Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 11.1911/1912
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https://doi.org/10.11588/diglit.52948#0559
DOI Heft:
Heft 40.
DOI Artikel:Redaktioneller Teil
DOI Artikel:"Kunst und Volkswirtschaft": Thesen zu einem im Deutschen Werkbunde zu Wien von Dr. Friedrich Naumann gehaltenen Vortrage
DOI Artikel:"Der Gartenstadtgedanke": Thesen zu einem im Deutschen Werkbunde zu Wien von Geheimrat Dr.-Ing. Hermann Muthesius gehaltenen Vortrage
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heft HO.
Die Weckstatt der Kunst.
6. Die Unternehmer von Oualitätsindu-
strien müssen sich sowohl dem Publikum als auch
den Verfertigern von Kunstschund gegenüber als Ein-
heit fühlen, dürfen aber weder den Künstlern noch
den Arbeitern gegenüber als Unternehmerverband
im gewöhnlichen Sinne dieses Wortes auftreten,
wenn sie nicht die Kunst selbst ruinieren wollen,
von der sie leben.
7. Die Arbeiter von Oualitätsindustrien
bedürfen eines Lebenshintergrundes, der über dem
bloßen proletarischen Dasein steht, wenn sie künst-
lerische Hilfskräfte sein sollen. Ls ist nötig, daß sie
den ganzen Arbeitsvorgang ihres Gewerbes ver-
stehen lernen. Die gewerkschaftlichen Erfolge dieser
Arbeiter steigen mit ihrer gewerblichen Bildung.
8. Der Werkbund kann und will keine Kunst-
werke schaffen oder auch nur die Richtung der Form-
gebung bestimmen, was er aber kann, ist die För-
derung derjenigen Organisationen, Auskünfte, Aus-
stellungen und Untersuchungen, die für das wirt-
schaftliche Gedeihen von Künstlern, Unternehmern
und Arbeitern unentbehrlich sind.
„Der Gartenllacitgeclanke"
Thesen zu einem im Deutschen Werkbunde zu Wien
von Geheimrat Vr.-In§. Hermann Mnthefius
gehaltenen Vortrage.
Das Auseinanderziehen der in Mietkasernen
zusammengedrängten großstädtischen Bevölkerung er-
weist sich als sozialpolitische Pflicht, um dem wei-
teren durch ungesunde Wohnungen beförderten phy-
sischen und moralischen Abstiege derselben entgegen-
zutreten.
2. Durch die Entwicklung billiger und schneller
Verkehrsmittel ist die Möglichkeit gegeben, das Auf-
einandertürmen der Wohnungen in Mietkasernen
zu vermeiden und neue weiträumige Siedelungen
an deren Stelle zu setzen.
3. Die Neugründung ganzer Ortschaften enspricht
der auf anderen Gebieten geläufigen neuzeitlichen
Großproduktion. Sie verlangt wie jene die Heran-
ziehung bester organisatorischer Kräfte, die hier auch
technisch und künstlerisch auf erster höhe stehen
müssen. Insofern bietet die Gartenstadt die hand-
habe, die bisherigen auf Unzulänglichkeit bauenden
Kräfte beruhenden Mißstände in der Wohnungs-
herstellung zu beheben.
H. Die verbesserte Wohnung der Minderbe-
mittelten kann auf dieser Grundlage nur mit Aus-
schluß der Bodenspekulation und vorläufig nicht
anders als auf der Basis der Gemeinnützigkeit ge-
schaffen werden. Die spekulative Produktion wird
eintreten können, nachdem alle Grundfragen gelöst
sind.
5. Um die Wohnungsherstellung für die Minder-
bemittelten zu erleichtern, muß baupolizeiliches Ent-
gegenkommen in Hinsicht auf Mauerstärken, Stock-
werkhöhen, Treppenbreiten, Gebäudeabstände und
Konstruktionsmethoden geübt werden.
6. Der Gebrauch des Wortes „Gartenstadt" auf
andere als gemeinnützige und nach neuzeitlichen
städtebaulichen Gesichtspunkten planmäßig angelegte
Siedelungen ist nicht gerechtfertigt.
