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Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 11.1911/​1912

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Heft 43.
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Redaktioneller Teil
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Ankelen, Eugen: Fliegende Kunsthändler, 3
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https://doi.org/10.11588/diglit.52948#0601

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Heft HZ.

Die Werkstatt der Kunst.


Redaktioneller Teil.

liunltkäiicller. III
(vgl. die Artikel in den heften Ht und H2)
Der Geschäftsführer der Kunstausstellungen des Mün-
chener „Ring", Herr Kunstmaler Lugen Ankelen, sandte
uns die nachstehende Entgegnung auf die Artikel in den
Heften Hi und H2:
Sehr geehrte Schriftleitung!
Ihr Abdruck der Angriffe einer neugegründeten Mün-
chener Halbmonatsschrift gegen meine Tätigkeit als Aus-
stellungsleiter des Münchener Künstlerbundes „Ring" ver-
anlaßt mich, Sie um Veröffentlichung folgender Entgeg-
nung höflichst zu bitten:
Die an sich belanglose Behauptung, daß mir als Leiter
des „Ring" „ohne Risiko, Kosten und mühelos" eine
enorme Verkaufsprovision zusließe, setzt gänzliche Geschäfts-
unkenntnis voraus. Die Unkosten eines Turnus von fünf
bis sechs unserer Wanderausstellungen großen Stiles be-
tragen — was Künstlerkreise interessieren dürfte —, selbst
wenn die Ausstellungsräume hin und wieder einmal gratis
zur Verfügung stehen, 42—tsooo Mk., die sich verteilen
auf Vorarbeiten, Reisen, Versicherungen eines wertes von
250—ZOO 000 Mk., Sxeditions- und Frachtkosten eines zwei
Eisenbahnwagen füllenden Ausstellungsgutes, Reklame,
Arbeitskräfte (Zimmerleute, Schreiner, Dekorateure, In-
stallateure), elektrische Lichtanlagen, Bauholz, Dekorations-
mittel, gärtnerischen Schmuck, Beheizung, Reinigung und
Aufsichtsxersonal.
Daß die Leitung eines solchen Unternehmens eine auf-
reibende Tätigkeit erfordert, ist klar. Da uns für ein
würdiges Gesamtbild unserer Ausstellung keine Kosten zu-
viel sind, da ferner nahezu ein Drittel der Ausstellungs-
objekte teils unverkäuflich und in Privatbesitz, teils rein
künstlerische Repräsentationsstücke sehr großen Formates
sind, mit deren verkauf nicht zu rechnen ist, so ist auch die
Unterschiebung ausschließlich gewinnsüchtiger Motive nicht
stichhaltig, obgleich ich offen bekenne, daß mir und allen
Mitgliedern des „Ring" günstige Verkaufsresultate stets
willkommen sind. Hängt doch das Zustandekommen der
Ausstellung nicht selten von dem Bescheid der städtischen
Behörden ab, ob hinlänglich mit kaufkräftigen Kreisen zu
rechnen sei.
wenn trotzdem dem Wunsche des Artikelschreibers,
eine ernste Kunstausstellung als Wanderlager (!) behandelt
zu sehen, nicht entsprochen wird, so geschieht dies auf
Grund des Gesetzes, daß der verkauf auf öffentlicher
von der zuständigen Behörde genehmigter Ausstellung nicht
mit Wandergewerbesteuer belegt wird. Diese Genehmigung
wird übrigens in Norddeutschland auch Kunsthändlern er-
teilt, hängt ferner ebensowenig wie jede weitere Protektion
seitens der Behörden davon ab, ob und wieviel ein rühriger
Ausstellungsleiter ev. verdienen kann, sondern lediglich
davon, ob die Darbietung als gemeinnützig zu betrachten
sei zufolge ihrer künstlerischen Bedeutung.
Auch die „stattliche Reklamemaxpe", auf die der „Ring"
mit Recht stolz sein kann, scheint dem Verfasser des Artikels
ein Dorn im Auge zu sein, denn sie belegt mit Attesten
der Behörden und Kunstvereinsvorstände, wie auch mit
Urteilen der „führenden" presse, daß die Ausstellung des
„Ring" mit ihren ca. t8 Sammlungen und ca. 200 Werken
zumeist hervorragender Künstler in nunmehr über HO Städten
von Kennern und Laien einstimmig als ein bedeutsames
künstlerisches Ereignis empfunden und als eine vortreff-
liche Neuerung im Ausstellungswesen allgemein dankbar
begrüßt wurde. Derartige Belege mögen zunächst in ihrer
Neuheit befremden, sie sind aber verlässiger als die hetero-
genen Kunsturteile derer, die sich heute zur Kritik berufen
fühlen, wir machen ja unsere Ausstellungen für die
Kunstfreunde, nicht für moderne Aestheten, die begreiflicher-
weise vereinzelt dem Verfasser des Artikels beixflichten, zu-

