Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 11.1911/​1912

DOI Heft:
Heft 13.
DOI Artikel:
Redaktioneller Teil
DOI Artikel:
Der fünfte Stock: II
DOI Artikel:
Der Wahlmodus im Ortsverein Berlin
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.52948#0181

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Heft 13.

Die Werkstatt der Kunst.

gestattet. Diese Tatsache möge zunächst den Grund dafür
abgeben, daß Lw. Exzellenz wenigstens einstweilen den-
jenigen Künstlern, die solche Ateliers in Benutzung haben,
die Erlaubnis erteilen, sie weiter als Arbeitsraum zu ver-
wenden.
Die Künstler sind der einzige Stand, der besondere und
ganz bestimmte Lichtbedingungen für seine Arbeit gebraucht.
Das Atelier des Malers muß Nordlicht haben, und es darf
das Licht nicht durch Reflexe, wie solche durch gegenüber-
liegende Häuser und besonders deren Fenster entstehen,
beeinträchtigt sein. Jeder Sonnenstrahl, der auf ein gegen-
überliegendes Fenster fällt und auf das Modell oder die
Staffelei zurückgeworfen wird, macht das Arbeiten unmög-
lich und bildet geradezu die Verzweiflung der Künstler.
Alle Ateliers, die in unteren Stockwerken an Straßen oder
in Hinterhäusern mit gegenüberstehenden Gebäuden liegen,
sind in ihrer Brauchbarkeit beschränkt und erfüllen nicht
die Bedingungen, die der Maler zur Ausübung seines Be-
rufes braucht, wirklich gute Ateliers müssen nach Norden
liegen in Häusern ohne Gegenüber oder in demjenigen
Stockwerk, das über die gegenüberliegenden Gebäude hin-
ausragt. Die Ateliers in den Dachgeschossen haben vor
den ersteren noch den großen Vorzug, daß das Fenster mit
einem Oberlicht versehen werden kann.
Ls kommt hinzu, daß der Preis, der in Berlin und
seinen Vororten für Ateliers in unteren Stockwerken auf-
gewendet werden muß, ein fehr hoher ist, so daß er nur
von verhältnismäßig wenigen Künstlern, und auch da oft
nicht aus dem aus ihrer Arbeit gezogenen Verdienst, auf-
gebracht werden kann. Ls ist auch nachweisbar, daß viel-
fach für Ateliers eine erheblich höhere Miete entrichtet
werden muß als für gleich große Wohnräume im gleichen
Hause.
Mögen Lw. Exzellenz aus dem oben Ausgeführten
ersehen, daß Arbeitsräume, wie sie der Künstler zur Aus-
übung seines Berufes braucht, und deren Preis dem aus
seinem Beruf gezogenen Verdienst entspricht, in Berlin und
seinen Vororten fast nur in sechsten Stockwerken angelegt
werden können.
Der gehorsamst unterzeichnete Vorstand richtet deshalb
an Lw. Exzellenz die ganz ergebene Bitte, die Benutzung
und Herstellung von Künstlerateliers in diesen Stockwerken
geneigtest zuzulassen.
Ehrerbietigst
Der Vorstand:
gez.: R. Scllulre iva Hots,
I. Vorsitzender.
* >»
*
Das Berliner Polizeipräsidium teilt mit:
„Gegenüber der von anderer Seite in den letzten
Tagen aufgestellten Behauptung, im Landespolizeibezirk
Berlin seien vor kurzem nahezu tvoo Malerateliers zwangs-
weise durch die Polizei geräumt worden, weil sie im Dach-
geschoß über fünf bewohnten Geschossen liegen, wird polizei-
offiziös mitgeteilt, daß im ganzen laufenden Jahre im
Stadtkreis Berlin nur deren 2, in Lharlottenburg 39, in
den Städten Schöneberg und Wilmersdorf 66, in Rixdorf t
und in Lichtenberg kein Atelier polizeilich beanstandet wor-
den ist. In allen diesen Fällen handelt es sich um die
Benutzung eines sür die Einrichtung von Ateliers bau-
polizeilich nicht zulässigen Geschosses. Bei der Durch-
führung der Maßregel ist keineswegs, wie behauptet wor-
den ist, rigoros verfahren, vielmehr ist tunlichst jede Härte
vermieden und auf bestehende Mietsverhältnisse Rücksicht
genommen worden. — Vb und inwieweit die besonderen
Belichtungsverhältnisse, die für Malerateliers notwendig
sind, eine Aenderung der baupolizeilichen Vorschriften in
gewissen Gebietsteilen des Landespolizeibezirks wünschens-
wert machen, unterliegt gemäß einer in diesen Tagen ein-
gegangenen (oben abgedruckt. Red.) Eingabe des .Vereins
Berliner Künstler' der Erwägung der Bauxolizeibehörde."

