Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 11.1911/1912
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https://doi.org/10.11588/diglit.52948#0657
DOI issue:
Heft 47.
DOI article:Redaktioneller Teil
DOI article:Berger, Ernst: Eine Zentralstelle zur Verwertung und zum Schutz des künstlerischen Eigentums, 1
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Heft H7. Die Werkstatt der Kunst.6^7
Redaktioneller Teil.
Sme L-ntraNteUe zur Verwertung uncl
zum Kcbut; 6es kunMerNcden
Sigentums. I
von Ernst Berger
I.
In dem Bericht über die Verhandlungen des
II. Internationalen Kunstkongresses zu Paris (s. Nr. 40
der „kV. d. K.") habe ich auf die großen Erfolge
hingewiesen, die das S^näicat de la Propriele
^rlislicfue erzielen konnte, und die sich ziffermäßig
darin zeigten, daß im letzten Jahre die Summe von
104,313 Frcs. an Verlagsrechten vereinnahmt wurde,
die den Mitgliedern der Vereinigung also zugute
kam. Allerdings müssen hiervon noch die Kosten in
Abzug gebracht werden, die zur Erhaltung der
Agentur, der Beamten, des Lokals usw. nötig waren,
und die im letzten Rechnungsjahre nach dem Berichte,
den ich der Freundlichkeit des Mr. Petit-Gerard,
zurzeit Schatzmeister des Syndikats, verdanke, etwa 35 o/x,
betragen haben.
Nach Abzug dieses Betrages bleibt immerhin eine
ganz erkleckliche Summe übrig, und wenn man be-
denkt, daß vor der Gründung des Syndikats die
Mehrzahl dieser Vervielfältigungsrechte ohne Vorteil,
vielfach sogar ohne die Autorisation von seiten der
Künstler, also unrechtmäßig ausgenützt wurde, so
muß man die durch das Syndikat in der kurzen Zeit
von 14 Jahren erreichten Erfolge neidlos anerkennen.
Sind auch die dem einzelnen Mitgliede zufallenden
Anteile nicht sehr groß, so summieren sich die Beträge
im Laufe der Jahre zu ganz bedeutender höhe.
Nehmen wir nun an, die für die Rechte der Verviel-
fältigung vereinnahmten Beträge blieben nur auf der
jetzigen höhe, so ergäbe sich in 10 Jahren eine Ein-
nahme von rund einer Million zugunsten der Künstler.
Einzig und allein durch die Macht des Zusammen-
schlusses und die richtige Organisation der Vereini-
gung der französischen Künstler zum Zwecke der Ver-
wertung ihrer künstlerischen Eigentumsrechte!
Die Vereinigung will aber nicht allein durch
Verwertung der Vervielfältigungsrechte materielle Vor-
teile für ihre Mitglieder, sie geht noch weiter und
sucht durch gesetzliche Bestimmungen auch den Malern
und Bildhauern gewisse Rechte, wie solche den Schrift-
stellern und Musikern gewährt sind, zu erkämpfen,
die nicht nur den Erben, sondern ihnen auch bei
Lebzeiten zugute kommen sollten. Der französischen
Kammer liegt bereits ein dahingehender Antrag vor,
den Künstlern einen Anteil an den Mertsteige-
rungen ihrer Merke im Kunsthandel oder in
öffentlichen Auktionen zu gewähren. Dieser An-
trag hat eine Vorgeschichte, die ein dunkles Kapitel
in des Künstlers Erdenwallen beleuchtet. Die unge-
heuren, für Merke kurz verstorbener Meister bezahlten
Preise übersteigen oft die von diesen bei Lebzeiten
erhaltenen um das vielfache. Marum soll von diesen
Summen nur der Kunsthändler und nicht auch der
Schöpfer oder dessen nächsten Hinterbliebenen profi-
tieren? Der Fall Millet, dessen „Angelus" um
600000 Frcs. verkauft wurde, während seine Witwe
in einer Kammer des 6. Stockwerkes eines Vorstadt-
hauses kümmerlich ihr Dasein fristete, ist noch in aller
Erinnerung; er war einer der krassesten Fälle und
wohl der direkte Anlaß zu dem obigen Anträge.
Nun genügt es aber nicht, daß in Frankreich
allein ein solches Gesetz eingeführt wird, wenn
nicht alsbald die anderen Länder in gleichem
Sinne gesetzliche Bestimmungen erlassen, die
daraus ausgehen, den Künstlern selbst, sowie eine
gewisse Reihe von Jahren (ich glaube, der Antrag
nennt 50 Jahre) nach deren Tode den direkten Erben
bei Versteigerungen und Wiederverkäufen einen be-
stimmten Prozentsatz von den erzielten Gewinnen zu
gewährleisten. Venn der Kunsthandel würde alsbald
die Versteigerungen von Merken, die große Preise
erhoffen lassen, in dem Lande abhalten, wo jene
Bestimmungen noch nicht eingeführt sind, und die
ganze Institution würde illusorisch werden.
