Briefe Moritz von Schwinds an Ernst Förster.
Anmerkungen: 1. Schwind ist seiner Gewohnheit,
Eigennamen entstellt oder ungenau wieder zu geben, auch
hier treu geblieben. Die Insel Andros des Goetheschen
Programms muß sich eine Umwandlung in Naros ge-
fallen lassen, Dodona wird zu Dondona usw. Schon
Ernst Förster hat diese Ungenauigkeiten richtiggestellt.
2. Die beiden auf Schwinds freier Erfindung beruhenden
Figuren stellen demnach keine bestimmten Gottheiten
dar; sie sind allgemeine Versinnbildlichungen von Erde
und Meer. 3. Schwinds Gewährsmänner sind der ehe-
malige badische Minister Freiherr von Blittersdorf und
der badische Major von Krieg, Flügeladjutant des Groß-
herzogS.
(Datum des Poststempels
Frankfurt 23. Nov 1844)
Uni neuen
Akademie
Gebäude
1. 31 Fuß br. 15 h. Die Einweihung des Freiburger
Münsters (Architektur)
2. G/r Fuß b. ebenso hoch. Sabine von Steinbach, Erwins
Tochter (Bildhauerei)
3. ebenso. Baldung Grün (lebte in Freiburg u. Straßb.)
conterfeit Markgraf Christoph den reichen von Baden-
Hochberg (Malerei)
(Das Porträt befindet sich in der Carlsruher Gallerte.)
4. 13 Fuß breit. Die Architektur von Staat und
Kirche beschützt.
5. 7 Fuß breit. Die Mathematik den Plan des
Gebäudes in einer, den Zirkl in der andern
Hand. Ein Knabe füllt die Lampe Auf einer
Tafel die von Hübsch erfundene Kette zur Be-
rechnung der Gewölbe.
6. ebenso. Die Phantasie. Psyche den Adler mit
Blumen bekränzend, ergreift wie spielend den
Blitz.
7. ebenso. Der Friede. Weibliche Figur den Oehl-
baum pflanzend, mit der einen Hand einem
Knaben aus der Wiege helfend der die Industrie
vorstellt.
8. ebenso. Der Reichthum. Weibliche Figur auf
das Füllhorn gelehnt. Erde und Meer bringen
ihre Schätze.
Am Plafond 14 Geflügelte Knaben je zwei einen Kranz
tragend. Von L. Reich u. Geck al iresco ausgeführt.
Die 4 unteren Säle, wovon Du die Skizzen hast.
Im Sitzungssaal der ersten Kammer:
Die vier Stände Adel Städte Gelehrten und Bauernstand
neben dem Porträt des Großherzogs (grau in graues
Medallion bekränzt von 2 Knaben getragen (4 Fuß hoch
13 br. auf Goldgrund) stehende Figuren.
Weisheit, Gerechtigkeit, Klugheit u. Stärke Frömmigkeit
Friede Reichthum u. Treue, 8 Medallions 3 Fuß im
Durchmesser auf Goldgrund. Enkaustische Malerei.
In der Gallerie: Ritter Curts Vrautfahrt und die
Cartons zu dem 170 Fuß langen Fries im Habsburgs
SaalH. Das alles zusammen wäre doch kein Hundedr ...
mein ich.
Ob und wann das Gebäude eröffnet werden die
Zeitungen melden. Wahrscheinlich den 22ten.
Löwenthal erkundigte sich sehr angelegentlich um
Dich, er scheint Deinen Vorschlägen sehr geneigt. Ich
werde nachdem ich über Dich den möglichst guten Be-
scheid gegeben nun auch über ihn nähere Erkundigungen
einziehen.
Am 15. wurde mir eine Tochter geboren. Alles ist
Gott sei Dank wohl auf. Wie ist mit dem Herder Monu-
ment?
Empfiehl mich und lebe wohl
Dein hoffnungsvollster M Schwind
Es sind noch in Eberstein 4 sehr ausgeführte Engeln die
jeder 2 Wappen hält auf Goldgrund in Oehl. und an
der Trinkhalle 4 Knaben 3 Fuß hoch, Fries in gebranntem
Thon die 4 Jahreszeiten nach meinen Zeichnungen von
Fechtlg?) modellirt.