Hauptversammlung ckes Verbanctes
Deutlicher Kunltvereme
Im Künstlerhaufe zu Dresden hielt am H. und 5. Iuni
der verband Deutscher Kunstvereine unter dem Vorsitze des
Herrn Pixis-München seine dritte ordentliche Hauptver-
sammlung ab. Aus dem Jahresbericht auf das dritte
Geschäftsjahr ging hervor, daß sich die Gedanken, die
seinerzeit zur Begründung des Verbandes führten, als
lebensfähig erwiesen haben. Der verband hat anfänglich
mit Zweiflern und Widersachern zu kämpfen gehabt und
ist auch in mancher Hinsicht noch weit von dem Ziele
seiner vielleicht zu idealen wünsche entfernt. Die Grund-
lagen eines vollen Erfolges für die Zukunft sind jedoch
dadurch geschaffen, daß das Verständnis für ein einheit-
liches Zusammenarbeiten bei allen Verbands-
vereinen stets zunimmt. Dieses Zusammenarbeiten äußert
sich besonders günstig hinsichtlich der Stellung des Ver-
bandes nach außen und hat auch dazu geführt, daß die
Ausstellungsangelegenheiten wie der geschäftliche
Verkehr überhaupt mit früher nicht üblicher Sorgfalt be-
handelt werden. Die tadellose Erledigung auch der unbe-
deutendsten geschäftlichen Dinge muß auch in Zukunft als
die vornehmste Aufgabe des Verbandes betrachtet werden.
Man muß zu erreichen suchen, daß allein die Tatsache der
Zugehörigkeit zum verbände genügt, die unbedingte Zu-
verlässigkeit des einzelnen Vereins der Oeffentlichkeit gegen-
über zu gewährleisten. Der Künstler soll, ohne Enttäu-
schungen befürchten zu müssen, in jedem Verbandsvereine
einen vertrauenswürdigen, hilfsbereiten Förderer seiner
Interessen erblicken dürfen. Die Statistik über die
Leistungen der deutschen Kunstvereine ist nunmehr
endgültig abgeschloffen worden. An 95 Vereine sind An-
fragen nach dieser Richtung hin ergangen. dieser Ver-
eine fielen wegen Bedeutungslosigkeit weg und 8 kleinere
Vereine erteilten keine Auskunft. Die Aufstellung umfaßt
infolgedessen 73 Vereine mit 85 300 Mitgliedern, deren
jährlicher Gesamtaufwand für die Kunst t kooooo Mk. be-
trägt. hiervon entfallen auf Frachten und Ausstellungs-
betrieb rund HO 600 Mk., für Vereinsgaben ufw. tHOOOO Mk.,
für die Verlosung 5H0 000 Mk., für den verkauf an pri-
vate ufw. 7^0000 Mk. Die Vereine haben jährlich Kunst-
werke im werte von p/i Million Mark angekauft, wovon
allein 800000 Mk. auf die Verbandsvereine entfallen.
Die Zuspitzung der wirtschaftlichen Verhält-
nisse der Künstlerschaft macht es zu einer unabweis-
baren Pflicht, mit allem Nachdruck auf mehr Verkäufe
hinzuarbeiten. Die Anzeigen über die Gründung des Ver-
bandes haben auch die Regierungen der deutschen Bundes-
staaten mit großem Juteresse ausgenommen. Unter H7
deutschen Künstlerkorporationen, denen die Statistik zuge-
schickt worden ist, haben allerdings nur die Allgemeine
Deutsche Kunstgenossenschaft und die Münchener Künstler-
gruppe „Der Bund" mit herzlichen Zuschriften geantwortet.
Die von der letzten Generalversammlung beschlossenen
Wanderausstellungen sind in Umlauf gesetzt worden,
doch läßt sich über die Ergebnisse bis jetzt noch nichts
sagen. Ein guter Erfolg ist jedoch sicher zu erwarten.