Bis dahin zu gelangen, wird es wohl noch einige
Zeit und viele Mühe kosten, aber der weg ist vor-
gezeichnet, und die nationalen Sektionen des be-
gründeten Internationalen Permanenten Komi-
tees für Kunstangelegenheiten werden vereint
daran arbeiten müssen, wenn das Ziel er-
reicht werden soll*).
Mir kehren nach diesen Zukunftsplänen wieder
zur Gegenwart zurück, um über das „SMdical de
la propriete ^rtistique" und seine Gründung das
wichtigste zu berichten. Die ZsZentur artistique,
eine Idee des Präsidenten der Societe des ^rtistes
Pran^ai8, M. Tony Robert-Fleury, hatte anfäng-
lich und noch bis 1900, wo die Künstlerschaft sich in
zwei Lager trennte, sehr unvollkommen funktioniert,
bis der Genannte das Syndikat begründete, worin
alle französischen und auch auswärtige Künstler gleicher-
weise Aufnahme finden sollten.
Aber trotz eifriger Agitation und der tatkräftigen
Unterstützung von seiten der Socitete des ^riistes
pran^ais, die der neuen Gründung ihre Bureaus
und ihr Personal zur Verfügung stellte, waren noch
widerstände zu überwinden, insbesondere erschwerte
die heftige Feindseligkeit in den Verlegerkreisen in
den ersten Jahren die normale Abwicklung der ge-
*) In der Sitzung des Bayerischen Landtages vom
t. August ist die Angelegenheit bereits durch den
Abg. Hübsch zur Sprache gekommen; er regte an, daß
dem Künstler ein weitergehendes Urheberrecht an seinen
Merken zustehen solle insofern, daß er auch an den
späteren Wertsteigerungen seinerMerke beteiligt
bleibe. Er wünscht die Hebung der wirtschaftlichen
und fozialen Lage der Künstler auf dem Wege der
Organisation. Leider fehle in München noch der Kristalli-
sationspunkt dafür.
Der Kultusminister v. Knilling stellte in Aussicht,
die Anregung des Abg. Hübsch bezüglich der Ergänzung
des Reichsgesetzes über das Urheberrecht nach der Seite
hin, daß die Künstler an der Wertsteigerung ihrer Schöp-
fungen beteiligt bleiben, weiter zu verfolgen.
Redaktioneller Teil.
Sme L-ntraNteUe zur Verwertung uncl
zum Kcbut; 6es kunMerNcden
Sigentums. I
von Ernst Berger
I.
In dem Bericht über die Verhandlungen des
II. Internationalen Kunstkongresses zu Paris (s. Nr. 40
der „kV. d. K.") habe ich auf die großen Erfolge
hingewiesen, die das S^näicat de la Propriele
^rlislicfue erzielen konnte, und die sich ziffermäßig
darin zeigten, daß im letzten Jahre die Summe von
104,313 Frcs. an Verlagsrechten vereinnahmt wurde,
die den Mitgliedern der Vereinigung also zugute
kam. Allerdings müssen hiervon noch die Kosten in
Abzug gebracht werden, die zur Erhaltung der
Agentur, der Beamten, des Lokals usw. nötig waren,
und die im letzten Rechnungsjahre nach dem Berichte,
den ich der Freundlichkeit des Mr. Petit-Gerard,
zurzeit Schatzmeister des Syndikats, verdanke, etwa 35 o/x,
betragen haben.
Nach Abzug dieses Betrages bleibt immerhin eine
ganz erkleckliche Summe übrig, und wenn man be-
denkt, daß vor der Gründung des Syndikats die
Mehrzahl dieser Vervielfältigungsrechte ohne Vorteil,
vielfach sogar ohne die Autorisation von seiten der
Künstler, also unrechtmäßig ausgenützt wurde, so
muß man die durch das Syndikat in der kurzen Zeit
von 14 Jahren erreichten Erfolge neidlos anerkennen.
Sind auch die dem einzelnen Mitgliede zufallenden
Anteile nicht sehr groß, so summieren sich die Beträge
im Laufe der Jahre zu ganz bedeutender höhe.
Nehmen wir nun an, die für die Rechte der Verviel-
fältigung vereinnahmten Beträge blieben nur auf der
jetzigen höhe, so ergäbe sich in 10 Jahren eine Ein-
nahme von rund einer Million zugunsten der Künstler.
Einzig und allein durch die Macht des Zusammen-
schlusses und die richtige Organisation der Vereini-
gung der französischen Künstler zum Zwecke der Ver-
wertung ihrer künstlerischen Eigentumsrechte!
