Bernhard Hoetger.
Bildnis der Frau Stadtdirektor Tramm (Bronze).
den Bildnissen, bei aller persönlichen Bestimmtheit und
aller Feinfühligkeit für die besondere seelische Beschaffen-
heit des Modells, eine stärkere Wendung zum Allgemein-
gültigen bemerkbar.
In beiden Fällen vollzieht sich das aber, ohne daß
der starken Belebtheit, der überzeugenden Funktionalität
der körperlichen Form irgendwie Eintrag geschähe. Die
großen Köpfe mit ihrer scheinbar so sparsamen Modellie-
rung sind nur weniger lebhaft, nicht weniger lebendig als
die früheren. Überall ist die Form straff, selbst an dem
breiten, fleischigen Berner Athletenkörper, überall ist sie
gefüllt, niemals leer, selbst bei den großflächigen Bronze-
köpfen nicht. Dazu kommt, daß für Hoetger von allem
Anfänge an Seele und Körper aus derselben Wurzel
steigen. Schon von den Torsen trägt der Elberfelder auf
der schwellenden knospenhaften Festigkeit seines Leibes
einen Kopf von der unbewußt zurückhaltenden Herbig-
keit der noch Unerschlossenen, der Darmstädter zu seiner
blühenden Schlankheit ein Antlitz von wissendem, ver-
tiefterem Ausdruck. Und auch die Steinfiguren wie der
Abend haben ihre ganz bestimmte, mit der körper-
lichen Bildung übereinstimmende Physiognomie. Nur
wo an einer Reihe gleichmäßig bewegter Gestalten
immer wiederkehrende und gleichbleibende Erlebnisse all-
gemeinster Art dargestellt werden, wie auf den Reliefs
des Darmstädter Platanenhains, ist auf die Abwandlung
in den einzelnen Köpfen verzichtet worden. Hier soll
das Gemeinsame, das urtümlich Ungebrochene, unge-
hemmt sprechen, und es mag deshalb sein, daß der
Künstler als Typus die Form noch unentwickelter Völker-
schaften wählte. Wo man sonst noch fremden, etwa
asiatischen Einfluß zu sehen meint, wie am Manne des
Berner Volkshauses und an einigen Bildnissen, ist die
besondere Bildung vielleicht mehr auf zufällige ana-
tomische Eigenheiten des Modelles, vielleicht auch des
Künstlers selbst zurückzuführen, wie denn jeder Schöpfer
gern nach seinem Ebenbilde schafft.
Daß es sich hierbei nicht um absichtliche Wunderlich-
keiten handelt, lehrt die Erfahrung, daß diese Anklänge
an die Bildung fremder Völker schnell und völlig wieder
geschwunden sind, wo sie nicht erforderlich waren. Das
jüngste der Werke Hoetgers, der Kopf eines Jünglings,
der als Werkstudie entstand, hat nichts mehr davon. Und
gerade dieses Stück zeigt den Künstler auf besonderer Höhe.
In ihm ist nun zugleich mit einer Fülle der Einzelheiten,
wie sie die Frühwerke aufweisen, die zusammenfassende
24-