m
Der Wlaklmoctus im Orlsvsrem Verlm
wir erhalten folgende Zuschrift:
Zu dem sachlich korrekten Bericht über die letzte Ber-
liner Mrtsvereinsversammlung in der vorigen Nummer
darf ich vielleicht einige Bemerkungen machen.
Auf Wunsch einer Versammlung brachte ich seinerzeit
den Antrag ein, statt der bisherigen von Gruppen fest-
gestellten Kandidatenlisten eine einzige alphabetisch ange-
ordnete Liste den Mitgliedern bei Wahlen vorzulegen. Die
damals geäußerte Befürchtung, es würde eine zu große
Flut von Vorschlägen einlaufen, teilte ich nicht, und auf
keinen Fall konnte die Rede davon sein, daß eine möglichst
große Anzahl von Vorschlägen wünschenswert sei. Es
liegt daher kein Grund vor, wie es der Antrag Schauß
tut, aus den 60 eingelaufenen Vorschlägen auf eine In-
teresselosigkeit gegenüber dem Wahlsystem zu schließen.
Interesselosigkeit zeigte sich aber leider in dem schwachen
Besuch der Versammlung (ca. 70 von 660 Mitgliedern).
Daß in einer so kleinen Versammlung die Wahlvereinigung
die Majorität finden konnte, ist natürlich, ebenso daß sie
diese Majorität gleich benutzte, um den ihr unbequemen
Wahlmodus wieder abzuschaffen. Damit ist aber keines-
falls bewiesen, daff der dem neuen Wahlmodus zugrunde
liegende Gedanke ungesund oder unpraktisch sei, und eine
andere Versammlung kann ihn jederzeit wieder einführen.
Die Tatsache, daß die Liste, welche die Wahlvereinigung
vorher durch die Post verbreitete, trotz der kleinen Ver-
sammlung infolge des neuen Systems verschiedene Ab-
änderungen erfuhr, ist übrigens nach Ansicht vieler auch
durchaus kein Fehler gewesen. Otto L/l»rcu«.
Gslellsekakl kur cleutlcke Kunst im
Uuslancte. II
(vgl. den Artikel in Heft 12)
An die Gesellschaft für deutsche Kunst im
Auslande berichtet ein deutscher Kunsthändler aus
Argentinien über die internationale Kunstausstellung,
welche t9lv in Buenos Aires stattfand. Dieser Bericht
hält die einzelnen Abteilungen dieser Internationalen
kritisch gegeneinander und bietet durch seine gute Beob-
achtung mancherlei Interessantes für jeden Künstler, wel-
chem daran liegt, mit seiner Umwelt in Fühlung zu
bleiben.
worauf ich hier an dieser Stelle aufmerksam machen
möchte, ist folgendes, was mir für uns Deutsche besonders
beachtenswert erschien.
Die Argentinier hatten beobachtet, daß ihre jungen
Künstler, die ohne Ausnahme in Europa studieren, nach
ihrer Rückkehr in die Heimat Kunstwerke zur Ausstellung
bringen, welche in jeder Beziehung der herrschenden Kunst-
richtung des Landes entsprachen, in welchem sie studiert
hatten. Ihre Bilder waren in der Malweise und im
Motiv französische, englische, niederländische oder ev. deutsche,
d. h. Münchener Bilder, es war niemals ein amerikanisches
dabei. Man empfand das, diesen Mangel künstlerischen
Lharakters, als Schwäche, die man mit der Jugend der
amerikanischen Kunst entschuldigte, wie man eben Unreife
entschuldigt, und hoffte stets, daß die Künstler des Landes
den eigenen Ausdruck noch finden würden.
Nun aber geschah das Merkwürdige, daß ihnen auf
der internationalen Kunstausstellung in der Abteilung
eines alten Kulturstaates, Deutschlands, eine
kleine, also wohl sorgfältig ausgewählte Sammlung deut-
scher Werke gezeigt wurde, welche gewissermaßen eine
ganze Musterkarte europäischer Kunst darstellte.
Nicht nur, daß Bilder gezeigt wurden, die in ihrer
Technik und in ihrer Palette getreu französische, schottische,
holländische usw. Art kopierten, nein, auch die Motive
waren von überall und nur zum kleinen Teil aus Deutsch-
 
Annotationen