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Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Hrsg.]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 26.1916

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Heft 9
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Schaller, Hans Otto: Franz Gref
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https://doi.org/10.11588/diglit.26490#0301

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Franz Gref.

Kinderzeichnungen.

Hilfskonstruktion stützen müssen. Auch diese ist bei Gress knapp umrahmtem und vor einen neutralen Hintergrund
gestellten! Figurenbild ganz vortrefflich; ein diskreter Landschaftsfernblick, klein genug, um nicht zu stören, erhöht der
Halbfiguren feierliche Wirkung. Bezweifelt kann werden, ob das zeichnerische Gerüst, in der mosaizierenden Technik
der Faltengebung z. B., stellenweise nicht schon etwas zu stark hervortritt. Denn entscheidend und hinreißend ist letzten
Endes doch immer nur die lebendige Form, wie sie in Grefs strabelndem Taufkind (unendlich reizvoll sein Gegensatz
zu der nachdenkend feierlichen Haltung der drei Figuren) so bezwingend zum Ausdruck kommt. Wenn nun noch gesagt
wird, daß Grefs Bild an Hellen Tagen, obwohl im Halbdunkel der Nische versteckt, bis in die letzten Ecken des Raumes
durch klare Fernwirkung seine voll verständliche Erscheinung nicht verliert; zum zweiten, daß es eine schreckliche Vor-
stellung wäre, wenn es um eine aufgeklebte Leinwand statt um ein wahrhaftiges Wandbild sich handeln würde, so
dürften einige der wichtigsten Gesichtspunkte dieses Themas an einem schönen Beispiel besprochen sein.
Die Glasbilder, die Gref im gleichen Jahre (1908) für M. Elsässers Albkirche in Trailfingen geschaffen hat
(vgl. zur Tertabbildung die Abbildung eines Kartons im Christlichen Kunstblatt 1911), müssen unter denselben Gesichts-
punkten zu seinen besten Werken gerechnet werden. Gref weicht ab von dem ihm durch sein Talent vorgezeichneten
Weg, wenn er statt bildhaft-natürlichen Szenen (welch ein Vorzug, daß er sie so ganz unphotographisch, so rein künst-
lerisch zu fassen weiß) im Sinne gewisser Zeitströmungen mehr abstrakte, mehr ornamentale Kompositionen geben will.
Schon in seinem Teppichfenster für einen Betsaal in Kirchheini u. T. (1909) sind bezeichnenderweise nur die ein-
gestreuten Bildscheiben, die im Sinne der Trailfinger Fenster entstanden sind, unbedingt gelungen.
Neben Elsässer setzten sich aus dem Fischerkreis eine Zeitlang auch Brill und Retter lebhaft für den Künstler
ein. Hervorgehoben sei je ein großes Wandbild für Retters sympathischen Nealschulbau in Kirchheim (1909) und für
die alte, von Elsässer erneuerte Stadtkirche in Winnenden (1910); in beiden Fällen haben die Architekten den Platz
und das Format des Bildes ohne genügende Berücksichtigung teils der Raum-, teils der Beleuchtungsverhältnisse vor-
geschrieben; bei beiden Werken stört außerdem die starke Einbeziehung landschaftlicher Perspektiven und atmosphäri-
scher Stimmungen (in Winnenden besonders fehl am Platz). Bei der Bergpredigt für Neuneck (1909/10), die in kleinerem
Format gewiß noch viel schöner wäre, ist Gref dagegen gerade die Verbindung einer in ihrer naiven Glaubhaftigkeit
überaus ansprechenden Figurengruppe mit einer nicht weniger innig und religiös empfundenen, unmittelbar aus der
Umgebung geschöpften Landschaft relativ gut gelungen. Dies ist Heimatkunst im guten Sinne des Wortes. Daß bei
einem so vielfigurigen Bild (Abbildung in der Stuttgarter Kunst der Gegenwart) die illustrative Seite jeder Wand-
kunst in den Vordergrund gerückt wird, daß ein solches Bild, je größer sein Format, in Form und Farbe desto schwerer
zu lösen ist, liegt auf der Hand.
Aber mit abstrakten Kompositionsprinzipien allein werden diese Probleme nie gelöst, höchstens umgangen.
Gref hat das immer gespürt; er ist auf das Gerede von den zuchtlosen Naturabschriften der Impressionisten nie herein-
gefallen; er wußte zu genau, daß jede Kunst, auch die unmittelbar vor der Natur entstandene, nur gut ist, wenn sie eine
Übersetzung und Neuschöpfung bedeutet, wie anderseits eine freigestaltete Darstellung nur durch ihre naturhaft-

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