mal wenn sie wißen, daß ich in Vorträgen und bei son-
stigen Anlässen betone, daß der „Ring" den sich überall
breit machenden Experimenten der Hypermodernen aus-
schließlich abgeklärte Kunst gegenüberstellen wolle.
Und was die Berichterstattung anbelangt: einsichts-
volle Schriftleiter begreifen, daß man den Erfolg einer mit
erheblichem Aufwand an Kosten und Energie inszenierten
Ausstellung nicht von dem Linzelurteil eines vielleicht ganz
unfähigen Berichterstatters der Provinzpresse abhängig
machen will.
Zu Ihrem Artikel II möchte ich in Kürze bemerken:
Früher lagen wohl Mappen mit Reproduktionen nach
Werken der Aussteller, auch Kunstzeitschriften, wie „Meister
der Farbe", „Kunst unserer Zeit" mit Biographien der
Aussteller auf. Seit Jahren liegt aber in unserer Aus-
stellung überhaupt nichts mehr auf. Sollte nun wirk-
lich früher einmal ein eigentlich für mich privatim be-
stimmter Briefordner, dem einige Zeitungskritiken über
einen Porträtmaler des „Ring", sogar eine Einladungs-
karte zu Hofe und das Dankschreiben eines Porträtbestellers
eingeheftet waren, zufällig mal zwischen ein Schock Repro-
duktionen geraten sein und dort, wo es eigentlich nicht
hingehörte, gelegen sein — wie schrecklich! Allen Respekt
vor dem Gedächtnis meiner Widersacher, die mir das nieder-
schmetternde Argument nach 2^2 Jahren noch ins Gesicht
schleudern lassen! Ganz unverständlich ist mir, inwiefern
unsere Widersacher für Entscheidung einer Frage des guten
Geschmacks und Taktgefühls, nämlich für die Beurteilung
unserer Propaganda, maßgebender sein sollen als jene
Behörden, Kunstvereinsvorstände, Vorsitzende von Gesell-
schaften der Kunstfreunde usw.
Ich schließe meine Entgegnung mit der Behauptung:
Die „Ring"-Ausstellungen haben sich den Ruf künstlerisch
hochstehender Darbietungen allüberall mit vollem Recht er-
worben und sind als Neuerung im Ausstellungswesen
unserer Mittelstädte in jeder Hinsicht mustergültig. Ich
appelliere an die Künstlerschaft, daß sie dem lebhaften
Verlangen unserer Mittelstädte nach gediegenen Verkaufs-
ausstellungen immer mehr Rechnung tragen möchte. Da
gute Gemälde als Wandschmuck auch in den sonst luxuriös
ausgestatteten Wohnräumen unserer finanzkräftigsten Kreise
noch sehr sporadisch vorhanden sind, so liegt kein zwingen-
der Grund vor, das Operationsfeld nach Südamerika zu
verlegen, wo mit noch ganz anderen Unkosten und Provi-
sionen zu rechnen ist, sondern es wird jede Wanderausstel-
lung, der es gelingt, in unserem Vaterlande erzieherisch
auf den Ankauf guter Kunstwerke hinzuwirken, Pionier-
arbeit leisten und in der Folge der gesamten Künstlerschaft
nur Vorteile bringen.
Tutzing, im Juli t9I2.
Mit vorzüglicher Hochachtung
Lu^eu ^nlrelen,
Kunstmaler.
wir haben dazu folgendes zu bemerken: vor ungefähr
zwei Jahren waren aus dem westlichen Deutschland Pro-
teste gegen die Inszenierung der „Ring"-Ausstellungen an
uns gelangt; diese Proteste stammten von Kunstsachverstän-
digen besten Namens aus mehreren Städten, die über jede
unwürdigen Motive erhaben sind. Trotzdem haben wir
damals von einer redaktionellen Stellungnahme abgesehen,
weil wir die uns geschilderten Mißstände als eine vor-
übergehende Kinderkrankheit des neuen Unternehmens an-
sehen wollten. Als nun aber neuesten Datums ein Artikel
in der Münchener Zeitschrift „Janus" erschien, den unsere
Leser aus Heft Ht kennen, da schien uns die erwartete
Besserung nicht eingetreten zu sein, und wir haben in der
vorigen Nummer das Wort ergriffen.
Herr Ankelen zieht jetzt den Vorfall mit der Auflage
von Hofeinladungen ins Lächerliche und behauptet, daß
 
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