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Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 11.1911/​1912

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Heft 38.
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Redaktioneller Teil
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Schmidkunz, Hans: Zum Bau und der Ausstattung von Kirchen und anderen kirchlichen Gebäuden, 3
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Die Teilnehmer am Opernhauswettbewerb
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https://doi.org/10.11588/diglit.52948#0532

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Die Werkstatt der Kunst.

Heft 38.

er sich sorgfältige Mühe geben, die Wiedereinführung der
gotischen Kaselform trotz aller Schwierigkeiten als „statt-
haft" (!) hinzustellen und wegen größerer würde und Schön-
heit zu empfehlen (S. l20—l22); außerdem ist er in der
Frage der „gebrochenen" Farben skeptisch gegen das jetzige
Streben nach diesen, vielleicht in einer nicht ganz zuläng-
lichen weise (S. 5tf.); und das Stilisieren liebt er mehr
als andere. Allein das alles hat mit den Baustilfragen
kaum etwas zu tun; und wenn wir uns nochmals dem
wohlverdienten Lob dieses gediegenen, auch sür allgemeinere
Textilinteressen wertvollen, doch schon einige Spezialkennt-
nisse voraussetzenden Werkes anschließen, so verwahren
wir uns doch auch nochmals gegen den Anschein, als könnte
es in der Stilsperre als Damm verwendet werden.
IV. G. Jakob, „Die Kunst im Dienste der Kirche.
Lin Handbuch für Freunde der kirchlichen Kunst" (Lands-
hut, I. Thomann), war in t. Auflage t857, in 5. tyvt er-
schienen und bedarf allerdings der von unserem Autor emp-
fohlenen Revision. Fragt sich nur, ob das alte Buch über-
haupt noch für heute brauchbar gemacht werden kann,
ohne wesentliches aufgeben zu müssen. Lin Blick auf die
Abschnitte „Renaissance-Styl" und „Wahl des Styls" zeigt,
daß wir hier mit einer Erscheinung zu tun haben, die sich
leicht aas zeitlichen Umständen erklärt und sich bei allem
wert ihrer sonstigen Darbietungen doch durch ihre sachliche
Unzulänglichkeit sozusagen als ein Beweis gegen sich selber
verrät.
V. Schnütgen. wer wird seine und seiner Zeit-
schrift Verdienste nicht Hochpreisen?! Aber diese hat doch
mehr Forschungs- als Praxisbedeutung. Für solche sind
die „Iahresmapxe" der „Deutschen Gesellschaft für christ-
liche Kunst", sodann „Die christliche Kunst" und „Der
Pionier" da. Diese drei hier nicht zu nennen, ist einseitig.
Wir benützen die Gelegenheit noch weiterhin, um mit
dem Anführen von Zeugen gegen die Stilfxerre zugleich
auch einer Neuerscheinung einige Worte zu widmen. Uns
liegt vor:
vr. Nikolaus Spiegel, Professor am Kgl. Alten
Gymnasium zu Würzburg, „Die Baustile mit besonderer
Berücksichtigung des Kirchenbaues" (Paderborn F.
Schöningh, 90 S. 8"). Seit der „Kunst-Stil-Unterscheidung"
von Hans Sebastian Schmid, deren Auslage (Mün-
chen t9O2, G. Franz) unseres wissens leider nicht mehr
fortgesetzt und vervollkommnet wurde, darf man das vor-
liegende Büchlein an erster Stelle nennen. Ls ist ein
knapper Leitfaden, der namentlich durch feine klaren be-
grifflichen und anschaulichen Unterscheidungen gut instruktiv
wirken kann. Die Abbildungen sind klug gewählt, aller-
dings begreiflicherweise häufig zu klein. Der Grient usw.
fehlt so gut wie ganz. Die Zeit seit dem „Ncko-Grec"
(das der Autor mit Zopf und Empire als Klassizismus
zusammenfaßt) ist leider unzulänglich behandelt. Die Römer
erscheinen ihm recht minderwertig; da mögen doch wohl
noch einige Ergänzungen am Platze sein. — Für unser
vorliegendes Thema kommt das Büchlein schon dadurch in
Betracht, daß es durch sein gleichmäßiges Eingehen auf
die verschiedenen Stile (unter denen aber doch vielleicht
das Rokoko zu wenig in seiner Ligenkraft gewürdigt ist)
abermals ihre jeweilige Berechtigung dartut. Und zum
Ueberfluß sagt der Autor von der Ausstattung der Re-
naissancekirchen mit Vergoldung und plastischem Schmuck,
mit Gemälden und wundervollen Lichtwirkungen (S. 55):
„Dadurch wird in dem Besucher eine ruhig-fröhliche Stim-
mung hervorgerufen, die in der Gottesverehrung dieselbe
Berechtigung hat wie die ernste Sammlung und die geistige
Erhebung, welche die Kirchen des Mittelalters zu wecken
bestrebt waren." — Der „Uebergangsstil" wird auch hier
abgelehnt. — Zum Ueberflusse betonen wir noch eigens,
daß diese sowie alle von uns angeführte Literatur von
gut katholischen Verfassern aus gut katholischen Verlagen
stammt.
Im übrigen wurde schon xmal von kompetentesten
Autoren betont, daß kein Kunststil irgendwie theologisch
geboten oder verwehrt ist. „Die Kirche hat nie einen be-