Anmerkungen: 1. Es sind die im Auftrage Julius
Schnorrs von Carolsfeld 1836 entstandenen Komposi-
tionen für den Kinderfries im Saale Rudolfs von
Habsburg in der kgl. Residenz in München. 2. Vermut-
lich ist der Name nach Schwindscher Gewohnheit un-
richtig wiedergegeben. Einen Bildhauer Fechtig kennen
die Künstlerlerika nicht.
VI.
Frankfurt 2. Febr. 845.
Lieber Freund Förster!
Deinen Brief an L?) habe ich den Tag nach dessen
Empfang abgegeben. So oft ich ihn seitdem sprach und
um den Stand der Dinge befragte, wartete er immer
auf Antwort von Dir und sprach von einem Geschäfte
(Unternehmung) die ihn gewaltig in Anspruch nehme
so daß vor Ostern das neue nicht würde zu Stande
kommen können. Gestern (vorgestern kam Dein Brief)
sagte ich ihm, was Du mir geschrieben, und erhielt
zur Antwort, Du würdest ein Paar Tage nach dem
meinigen einen Brief von ihm bekommen.
Wollte Gott ihr kämt mit einander überein. Denn
das Kunstblatt führt sich übel auf. Monumentsenthül-
lungen etc. werden immer erst angezeigt wenn man
schon ein Paar Monate lang nicht mehr davon spricht,
da es doch zuerst das Maul aufmachen sollte. Für eine
Erwähnung meiner bin ich sehr dankbar. In einer
Sackgasse wie Carlsruh dürfte man Wunderwerke ge-
macht haben, es wäre umsonst, denn niemand weiß
was davon.
Im Herbst will ich nach London und Paris, da wäre
es gut im Conv. Ler. zu stehen.
Der Sängerkrieg?) ist auf der Leinwand und diese
Woche fange ich an zu malen. Möchten mir alle Musen
und Grazien beistehen! Die tanzenden Elfen?) sind an
das Institut abgegeben, aber noch nicht aufgestellt.
Von NiembschH lauten die Nachrichten mehr ver-
tröstend als tröstlich. Ausdrücklich schreibt aber Zeller
(der Vorsteher der Heilanstalt) die Hoffnung auf gänz-
212
Anmerkungen: 1. Schwind ist seiner Gewohnheit,
Eigennamen entstellt oder ungenau wieder zu geben, auch
hier treu geblieben. Die Insel Andros des Goetheschen
Programms muß sich eine Umwandlung in Naros ge-
fallen lassen, Dodona wird zu Dondona usw. Schon
Ernst Förster hat diese Ungenauigkeiten richtiggestellt.
2. Die beiden auf Schwinds freier Erfindung beruhenden
Figuren stellen demnach keine bestimmten Gottheiten
dar; sie sind allgemeine Versinnbildlichungen von Erde
und Meer. 3. Schwinds Gewährsmänner sind der ehe-
malige badische Minister Freiherr von Blittersdorf und
der badische Major von Krieg, Flügeladjutant des Groß-
herzogS.
(Datum des Poststempels
Frankfurt 23. Nov 1844)
Uni neuen
Akademie
Gebäude
1. 31 Fuß br. 15 h. Die Einweihung des Freiburger
Münsters (Architektur)
2. G/r Fuß b. ebenso hoch. Sabine von Steinbach, Erwins
Tochter (Bildhauerei)
3. ebenso. Baldung Grün (lebte in Freiburg u. Straßb.)
conterfeit Markgraf Christoph den reichen von Baden-
Hochberg (Malerei)
(Das Porträt befindet sich in der Carlsruher Gallerte.)
4. 13 Fuß breit. Die Architektur von Staat und
Kirche beschützt.
5. 7 Fuß breit. Die Mathematik den Plan des
Gebäudes in einer, den Zirkl in der andern
Hand. Ein Knabe füllt die Lampe Auf einer
Tafel die von Hübsch erfundene Kette zur Be-
rechnung der Gewölbe.
6. ebenso. Die Phantasie. Psyche den Adler mit
Blumen bekränzend, ergreift wie spielend den
Blitz.
7. ebenso. Der Friede. Weibliche Figur den Oehl-
baum pflanzend, mit der einen Hand einem
Knaben aus der Wiege helfend der die Industrie
vorstellt.
