Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 11.1911/1912
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https://doi.org/10.11588/diglit.52948#0545
DOI issue:
Heft 39.
DOI article:Redaktioneller Teil
DOI article:Marcus, Otto: Zur wirtschaftlichen Organisation der Künstlerschaft
DOI article:Zum Bau und der Ausstattung von Kirchen und anderen kirchlichen Gebäuden, 4
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heft 59.
Die Werkstatt der Kunst.
535
Grundlagen der Malerei" von Or. Drey be-
ruht im wesentlichen auf einer Umfrage bei Künst-
lern und stellt tatsächlich eine Zusammenarbeitung
von 7H individuellen Ansichten dar. wenn man
sämtliche sHOOO deutsche Künstler befragte, die die
letzte Volkszählung aufweist, würde auch nur ein
Konglomerat von sHOOO persönlichen Ansichten ent-
stehen, die keine feste Basis für eine Besserungsaktion
abgeben.
Die ganze Sache muß methodischer angefaßt
werden, erst wenn die Künstler den wirtschaftlichen
Tatsachen anders gegenüberstehen, können sie über
ihre Aussichten auf dem Wirtschaftsmarkt zu rich-
tigen Ansichten kommen. Der Außenstehende kann
sich ein überall zutreffendes Urteil über Berufsver-
hältnisse wohl überhaupt nicht bilden, der Berufs-
mann kann dies aber auch nur im Zusammenar-
beiten mit Nationalökonomen, Juristen, Schriftstellern,
Kaufleuten usw. Line Hauptschwierigkeit für den
Künstler, zu einer nüchtern sachlichen Auffassung
seines Berufs als Teils der gesamten Volkswirtschaft
zu kommen, liegt wohl in seiner Erziehung. Zeder
Kunstschüler wird künstlich zu dem Traum von Ruhm
und Glanz erzogen, der ihn erst verläßt, wenn des
Lebens rauhe Wirklichkeit ihn zermürbt hat. Selbst-
verständlich gibt es Ausnahmen, deren gesunder wirt-
schaftlicher Sinn sich durch nichts beeinflussen läßt,
die wirtschaftlich prosperierenden Künstler sind aber
auffallend häufig Autodidakten. Ls wäre lächerlich,
wenn die technischen Hochschulen Erfinder züchten
wollten statt einfacher Brücken- und Maschinenbauer,
oder die Universitäten Dichter statt Philologen, der
junge Akademiker hält sich aber nur für existenz-
berechtigt, wenn er ein bahnbrechendes Genie in
sich selbst zu verwerten glaubt. Jede wirtschaftliche
Tätigkeit einer Künstlerkorporation wird durch den
Umstand erschwert, daß die junge Generation den
Kopf zu voll hat von künstlerischen Problemen (die
Verantwortung trägt hierfür zum großen Teil un-
sere Kunstschriftstellerei). Die wirtschaftlichen Sorgen
drücken die verheirateten noch wenig oder die Hoff-
nung auf eine glänzende Zukunft läßt sie unwesent-
lich erscheinen. Die Zungen haben deshalb geringes
Znteresse und wenig Zeit für korporatives Arbeiten,
die Aelteren sind vielfach schon pessimistisch und
müde. Zeder versuch wirtschaftlicher Organisation
muß von vornherein mit Schwierigkeiten rechnen,
die nur der Berufskünstler ermessen kann. Der
Nichtfachmann kann leicht ein theoretisches System
aufbauen, für die Durchführung in der Praxis fehlen
ihm aber die Grundbedingungen. Schon die Tren-
nung des wirtschaftlichen vom Künstlerischen bietet
die größten Schwierigkeiten. Für den einzelnen
bietet die Propagierung einer bestimmten künstle-
rischen Richtung oft gerade wirtschaftliche Vorteile.
Die Herausschälung der wirklich allen Künstlern
gemeinsamen Znteressen wird die größte Schwierig-
keit machen. Man darf jedenfalls nie vergessen,
daß der Künstler den Berufsgenossen nicht nur als
Kollege, sondern auch als Konkurrent gegenüber-
steht.