stimmten Stil als den ihrigen erklärt und wird es nie
tun" — sagt z. B. der Jesuit L. Michael („Geschichte
des deutschen Volkes" V, t9N, 2. h;8). Dazu brauchte
man auch nicht einmal die Erfolge der — hier ebenfalls
übergangenen — Beuroner Schule abzuwarten. Insonder-
heit fehlt dem mit der „Gegenreformation" zusammen-
hängenden und überhaupt dem von der Renaissance an
auftretenden Kunstschaffen wahrlich nicht das geringste zu
echter Kirchlichkeit — einschließlich kirchlicher Werke von
Rubens. Ebensowenig der Spätgotik. Aber selbst diese
ist dem Autor nicht mehr recht. So haben wir denn von
ihm die strenge Weisung, „der Regel nach nur im roma-
nischen oder gotischen bezw. sogenannten Uebergangs-
stil e zu bauen" (S. 4ML).
Derart mochte man Anno G. G. Ungewitter und
A. Reichensperger, also vor etwa zwei Menschenaltern,
denken; und damals schon mußte es falsch sein. Nein:
solche Kommandos sind nicht im Geiste der Kirche, nicht
im Geiste der Kunst gedacht. Ebensowenig dürfen Barock
und Rokoko (samt ihrem Uebergang) und ebensowenig
etwa die Vermeidung von Romanik und Gotik kom-
mandiert werden.
Daß „auch der sogenannte Bastlikenstil" — wohl der
altchristliche —für unfere Verhältnisse minder passe (S. H08L),
ist wenigstens nicht recht verständlich. Und manchmal er-
zwingt die Sparsamkeit allein schon eine Annäherung
an ihn.
„Selbständig im Geiste der alten Meister zu schaffen"
(S. H08a), das scheint mindestens dem Referenten eine
brauchbare Weisung zu sein. Fragt sich nur, ob zu der
in ihr gemeinten Produktivität am besten auf den hier
betretenen wegen zu gelangen sein wird.
Daß „die Malerei seit Jahren immer mehr aus unseren
Kirchen geschwunden" sei (S. H08b), mag vielleicht im
Verhältnisse zu sehr viel früheren Zeiten richtig fein, wir
hatten eben einen kirchenkünstlerischen Tiefstand und haben
seit einiger Zeit wieder einen Aufschwung. Nun heißt es,
ihn nutzen und fördern. Unter allen Stilen hat aber ge-
rade die Gotik den wenigsten Raum für die Malerei, aus-
genommen Glasgemälde und Altarbilder, welch letztere
jedenfalls in größerer Menge zu wünschen sein würden.
Und noch einen Hauptpunkt scheint der Autor zu über-
sehen: An Künstlern fehlt es heute nicht; sie bedürfen nur
der vollständigen Ausbildung und ganz besonders der viel-
seitigen Betätigung. An der „Deutschen Gesellschaft für
christliche Kunst" fehlt's auch nicht. Schließlich lassen sich
beste Hoffnungen auf die vom Autor empfohlenen akade-
mischen Fortschritte in Düsseldorf fetzen; und diese werden
wahrscheinlich bald anderswohin führen als zum Stilkom-
mando tooo—t^oo.
Vie Teilnehmer am Opernkauswett-
bewerb
Kürzlich teilte das „Berliner Tageblatt" mit, daß
im Ministerium der öffentlichen Arbeiten noch eine Kon-
ferenz wegen des Neubaus des Gxernhauses statt-
gefunden habe. Ls handelte sich dabei darum, nach dem
Wunsch des Kaisers zu dem Beschluß, einen allge-
meinen Wettbewerb auszuschreiben, noch einige Modifi-
kationen zu finden.
Die Konferenz hat nun ihr Ende erreicht, und in
Uebereinstimmung mit den zu den Beratungen zugezogenen
Künstlern wurde zunächst beschlossen, daß es beim all-
gemeinen Wettbewerb bleibt. An diesem können
sich bekanntlich die Mitglieder des Bundes und des Ver-
bandes deutscher Architekten beteiligen. Um nun aber den
wünschen der Regierung und einer Reihe von Landtags-
abgeordneten stattzugeben, ist man dahin übereingekommen,
außer den Mitgliedern der genannten Vereine noch sechs
bis acht Architekten einzuladen, sich an dem Wett-
bewerb zu beteiligen.
wie das „B. T." erfährt, werden sich unter den Lin-
 
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