Die Vereinigung will aber nicht allein durch
Verwertung der Vervielfältigungsrechte materielle Vor-
teile für ihre Mitglieder, sie geht noch weiter und
sucht durch gesetzliche Bestimmungen auch den Malern
und Bildhauern gewisse Rechte, wie solche den Schrift-
stellern und Musikern gewährt sind, zu erkämpfen,
die nicht nur den Erben, sondern ihnen auch bei
Lebzeiten zugute kommen sollten. Der französischen
Kammer liegt bereits ein dahingehender Antrag vor,
den Künstlern einen Anteil an den Mertsteige-
rungen ihrer Merke im Kunsthandel oder in
öffentlichen Auktionen zu gewähren. Dieser An-
trag hat eine Vorgeschichte, die ein dunkles Kapitel
in des Künstlers Erdenwallen beleuchtet. Die unge-
heuren, für Merke kurz verstorbener Meister bezahlten
Preise übersteigen oft die von diesen bei Lebzeiten
erhaltenen um das vielfache. Marum soll von diesen
Summen nur der Kunsthändler und nicht auch der
Schöpfer oder dessen nächsten Hinterbliebenen profi-
tieren? Der Fall Millet, dessen „Angelus" um
600000 Frcs. verkauft wurde, während seine Witwe
in einer Kammer des 6. Stockwerkes eines Vorstadt-
hauses kümmerlich ihr Dasein fristete, ist noch in aller
Erinnerung; er war einer der krassesten Fälle und
wohl der direkte Anlaß zu dem obigen Anträge.
Nun genügt es aber nicht, daß in Frankreich
allein ein solches Gesetz eingeführt wird, wenn
nicht alsbald die anderen Länder in gleichem
Sinne gesetzliche Bestimmungen erlassen, die
daraus ausgehen, den Künstlern selbst, sowie eine
gewisse Reihe von Jahren (ich glaube, der Antrag
nennt 50 Jahre) nach deren Tode den direkten Erben
bei Versteigerungen und Wiederverkäufen einen be-
stimmten Prozentsatz von den erzielten Gewinnen zu
gewährleisten. Venn der Kunsthandel würde alsbald
die Versteigerungen von Merken, die große Preise
erhoffen lassen, in dem Lande abhalten, wo jene
Bestimmungen noch nicht eingeführt sind, und die
ganze Institution würde illusorisch werden.
Bis dahin zu gelangen, wird es wohl noch einige
Zeit und viele Mühe kosten, aber der weg ist vor-
gezeichnet, und die nationalen Sektionen des be-
gründeten Internationalen Permanenten Komi-
tees für Kunstangelegenheiten werden vereint
daran arbeiten müssen, wenn das Ziel er-
reicht werden soll*).
Mir kehren nach diesen Zukunftsplänen wieder
zur Gegenwart zurück, um über das „SMdical de
la propriete ^rtistique" und seine Gründung das
wichtigste zu berichten. Die ZsZentur artistique,
eine Idee des Präsidenten der Societe des ^rtistes
Pran^ai8, M. Tony Robert-Fleury, hatte anfäng-
lich und noch bis 1900, wo die Künstlerschaft sich in
zwei Lager trennte, sehr unvollkommen funktioniert,
bis der Genannte das Syndikat begründete, worin
alle französischen und auch auswärtige Künstler gleicher-
weise Aufnahme finden sollten.
Aber trotz eifriger Agitation und der tatkräftigen
Unterstützung von seiten der Socitete des ^riistes
pran^ais, die der neuen Gründung ihre Bureaus
und ihr Personal zur Verfügung stellte, waren noch
widerstände zu überwinden, insbesondere erschwerte
die heftige Feindseligkeit in den Verlegerkreisen in
den ersten Jahren die normale Abwicklung der ge-
*) In der Sitzung des Bayerischen Landtages vom
t. August ist die Angelegenheit bereits durch den
Abg. Hübsch zur Sprache gekommen; er regte an, daß
dem Künstler ein weitergehendes Urheberrecht an seinen
Merken zustehen solle insofern, daß er auch an den
späteren Wertsteigerungen seinerMerke beteiligt
bleibe. Er wünscht die Hebung der wirtschaftlichen
und fozialen Lage der Künstler auf dem Wege der
Organisation. Leider fehle in München noch der Kristalli-
sationspunkt dafür.
Der Kultusminister v. Knilling stellte in Aussicht,
die Anregung des Abg. Hübsch bezüglich der Ergänzung
des Reichsgesetzes über das Urheberrecht nach der Seite
hin, daß die Künstler an der Wertsteigerung ihrer Schöp-
fungen beteiligt bleiben, weiter zu verfolgen.