8. ebenso. Der Reichthum. Weibliche Figur auf
das Füllhorn gelehnt. Erde und Meer bringen
ihre Schätze.
Am Plafond 14 Geflügelte Knaben je zwei einen Kranz
tragend. Von L. Reich u. Geck al iresco ausgeführt.
Die 4 unteren Säle, wovon Du die Skizzen hast.
Im Sitzungssaal der ersten Kammer:
Die vier Stände Adel Städte Gelehrten und Bauernstand
neben dem Porträt des Großherzogs (grau in graues
Medallion bekränzt von 2 Knaben getragen (4 Fuß hoch
13 br. auf Goldgrund) stehende Figuren.
Weisheit, Gerechtigkeit, Klugheit u. Stärke Frömmigkeit
Friede Reichthum u. Treue, 8 Medallions 3 Fuß im
Durchmesser auf Goldgrund. Enkaustische Malerei.
In der Gallerie: Ritter Curts Vrautfahrt und die
Cartons zu dem 170 Fuß langen Fries im Habsburgs
SaalH. Das alles zusammen wäre doch kein Hundedr ...
mein ich.
Ob und wann das Gebäude eröffnet werden die
Zeitungen melden. Wahrscheinlich den 22ten.
Löwenthal erkundigte sich sehr angelegentlich um
Dich, er scheint Deinen Vorschlägen sehr geneigt. Ich
werde nachdem ich über Dich den möglichst guten Be-
scheid gegeben nun auch über ihn nähere Erkundigungen
einziehen.
Am 15. wurde mir eine Tochter geboren. Alles ist
Gott sei Dank wohl auf. Wie ist mit dem Herder Monu-
ment?
Empfiehl mich und lebe wohl
Dein hoffnungsvollster M Schwind
Es sind noch in Eberstein 4 sehr ausgeführte Engeln die
jeder 2 Wappen hält auf Goldgrund in Oehl. und an
der Trinkhalle 4 Knaben 3 Fuß hoch, Fries in gebranntem
Thon die 4 Jahreszeiten nach meinen Zeichnungen von
Fechtlg?) modellirt.
Anmerkungen: 1. Es sind die im Auftrage Julius
Schnorrs von Carolsfeld 1836 entstandenen Komposi-
tionen für den Kinderfries im Saale Rudolfs von
Habsburg in der kgl. Residenz in München. 2. Vermut-
lich ist der Name nach Schwindscher Gewohnheit un-
richtig wiedergegeben. Einen Bildhauer Fechtig kennen
die Künstlerlerika nicht.
VI.
Frankfurt 2. Febr. 845.
Lieber Freund Förster!
Deinen Brief an L?) habe ich den Tag nach dessen
Empfang abgegeben. So oft ich ihn seitdem sprach und
um den Stand der Dinge befragte, wartete er immer
auf Antwort von Dir und sprach von einem Geschäfte
(Unternehmung) die ihn gewaltig in Anspruch nehme
so daß vor Ostern das neue nicht würde zu Stande
kommen können. Gestern (vorgestern kam Dein Brief)
sagte ich ihm, was Du mir geschrieben, und erhielt
zur Antwort, Du würdest ein Paar Tage nach dem
meinigen einen Brief von ihm bekommen.
Wollte Gott ihr kämt mit einander überein. Denn
das Kunstblatt führt sich übel auf. Monumentsenthül-
lungen etc. werden immer erst angezeigt wenn man
schon ein Paar Monate lang nicht mehr davon spricht,
da es doch zuerst das Maul aufmachen sollte. Für eine
Erwähnung meiner bin ich sehr dankbar. In einer
Sackgasse wie Carlsruh dürfte man Wunderwerke ge-
macht haben, es wäre umsonst, denn niemand weiß
was davon.
Im Herbst will ich nach London und Paris, da wäre
es gut im Conv. Ler. zu stehen.
Der Sängerkrieg?) ist auf der Leinwand und diese
Woche fange ich an zu malen. Möchten mir alle Musen
und Grazien beistehen! Die tanzenden Elfen?) sind an
das Institut abgegeben, aber noch nicht aufgestellt.
Von NiembschH lauten die Nachrichten mehr ver-
tröstend als tröstlich. Ausdrücklich schreibt aber Zeller
(der Vorsteher der Heilanstalt) die Hoffnung auf gänz-
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