Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Hrsg.]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 26.1916

DOI Heft:
Heft 9
DOI Artikel:
Schaller, Hans Otto: Franz Gref
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.26490#0299

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext

Franz Gref.

Entwurf für einen Kinderzimmersries.

Franz Gref.
20. Jahrgang der von Julius Hoffmann verlegten „Dekorativen Vorbilder" sind auf zwei Farbentafeln
M einige kleine Kompositionen veröffentlicht, durch die Franz Gref einem weiteren Kreise zuerst (1907) bekannt
geworden ist. Diese sehr reizvollen Bildchen mögen den Anlaß gegeben haben zu der entschiedenen Förderung,
die Theodor Fischer in seiner Stuttgarter Zett dem Künstler hat zuteil werden lassen. Gref hatte ganz ähnliche Motive
schon 1902 formuliert (Entwürfe für einen Kinderzimmerfries; s. Abbildung). Man denkt unwillkürlich an den alten
Schwaben Georg Konrad Weitbrecht, in dessen Kunst und Leben ein gleich inniges Verhältnis zur Kinderwelt und
die gleiche Zeichenfreude eine ähnlich starke Rolle gespielt hat. Auch die O.ual der Lehrjahre war bei Gref nicht geringer
als bei Weitbrecht. Gref hat von 1888 bis 1891 die Karlsruher Kunstgewerbeschule besucht, ohne bis zur Kunst vor-
dringen zu können; er war dann, ehe er seine Militärjahre abdiente, als Gewerbler in einer lithographischen Anstalt
tätig. Unter den Fejseln der Dienstzeit litt der sensible Mensch so sehr, daß ihm das erste freie Jahr, dem wieder Lttho-
graphenarbeit folgte, unter den Fingern zerrann. Im Sommer 1898 zog er nach München, wo er, wenn das mübsam
verdiente Geld im freien Studium verbraucht war, immer wieder in seinem Fach arbeiten mußte. Christian Landen-
berger, den er kennen lernte, nahm den sinnverwandten Schwaben mit an den Ammersee; von diesem Zeitpunkt an
datiert Grefs Laufbahn als Künstler; damals sind seine ersten Landschaftszeichnungen entstanden, die Begabung
beweisen. Landenberger hat in jenen Jahren als frischer lebendiger Zeichner bekanntlich ganz besonders Gutes
geleistet. Gref hätte kaum ein besseres Vorbild finden können. Im rauhen Wechsel von Brotarbeit und Kunstsehnsucht
vergingen abermals drei Jahre. Schmid-Reutte, den Gref durch Landenberger hatte kennen lernen, zog ihn nach
Karlsruhe an die Akademie und förderte dort in famoser Weise seinen Weg; ebenso der Tiermaler Weishaupt, der ihn,
im Vertrauen auf seine Eigenart, machen ließ, was er wollte. Als er dann Kalckreuths wegen 1904 nach Stuttgart
übersiedelte, verließ dieser gerade die Stadt, und wieder vergingen lange Jahre unter großen Entbehrungen und
nicht minder schweren geistigen Leiden, bis ihn endlich das Mäzenatentum Fischers aus den Banden seines verspäteten
akademischen Studiums endgültig erlöste. Beinahe 35 Jahre alt mußte er werden, bis diese Befreiung kam. Kurz
vorher hat er, eine nicht minder erfreuliche und lebenswichtige Entscheidung, seine feinsinnige und künstlerisch begabte
Frau heiraten dürfen.
Nun, da Gref dem Kreis um Fischer angehörte, mußte er notwendig auch mit der Schule Hoelzels sich ausein-
andersetzen. Es läßt sich denken, daß den naiven Künstler die Abstraktionen und Theorien, über die er nun unendlich viel
verhandeln hörte, eher verwirrt als gefördert haben; Hoelzels wortführende Schüler mögen ihrerseits über jene
dekorativen Vorbilder, mit denen Gref sich eingeführt hatte, nicht gerade freundlich geurteilt haben. Es lag so nahe,
diese zweifellos im Detail noch ängstlich und klein gezeichneten Blätter als Lyrik, als kinderliebe Produkte einer
Ludwig-Richter-Natur (was übrigens auch schon allerlei bedeuten würde) mit ironischem Achselzucken zu erledigen,
und all die vielen wurzelechten Keime zu übersehen, die in diesen zarten Sächelchen steckten. Aus ihrer glücklichen Er-
findung und reizvollen Komposition ging zum mindesten klar hervor, daß hier endlich mal wieder ein geborener
Graphiker zu Worte kam, ein Illustrator im besten und schönsten Sinne, dem die Einfalle frei und leicht zuströmten ,
und dessen Formensprache von vornherein selbständig und persönlich war. Die Aufgabe selbst war eine kunstgewerb-
liche gewesen. Gref hat damals schon versucht, auch auf Majoliken derartige Bildchen zu malen. Es war eine überaus
glückliche Idee Theodor Fischers, als er Gref 1912 beauftragte, die Verzierung der mit dunkelbraunen Tonkacheln
umhüllten Pfeiler im großen Saal des Stuttgarter Sieglehauses zu übernehmen. Gref hat da eine Fülle von Fliesen
in lockerer, freier Technik mit immer neuen, in drei Farben frisch und natürlich hingesetzten Figurenbildchen (s. Abb.)
selbst bemalt und so ein kleines kunstgewerbliches Meisterwerk geschaffen, auf das er und das Sieglehaus ganz besonders
stolz sein dürfen. Im Jahre 1907 hat Gref auch mit der Veröffentlichung von Lithographien begonnen, die eine rajche
Entwicklung zeigen zu einer freieren, größeren Form (vgl. die Vollbilder „Engelswiese", sein erstes Blatt und die
/x

285

l
 
Annotationen