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Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Hrsg.]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 26.1916

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Heft 5
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Schäfer, Wilhelm: Josef Eberz
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https://doi.org/10.11588/diglit.26490#0157

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Iosi>f Eberz.

Wandbild in der Gymnasialkirche zu Ebingen.

Josef Eberz.
H ^nter den jetzigen und ehemaligen Schülern Adolf Hoelzels ist Josef Eberz der beste Beweis für die Vortreff-
lichkeit seiner Lehre, und zwar gerade darin, wie er dem Meister wieder entwachsen ist. Als er zu ihm kam,
war er eine Begabung wie andere; als er von ihm ging, trug er das Rüstzeug der Komposition mit sich
wie wenige, und irgendwie war in seiner Seele die Anwartschaft aufgeblüht, vielleicht kein Großer, aber sicher ein
Einziger zu werden, also von sich auö in der Masse malender Genossen ein Künstler zu sein. Und gerade das
widerlegte er, daß aus einer so intensiven Schulung, wie sie Hoelzel mitgibt, nur wieder ein Experimentator wie
der Meister oder ein Virtuose kommen könne; denn zum Experimentator fehlt ihm — um das vorweg und
deutlich zu sagen — die grübelnde Intelligenz, und zum Virtuosen macht ihn gerade das unfähig, was sein Vorzug
als Künstler ist: die weiche, vielleicht allzuweiche, aber darum sehnsüchtig suchende und in ihren unbehilflichsten
Stunden süß klagende Seele.
Es fehlt uns ja nicht an jungen Leuten, die mit der Kühnheit eines genialischen Selbstbewußtseins ans Werk
gehen; aber auch nicht an Erfahrungen, daß Wollen und Können als Rosse am Wagen verkoppelt sind, und daß
erst, wenn die Schritt zu halten gelernt haben, eine gute Fahrt möglich ist. An Wollen werden sich Josef Eberz
gewiß manche unter den Jüngeren überlegen fühlen, und einige auch an Können: im Maßhalten, im Ausgleich der
Aügellenkung aber steht er mit einer erfreulichen Sicherheit unter ihnen; und wenn der Goethesche Spruch noch
Geltung haben sollte — was immerhin nicht ganz bezweifelt werden darf — daß in der Beschränkung sich der
Meister zeige, so hat er Aussichten, einmal als ein solcher dazustehen. Wessen er bedarf, das ist einzig dies, daß seine
Seele nicht müde wird. Und dies, um auch das vorweg zu sagen, scheint allerdings seine Gefahr; er ist kein
loderndes Feuer — aber auch kein Schall und Rauch — er ist eine stille Flamme, deren Teil es sein wird, den
Umkreis ihrer Begabung innig zu durchleuchten.
Wer nun aber meinen wollte, dies solle die Zurückweisung des Künstlers in den Bereich der bürgerlichen
Idylle bedeuten, der möge etwa der „Ekstase" (Vollbild) einen prüfenden Blick schenken. Freilich, auch dieses Bild
ist von der Ekstase Grünewalds noch so weit entfernt wie von der Herbheit Dürers; aber immerhin, an der gegen-
wärtigen Produktion gemessen, steht es doch deutlich von dem Landläufigen in den Bereich der reinen Kunst ab-
gerückt, darin jene Könige sind. Weil es offensichtlich mehr ist, als gut bemalte Leinwand, weil darin das
deutlich wird, was auch die Malerei erst aus einem Handwerk wie andere zur Kunst macht: nämlich Geist. Weil
eine geistige Auffassung darin sichtbar wird, die sich letzten Grundes doch mehr auf den tastenden Instinkt der
Seele verläßt, als auf die vermeintliche Sicherheit des Rezepts, darum ist es eine künstlerische Erscheinung, obwohl
eben dieses Rezept dem Auge des Kenners noch die Eierschalen der eben ausgeschlüpften Selbständigkeit zeigt.

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