Zn der Erkenntnis, daß etwas geschehen muß,
hat der Grtsverein Berlin der A.D.K.G. nun
vor kurzer Zeit den Anfang zu methodischer Arbeit
auf wirtschaftlichem Gebiete gemacht. Ls sind fünf
bestimmte wirtschaftliche Fragen herausgegriffen
worden, und zu ihrer Bearbeitung ist je ein Aus-
schuß gebildet. Diese Ausschüsse bestehen aber nicht
nur aus Mitgliedern des Ortsvereins, sondern zum
großen Teil auch aus Mitgliedern anderer Künstler-
verbände. So ist jede Vereinsmeierei und Einseitigkeit
vermieden, und es wird das ausgeschieden, was nur
dem Znteresse einer Gruppe dient. Schwierigkeiten
hat dies Zusammenarbeiten bis jetzt noch nicht ge-
macht. Diese Ausschüsse haben vor allem auch
Verbindung mit Nichtkünstlern gesucht, und diese
haben sich auch beteiligt, soweit sie für die ein-
zelnen Ausschußaufgaben Znteresse und Verständnis
haben.
Die Aufgaben der Ausschüsse sind: s. Ver-
such einer wirtschaftlichen Statistik der Groß-Berliner
Künstlerschaft; 2. Anbahnung von Beziehungen zur
Kaufmannschaft und Zndustrie; 3. Studium des
Ausstellungswesens; ch Propaganda für Kunst und
Aufklärung des Publikums; 5. Regelung des Sach-
verständigenwesens.
Die Arbeiten der Ausschüsse erstrecken sich nur
auf Groß-Berlin und können mit Erfolg auch
wohl nur durchgeführt werden, soweit persönliche
Fühlungnahme möglich ist. Sie können nicht für
ganz Deutschland maßgebend sein, wie ja auch
Or. Drey in seinem Buche darauf hinweist, daß
man die Ergebnisse seiner Münchener Untersuchungen
nicht als typisch für die gesamten deutschen Kunst-
verhältnisse ansehen möge. Wünschenswert wäre
es natürlich, wenn möglichst in allen Kunst-
zentren ähnliche Arbeiten unternommen würden.
Die Ergebnisse solcher Arbeiten könnten gesammelt,
verglichen und für das Gesamtkunstleben Deutsch-
lands nutzbar gemacht werden.
Tum kau und der Ausstattung
von Kirchen uncl ancleren kirchlichen
Gebäuden. IV
(vgl. die Artikel in den heften 30, 3H und 38)
Nachdem der Kursus für evangelische Geistliche
(vgl. heft 3H) einen sehr guten Erfolg gehabt hat und
außerordentlich stark besucht worden war, hat sich die
Direktion der Kgl. Kunstakademie in Düsseldorf ent-
schlossen, nun auch einen
Kursus für katholische Geistliche und
Mitglieder vonKirchenvorständen vom
2. — 5. Zuli t9t2 in der Aula der
Königlichen Kunstakademie zu Düssel-
dorf abzuhalten mit folgendem
Die Werkstatt der Kunst.
535
Grundlagen der Malerei" von Or. Drey be-
ruht im wesentlichen auf einer Umfrage bei Künst-
lern und stellt tatsächlich eine Zusammenarbeitung
von 7H individuellen Ansichten dar. wenn man
sämtliche sHOOO deutsche Künstler befragte, die die
letzte Volkszählung aufweist, würde auch nur ein
Konglomerat von sHOOO persönlichen Ansichten ent-
stehen, die keine feste Basis für eine Besserungsaktion
abgeben.
Die ganze Sache muß methodischer angefaßt
werden, erst wenn die Künstler den wirtschaftlichen
Tatsachen anders gegenüberstehen, können sie über
ihre Aussichten auf dem Wirtschaftsmarkt zu rich-
tigen Ansichten kommen. Der Außenstehende kann
sich ein überall zutreffendes Urteil über Berufsver-
hältnisse wohl überhaupt nicht bilden, der Berufs-
mann kann dies aber auch nur im Zusammenar-
beiten mit Nationalökonomen, Juristen, Schriftstellern,
Kaufleuten usw. Line Hauptschwierigkeit für den
Künstler, zu einer nüchtern sachlichen Auffassung
seines Berufs als Teils der gesamten Volkswirtschaft
zu kommen, liegt wohl in seiner Erziehung. Zeder
Kunstschüler wird künstlich zu dem Traum von Ruhm
und Glanz erzogen, der ihn erst verläßt, wenn des
Lebens rauhe Wirklichkeit ihn zermürbt hat. Selbst-
verständlich gibt es Ausnahmen, deren gesunder wirt-
schaftlicher Sinn sich durch nichts beeinflussen läßt,
die wirtschaftlich prosperierenden Künstler sind aber
auffallend häufig Autodidakten. Ls wäre lächerlich,
wenn die technischen Hochschulen Erfinder züchten
wollten statt einfacher Brücken- und Maschinenbauer,
oder die Universitäten Dichter statt Philologen, der
junge Akademiker hält sich aber nur für existenz-
berechtigt, wenn er ein bahnbrechendes Genie in
sich selbst zu verwerten glaubt. Jede wirtschaftliche
Tätigkeit einer Künstlerkorporation wird durch den
Umstand erschwert, daß die junge Generation den
Kopf zu voll hat von künstlerischen Problemen (die
Verantwortung trägt hierfür zum großen Teil un-
sere Kunstschriftstellerei). Die wirtschaftlichen Sorgen
drücken die verheirateten noch wenig oder die Hoff-
nung auf eine glänzende Zukunft läßt sie unwesent-
lich erscheinen. Die Zungen haben deshalb geringes
Znteresse und wenig Zeit für korporatives Arbeiten,
die Aelteren sind vielfach schon pessimistisch und
müde. Zeder versuch wirtschaftlicher Organisation
muß von vornherein mit Schwierigkeiten rechnen,
die nur der Berufskünstler ermessen kann. Der
Nichtfachmann kann leicht ein theoretisches System
aufbauen, für die Durchführung in der Praxis fehlen
ihm aber die Grundbedingungen. Schon die Tren-
nung des wirtschaftlichen vom Künstlerischen bietet
die größten Schwierigkeiten. Für den einzelnen
bietet die Propagierung einer bestimmten künstle-
rischen Richtung oft gerade wirtschaftliche Vorteile.
