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Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Hrsg.]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 26.1916

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Nr. 12
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Delpy, Egbert: Künstlerischer Eisenguss vor hundert Jahren
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https://doi.org/10.11588/diglit.26490#0405

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Künstlerischer Eisenguß
vor hundert Jahren.

alten Eisen" lag, einem auf-

tauchen auf und künden den

Deutsche Eisengußplastik vor hundert
Jahren (Berliner Straßentype)

Deutsche Eisengußplastik vor hundert
Jahren (Berliner Straßentype).

nissen jener Zeit, dem
merksamen Studium weicht. Denn wirklich, nur können
sehr, sehr viel lernen von diesen alten Technikern des

EHE ls wir vor drei Jahren die Jahr-
Hundertfeier des großen Freiheits-
arv- kampfes gegen den Korsen begingen,
da ahnten wir nicht, daß wir in allerkürzester
Frist durch den Wirbelsturm eines beispiel-
losen Weltgewitters in Verhältnisse versetzt
werden würden, die denen vor hundert
Jahren aufs eigenartigste verwandt sind!
Altvertraute Vorgänge wiederholen sich.
Wieder legen wir unsere Kostbarkeiten auf
den Altar des Vaterlandes nieder, tragen
unser Kupfer, unser Gold hin zu den öffent-
lichen Sammelstellen, opfern ererbten, lange
gehüteten Zierat, Kunstbesitz, Schmuck, und
erhalten den berühmten, geschichtlich ge-
weihten Ersatz dafür. „Gold gab ich für
Eisen!" — Und wie vor hundert Jahren
beginnt auch heute wieder der fürchterliche
Beherrscher der entflammten Welt: Eisen,
seinen Triumphzug durch das innere Deutsch-
land und sucht Ersatz zu leisten für das
Heer der edleren Verwandten: Kupfer,
Nickel, Gold, Bronze, die in den Kriegs-
schatzkammern des Reichs verschwunden sind. Eisernes
Geld, eiserne Plaketten u. Medaillen, Ketten und Ringe,
Statuetten und Büsten

Vormarsch des Eisens auf
künstlerischem Gebiete
an, ganz wie damals.
Wie damals? Wirk-
lich? Wer die Qualität
der Leistungen unserer
heutigen Eisenkunst ver-
gleicht mit dcm, was die
damalige Zeit geschaffen,
der muß leider bekennen:
Nein, was wir bisher
darin zu bieten haben,
das hält wirklich keinen
Vergleich aus mit den
Kabinettstücken des künst-
lerischen Eisengusses vor
hundert Jahren! Einst-
weilen stehen wir noch
weit zurück hinter der
absoluten Höhe tech-
nischer Vollendung und
Meisterschaft, die der
deutsche Eisenguß zur
Zeit der Freiheitskriege
in verblüffend kurzen!
und siegreichem Anlauf
erklomm. Es ist ein Ge-
bot der Stunde, daß der
Bann der Vergessenheit,
ja der Verachtung, der
durch lange, lange Jahr-
zehnte auf den Erzeug-


Grablegung.

Eisengusses. Leider ist
uns ja nicht allzuviel er-
halten geblieben, weder
von ihren Arbeiten noch
von ihren Gußrezepten.
Seit das ausgehende
Biedermeier sich mit
Verachtung vom Eisen-
guß abwendete und die
Kunstgüsse unbarmher-
zig einschmolz oder in die
Rumpelkammer wies,
haben wir den Zusam-
menhang mit der groß-
artigen alten Technik so
gründlich verloren, daß
selbst unsere Museums-
direktoren von dem
Dasein und den Lei-
stungen dieses Kunst-
zweigs kaum noch eine
rechte Vorstellung hat-
ten. Heute stehen die
spärlichen Eingeweihten,
die durch die Jahr-
hundertausstellungen im
Jahre 1913 zuerst wieder-
auf diese vergessene deut-
sche Kunstübung auf-
merksam wurden, vor
den Wunderwerken aus
zartestem Eisenfiligran-

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