Trotz der Schwierigkeit der ganzen Angelegenheit will der
verband diese Wanderausstellungen nicht aufgeben, weil
sie für die Mitglieder ein unbedingtes Bedürfnis sind.
Der Bericht äußert sich weiter über die Feuerversiche-
rungsverträge und über die Frachtvergünstigungen. Der
verband wird auch in Zukunft der Erlangung allgemeiner
Die Weckstatt der Kunst.
6. Die Unternehmer von Oualitätsindu-
strien müssen sich sowohl dem Publikum als auch
den Verfertigern von Kunstschund gegenüber als Ein-
heit fühlen, dürfen aber weder den Künstlern noch
den Arbeitern gegenüber als Unternehmerverband
im gewöhnlichen Sinne dieses Wortes auftreten,
wenn sie nicht die Kunst selbst ruinieren wollen,
von der sie leben.
7. Die Arbeiter von Oualitätsindustrien
bedürfen eines Lebenshintergrundes, der über dem
bloßen proletarischen Dasein steht, wenn sie künst-
lerische Hilfskräfte sein sollen. Ls ist nötig, daß sie
den ganzen Arbeitsvorgang ihres Gewerbes ver-
stehen lernen. Die gewerkschaftlichen Erfolge dieser
Arbeiter steigen mit ihrer gewerblichen Bildung.
8. Der Werkbund kann und will keine Kunst-
werke schaffen oder auch nur die Richtung der Form-
gebung bestimmen, was er aber kann, ist die För-
derung derjenigen Organisationen, Auskünfte, Aus-
stellungen und Untersuchungen, die für das wirt-
schaftliche Gedeihen von Künstlern, Unternehmern
und Arbeitern unentbehrlich sind.
„Der Gartenllacitgeclanke"
Thesen zu einem im Deutschen Werkbunde zu Wien
von Geheimrat Vr.-In§. Hermann Mnthefius
gehaltenen Vortrage.
Das Auseinanderziehen der in Mietkasernen
zusammengedrängten großstädtischen Bevölkerung er-
weist sich als sozialpolitische Pflicht, um dem wei-
teren durch ungesunde Wohnungen beförderten phy-
sischen und moralischen Abstiege derselben entgegen-
zutreten.
2. Durch die Entwicklung billiger und schneller
Verkehrsmittel ist die Möglichkeit gegeben, das Auf-
einandertürmen der Wohnungen in Mietkasernen
zu vermeiden und neue weiträumige Siedelungen
an deren Stelle zu setzen.
3. Die Neugründung ganzer Ortschaften enspricht
der auf anderen Gebieten geläufigen neuzeitlichen
Großproduktion. Sie verlangt wie jene die Heran-
ziehung bester organisatorischer Kräfte, die hier auch
technisch und künstlerisch auf erster höhe stehen
müssen. Insofern bietet die Gartenstadt die hand-
habe, die bisherigen auf Unzulänglichkeit bauenden
Kräfte beruhenden Mißstände in der Wohnungs-
herstellung zu beheben.
H. Die verbesserte Wohnung der Minderbe-
mittelten kann auf dieser Grundlage nur mit Aus-
schluß der Bodenspekulation und vorläufig nicht
anders als auf der Basis der Gemeinnützigkeit ge-
schaffen werden. Die spekulative Produktion wird
eintreten können, nachdem alle Grundfragen gelöst
sind.
5. Um die Wohnungsherstellung für die Minder-
bemittelten zu erleichtern, muß baupolizeiliches Ent-
gegenkommen in Hinsicht auf Mauerstärken, Stock-
werkhöhen, Treppenbreiten, Gebäudeabstände und
Konstruktionsmethoden geübt werden.
6. Der Gebrauch des Wortes „Gartenstadt" auf
andere als gemeinnützige und nach neuzeitlichen
städtebaulichen Gesichtspunkten planmäßig angelegte
Siedelungen ist nicht gerechtfertigt.
