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Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Hrsg.]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 26.1916

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Heft 9
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Schaller, Hans Otto: Franz Gref
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https://doi.org/10.11588/diglit.26490#0302

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Franz Gref.

sinnliche Bereicherung zum Kunstwerk wird. Er hat deshalb nie aufgehört, sich als Maler mit der Natur auseinander-
zusetzen, sei es in Stilleben oder in Bildnissen (vgl. Stuttgarter Kunst der Gegenwart, S. 173) oder in Landschaften
(vgl. Farbentafel: der Biedenkopf bei Marburg, 1914; besonders schön sind Grefs flüssige kleine Stimmungsstudien;
als tüchtige frühe Arbeit sei eine Herbstzeitlosenwiese von 1900 hervorgehoben). Manchmal ist seine Malerei in der Form:
freilich recht wollig und im Strich schwerfällig; auch mag ihre Qualität öfter gelitten haben durch den bitteren Zwang
zur Arbeit und durch den Druck der Not, welche die volle Hingabe auch des Gefühls erschwert. Aber eine Reihe bester
Arbeiten Grefs hat durchaus den Reiz der unbedingt starken Empfindung, der unbedingt künstlerischen Absicht sowie

der unbedingt selbständigen, lieber verquälten als irgendwoher übernommenen Form.

Den schönsten Eindruck von

Grefs Begabung wird man
vor der Fülle malerisch
flüssiger Zeichnungen erhal-
ten, in denen er ganz frei
sich ausspricht und unermüd-
lich die Grundlagen erwei-
tert und ausbaut, ohne die
seine Figurenbilder nie hat-
ten entstehen können (siche
Abb. 3; Kinderzeichnungen).
Ein inhaltlich volkstüm-
liches, illustrativ natürliches,
aber symmetrisch angelegtes
und reliefmäßig geordnetes
Portalbild für Elsässers Tü-
binger Realschule beweist,
daß bei überlegter Platz-
und Formatwahl Grefs im


Detail oft zu weitgehende
Kunstweise sogar für Außen-
architekturen in Betracht
kommen kann. Dagegen ist
Gref bei denWandmalereien
für die Stuttgarter Markt-
halle, seiner letzten großen
Arbeit (1913/14), durch ei-
nen prinzipiell verfehlten
Auftrag nochmals bedenklich
auf die Fehlhalde geraten;
solche riesengroßen Formate
malerisch zu lösen, war un-
möglich; er versuchte, sich
durch Betonung des wohl-
überlegten linearen Auf-
baues zu helfen (seine Mo-
dellstudien und Kartons

sind reizvoll), geriet aber dadurch eher noch mehr in Konflikt mit der Architektur. Dazu kamen die Schwierig-
keiten der echten Freskotechnik, deren Anwendung unbedingt erforderlich war, sollte das Schicksal von Brühlmanns

Bilde an der Erlöserkirche vermieden werden. Auch auf diesem Gebiet war ihm der gleichfalls beauftragte Schwabe
Nida Rümelin an unproblematischer Geschicklichkeit weit überlegen. Rümelin, der mit seinen handfest bingehauenen
Illustrationen lustige Wirkungen in einem Münchncrischen Sinne erzielte, wirkt auch durch seine flotte, den Fresko-
malern des 18. Jahrhunderts mit bemerkenswertem Verstände abgelauschte Technik wandmäßiger als Gref, ohne daß
seine Bemalung doch irgendwie für die architektonische Wirkung unentbehrlich wäre.
Eine mit dem Gedankenkreis der Markthallenbilder verwandte kleinformatige Farbskizze Grefs („Die Arbeit",
1913, Vollbild) ist ein schöner Beweis, daß des Künstlers Bewußtsein für die in seinem Taufbild von 1908 enthaltenen
Möglichkeiten trotz aller Hemmungen nur gewachsen ist. Hier ist der illustrative Einschlag in hohem Grad überwunden;
der vor der Natur empfangene Vorwurf ist als geläuterte Vorstellung neu geboren; die flächige Einheit ist ebenso wohl-
tuend wie die lichte, zarte Frankreichs (saftige Wiesen,

und ganz geschlossene Far-
bigkeit.
Jetzt ist Gref, der mit
dem ältesten Jahrgang des
Landsturms in der Etappe
war, der 15 Monate lang
in Feindesland hat Wachen
schieben müssen, in die Hei-
mat entlassen. Die trotz der
Ruinen unendlich schöne
Landschaft des nördlichen


Weidenbäume, Kühe, ein
brückenüberspanntes Tal)
hat er in Zeichnungen voll
friedlicher Schönheit festge-
halten. Man freut sich, den
Künstler jetzt geborgen zu
wissen. Die Heimat hat
keinen Überfluß an solchen
Kräften. f655jj
Hans Otto Schaller.

Franz Gref.

Tonfliesen für das Stuttgarter Sieglehans.
 
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