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Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Hrsg.]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 26.1916

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Heft 7/8
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Klein, Rudolf: Die Kunst der Unterhaltung und des Lebens
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Isemann, Bernd: Sechs Gedichte
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Manskopf, Johannes: Mantegna
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https://doi.org/10.11588/diglit.26490#0292

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Die Kunst der Unterhaltung und deS Lesens.

Mythe und das Märchen: und dann das einzige und
wirkliche Buch des Alters, das auf der Grenzscheide
zweier Zeitalter der Menschheit wuchs und in dem sich
der Prozeß verdichtete, in dem wir immer wieder mit-
erleben, wie ihr der zweite Pol wurde, nachdem sie bis
dahin nur um einen kreiste: die Bibel. f628^
Rudolf Klein Diepold.

echs Gedichte von Bernd Jsemann.
Im Gebirg.


Über mich ein Schatten weht
und verlöscht das Tal.
Bis die Wolke weitergeht,
steht die Wiese fahl.
Alle Farben sind verglommen,
und sie beugt ein rauher Wind.
Wird die Sonne wiederkommen,
eh sie ganz erloschen sind?

All die flatternden Gespielen
holder Blumen sind davon,
von den tausendstimmig vielen
Lauten jener eine Ton.
Doch schon seh ich, hoch im Bogen
wie die weiße Wolke zieht,
und der Jubel kommt geflogen,
schneller als der Schatten flieht.

Kaum daß nun ihr Schein verweilt
und die Hand erwärmt,
ist das Blütenmeer geheilt,
und die Aue schwärmt.
Und gelöst von allen Banden,
wie von je viel tausendmal,
auch mein Herz ist neu erstanden,
und die Sonne wiegt das Tal.

Morgentraum.
Es war ein Vöglein aufgewacht
zwischen Morgenfrühe und Nacht,
es war im Mai.
Und das Lied war sanft und trunken und schwach,
doch mein Traum wurde wach
mit einem Schrei.

Was hab ich geträumt,
daß mein Herz wie von Sinnen schäumt?
Draußen ist Mai.
Doch uns ist beiden wild todesbang
von Liebe, und nur süßer Gesang
macht uns frei.

Liebesglück.
Schlanke Gerten, schwanke Zweige
bogen wir zu einem Dach.
Rings die Grillen spielen Geige,
und wir liegen still und wach.

Doch vom Ufer aus den Weiden
tönt Gesang von einem Kind.
In den Blättern über uns beiden
geht ein leiser Wind.
Und der Liebe heiße Stunden
wollen eng beisammen sein.
Was sich liebt, hat sich gefunden,
nur die Wolke zieht allein.
Gipfelluft.
Goldene Stille, köstliche Würze
haucht mir des Gipfels schwindelndes Mal.
Fern auf des Flachlands farbiger Schürze
weiden die Wolkenschatten im Tal.
Ferner dort, blitzend im Staube
menschlicher Dämmrung vielleicht ein Kreuz.
Reiner quillt hier ein Glaube
innerlichen Geläuts.
Thymian-Lieder.
I.
Wär ich ein Gott, ich gäbe frommer Sage
bildschönen Quell. Als einst ein böses Wort
von seinen Lippen fiel, riß sie am Ort
ein Hälmchen Grün hervor, daß ihre Klage
nicht zu ihm dräng, und ihre Zähne bissen
in Gift der Nebenbuhlerin. — So ward ein Mord
an Lieb und Unschuld wie noch nie verbrochen. —
Der Gott auf ihrem Leichnam hingerissen,
verwandelte des letzten Atems Duft
in eine Blüte. Sie erquickt die Luft,
und webt für seine Füße weichste Kissen.
II.
Auf Thymian tritt mein Fuß
und will ihn nicht zertreten.
So zögert ungebeten
vor deiner Schwelle mein Gruß. —

Es ist ein holdes Glück
um verzauderte Güte.
Da hebt sich mein Fuß zurück
von der geliebten Blüte.

HV>antegna.
Von Johannes Manskopf.
Mantegna ist ein großer Bahnbrecher gewesen. Wie
die starke, von leidenschaftlichem Ernst erfüllte Kunst
Giottos und Donatellos auf ihn gewirkt hat, so hat er
selbst nicht nur der norditalienischen, sondern der ge-
samten italienischen Kunst wichtige Anregungen gegeben
und hat durch Dürers Vermittlung auch für die deutsche
Kunst Bedeutung gewonnen. — Aber nicht von dem
Formenkünstler Mantegna allein soll hier die Rede sein,
sondern von dem Innerlichsten seiner Kunst, das in
einer eigentümlich herben Sprache nach Ausdruck ringt

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