Die Herausschälung der wirklich allen Künstlern
gemeinsamen Znteressen wird die größte Schwierig-
keit machen. Man darf jedenfalls nie vergessen,
daß der Künstler den Berufsgenossen nicht nur als
Kollege, sondern auch als Konkurrent gegenüber-
steht.
Zn der Erkenntnis, daß etwas geschehen muß,
hat der Grtsverein Berlin der A.D.K.G. nun
vor kurzer Zeit den Anfang zu methodischer Arbeit
auf wirtschaftlichem Gebiete gemacht. Ls sind fünf
bestimmte wirtschaftliche Fragen herausgegriffen
worden, und zu ihrer Bearbeitung ist je ein Aus-
schuß gebildet. Diese Ausschüsse bestehen aber nicht
nur aus Mitgliedern des Ortsvereins, sondern zum
großen Teil auch aus Mitgliedern anderer Künstler-
verbände. So ist jede Vereinsmeierei und Einseitigkeit
vermieden, und es wird das ausgeschieden, was nur
dem Znteresse einer Gruppe dient. Schwierigkeiten
hat dies Zusammenarbeiten bis jetzt noch nicht ge-
macht. Diese Ausschüsse haben vor allem auch
Verbindung mit Nichtkünstlern gesucht, und diese
haben sich auch beteiligt, soweit sie für die ein-
zelnen Ausschußaufgaben Znteresse und Verständnis
haben.
Die Aufgaben der Ausschüsse sind: s. Ver-
such einer wirtschaftlichen Statistik der Groß-Berliner
Künstlerschaft; 2. Anbahnung von Beziehungen zur
Kaufmannschaft und Zndustrie; 3. Studium des
Ausstellungswesens; ch Propaganda für Kunst und
Aufklärung des Publikums; 5. Regelung des Sach-
verständigenwesens.
Die Arbeiten der Ausschüsse erstrecken sich nur
auf Groß-Berlin und können mit Erfolg auch
wohl nur durchgeführt werden, soweit persönliche
Fühlungnahme möglich ist. Sie können nicht für
ganz Deutschland maßgebend sein, wie ja auch
Or. Drey in seinem Buche darauf hinweist, daß
man die Ergebnisse seiner Münchener Untersuchungen
nicht als typisch für die gesamten deutschen Kunst-
verhältnisse ansehen möge. Wünschenswert wäre
es natürlich, wenn möglichst in allen Kunst-
zentren ähnliche Arbeiten unternommen würden.
Die Ergebnisse solcher Arbeiten könnten gesammelt,
verglichen und für das Gesamtkunstleben Deutsch-
lands nutzbar gemacht werden.
Tum kau und der Ausstattung
von Kirchen uncl ancleren kirchlichen
Gebäuden. IV
(vgl. die Artikel in den heften 30, 3H und 38)
Nachdem der Kursus für evangelische Geistliche
(vgl. heft 3H) einen sehr guten Erfolg gehabt hat und
außerordentlich stark besucht worden war, hat sich die
Direktion der Kgl. Kunstakademie in Düsseldorf ent-
schlossen, nun auch einen
Kursus für katholische Geistliche und
Mitglieder vonKirchenvorständen vom
2. — 5. Zuli t9t2 in der Aula der
Königlichen Kunstakademie zu Düssel-
dorf abzuhalten mit folgendem