Hauptversammlung ckes Verbanctes
Deutlicher Kunltvereme
Im Künstlerhaufe zu Dresden hielt am H. und 5. Iuni
der verband Deutscher Kunstvereine unter dem Vorsitze des
Herrn Pixis-München seine dritte ordentliche Hauptver-
sammlung ab. Aus dem Jahresbericht auf das dritte
Geschäftsjahr ging hervor, daß sich die Gedanken, die
seinerzeit zur Begründung des Verbandes führten, als
lebensfähig erwiesen haben. Der verband hat anfänglich
mit Zweiflern und Widersachern zu kämpfen gehabt und
ist auch in mancher Hinsicht noch weit von dem Ziele
seiner vielleicht zu idealen wünsche entfernt. Die Grund-
lagen eines vollen Erfolges für die Zukunft sind jedoch
dadurch geschaffen, daß das Verständnis für ein einheit-
liches Zusammenarbeiten bei allen Verbands-
vereinen stets zunimmt. Dieses Zusammenarbeiten äußert
sich besonders günstig hinsichtlich der Stellung des Ver-
bandes nach außen und hat auch dazu geführt, daß die
Ausstellungsangelegenheiten wie der geschäftliche
Verkehr überhaupt mit früher nicht üblicher Sorgfalt be-
handelt werden. Die tadellose Erledigung auch der unbe-
deutendsten geschäftlichen Dinge muß auch in Zukunft als
die vornehmste Aufgabe des Verbandes betrachtet werden.
Man muß zu erreichen suchen, daß allein die Tatsache der
Zugehörigkeit zum verbände genügt, die unbedingte Zu-
verlässigkeit des einzelnen Vereins der Oeffentlichkeit gegen-
über zu gewährleisten. Der Künstler soll, ohne Enttäu-
schungen befürchten zu müssen, in jedem Verbandsvereine
einen vertrauenswürdigen, hilfsbereiten Förderer seiner
Interessen erblicken dürfen. Die Statistik über die
Leistungen der deutschen Kunstvereine ist nunmehr
endgültig abgeschloffen worden. An 95 Vereine sind An-
fragen nach dieser Richtung hin ergangen. dieser Ver-
eine fielen wegen Bedeutungslosigkeit weg und 8 kleinere
Vereine erteilten keine Auskunft. Die Aufstellung umfaßt
infolgedessen 73 Vereine mit 85 300 Mitgliedern, deren
jährlicher Gesamtaufwand für die Kunst t kooooo Mk. be-
trägt. hiervon entfallen auf Frachten und Ausstellungs-
betrieb rund HO 600 Mk., für Vereinsgaben ufw. tHOOOO Mk.,
für die Verlosung 5H0 000 Mk., für den verkauf an pri-
vate ufw. 7^0000 Mk. Die Vereine haben jährlich Kunst-
werke im werte von p/i Million Mark angekauft, wovon
allein 800000 Mk. auf die Verbandsvereine entfallen.
Die Zuspitzung der wirtschaftlichen Verhält-
nisse der Künstlerschaft macht es zu einer unabweis-
baren Pflicht, mit allem Nachdruck auf mehr Verkäufe
hinzuarbeiten. Die Anzeigen über die Gründung des Ver-
bandes haben auch die Regierungen der deutschen Bundes-
staaten mit großem Juteresse ausgenommen. Unter H7
deutschen Künstlerkorporationen, denen die Statistik zuge-
schickt worden ist, haben allerdings nur die Allgemeine
Deutsche Kunstgenossenschaft und die Münchener Künstler-
gruppe „Der Bund" mit herzlichen Zuschriften geantwortet.
Die von der letzten Generalversammlung beschlossenen
Wanderausstellungen sind in Umlauf gesetzt worden,
doch läßt sich über die Ergebnisse bis jetzt noch nichts
sagen. Ein guter Erfolg ist jedoch sicher zu erwarten.
Trotz der Schwierigkeit der ganzen Angelegenheit will der
verband diese Wanderausstellungen nicht aufgeben, weil
sie für die Mitglieder ein unbedingtes Bedürfnis sind.
Der Bericht äußert sich weiter über die Feuerversiche-
rungsverträge und über die Frachtvergünstigungen. Der
verband wird auch in Zukunft der Erlangung allgemeiner