916

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Heft 1
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Schäfer, Wilhelm: Wilhelm Steinhaufen zum siebzigsten Geburtstag
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https://doi.org/10.11588/diglit.26490#0016

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Wilhelm Steinhaufen zum siebzigsten Geburtstag.

Damit hätten wir nicht nur der Bewertung Steinhaufens als Landschafter Re richtige Einstellung gegeben,
sondern auch den Standpunkt gewonnen, von dem aus wir tatsächlich eine Stärkung der modernen Malerei aus
der Anschauung seiner Kunst erhoffen können. Das Religiöse in seinen Landschaftsbildern sondert sie nicht ab, sondern
reiht sie ein in den überzeitlichen Schatz der Kunst: vorausgesetzt freilich, daß sie bildtechnisch einer wirklichen
Prüfung standhalten. Hierzu genügen freilich unsere Abbildungen nicht, dazu bedürfte es der Bilder selber; aber
dieser Baum vor der Weite (Abb. 2), dieser Mond im Walswinkel (Abb. Z), dieses Rcichenbachtal (Tafel) oder die
Studie aus Ins (Farbdruck): sprechen sie nicht auch schon im Buchdruck ihre eindringliche Sprache? Sagen sie
nicht, daß hier das Thema der Landschaftsdarstellung, wie es im höchsten Sinne gestellt wurde, auch konsequent
wenigstens von allem Unreinen (d. h. nicht ins Thema Gehörigen) freigehaltcn wurde?
Und nur zum Schluß wenigstens die Anwendung einer so eingestellten Bewertung auf seine Darstellung
religiöser Sinnbilder anzudeuten: natürlich läßt sich an dieser Art, wie auf dein schönen Tröstungsbilde (Tafel)
etwa die Hand mit Farben hingestrichelt ist, je nach der Art handwerklicher Beurteilung allerlei bekritteln; man
könnte sich die Form dieser Hand entweder breiter gemalt oder fester umrissen vorstellen und es läßt sich begreifen,
daß eine fest im Malhandwerk stehende Begabung das ganze Bild sogar als dilettantisch anzusprechen geneigt ist:
aber besinnen wir uns nur wieder einen Augenblick, daß die Malerei eine Sprache der Anschauung ist und daß
dieser Anschauung alle Mittel des Handwerks dienend angepaßt werden müssen, so finden wir doch vielleicht den
Weg, auch hier das Mittel aus der Anschauung zu begreifen und thematische Konsequenz zu finden, wo im ersten
Anblick daS Gegenteil vorhanden zu sein schien.
Selbst über die schlafwandlerische Sicherheit, mit der Steinhaufen seine Kompositionen meist durchaus in
Übereinstimmung mit dem einzustellen weiß, was soeben die Jüngsten als neue Weisheit aus den ewigen Gesetzen
der Kunst lernen, ließe sich Überraschendes sagen, wenn das Thema dieser Betrachtung keine Beschränkung verlangte;
es galt dem Religiösen seiner Kunst und dessen Einstellung in den Kulturwillen unserer Zeit: Ob auch da die
Gebundenheit seiner Anschauung im evangelischen Bekenntnis am Ende nicht doch ins Allgemeine weist? Cbristus
als Offenbarung Gottes in der Menschheit ist die Grundlage des christlichen Bekenntnisses; aber ist er nicht auch
ein Sinnbild der Religion? Alles Vergängliche ist nur ein Gleichnis, sagt Goethe als seiner Weisheit Schluß: soll
daS nicht heißen, daß eben im Gleichnis das Unzulängliche Ereignis wird? Am Ende steht bier die tiefste Frage,
die uns der Meister Wilhelm Steinhaufen stellte. W. Schäfer.
 
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