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Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 11.1911/​1912

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Heft 33.
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Redaktioneller Teil
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D.W.D.K.: Zur Opernhausfrage, 2
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https://doi.org/10.11588/diglit.52948#0461

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Heft 33.

Die Werkstatt der Runst.

M
Redaktioneller Teil.

2ur Opernkausirsg«. II
(Dgl. die vorige Nummer.)
Wir haben in der vorigen Nummer in unserem
Bericht nach Nedaktionsschluß noch eine telephoni-
sche Nachricht eingefügt, derzufolge das Abgeord-
netenhaus in seiner Sitzung vom 2. Mai einstimmig
beschlossen habe, einen öffentlichen allgemeinen
Wettbewerb auszuschreiben. Das trifft nun
lei-er nicht ganz zu, denn es wurde vielmehr
im Plenum der gemeinsame Antrag der Ab-
geordneten v. Bülow (Homburg) und Genossen,
dessen Wortlaut wir nachstehend wiederholen,
einstimmig angenommen.
In diesem angenommenen Anträge ist nun die
Beteiligung der allgemeinen Aünstlerschaft noch
nicht klar festgelegt, doch ist zu hoffen, daß
dennoch die Wünsche der Privatarchitekten genügend
Berücksichtigung finden werden. Nach der Resolu-
tion des Bundes Deutscher Architekten (vgl.
die vorige Nummer) wurde ja kein üblicher Wett-
bewerb mit Preisen gefordert, sondern nur die Ge-
währung der Möglichkeit, „auf Grund eines ge-
klärten Bauprogramms und unter Ueberlassung der
nötigen Grundlagen Ideenskizzen einzureichen". Die
Erfüllung einer solchen Bitte wäre allerdings nicht
mehr wie recht und billig!
Wir drucken nun zunächst den Antrag noch ein-
mal und dann die Reden des Bautenministers
und des Antragbegründers v. Bülow (Hom-
burg) ab. O. W. O. L.
-i- -i-
-r-
Antrag -er Abgeordneten v. Bülow-Homburg
und Genossen r
Das Haus der Abgeordneten spricht bei
Bewilligung der 80000 Mk. in Kapitel 23
Titel 71 die Erwartung aus:
1. datz die Königliche Staatsregierung den
Entwurf für den Neubau eines König-
lichen Opernhauses in Berlin unter Be-
nutzung der bisher beschafften Unterlagen
sowie unter Hinzuziehung weiterer Kreise
der deutschen Künstlerschaft aufstellt und
dabei auch das Anerbieten des „Bundes
Deutscher Architekten" vom 20. April d. I.
berücksichtigt;
2. datz dabei die amtliche Programmskizze
als Grundlage dienen > es den Künstlern
jedoch freigestellt werden soll, von dieser
Programmskizze abzuweichen, soweit es
ihnen zweckmäßig oder aus künstlerischen
Gründen nötig erscheint;
3. datz die Entwurfsskizzen von der König-
lichen Akademie des Bauwesens begut-
achtet werden.
v. Breitenbach, Minister der öffentlichen Arbeiten:
Meine Herren, die öffentliche Kritik hat sich mit den in
weiten Kreisen durch Abbildungen und Beschreibungen be-
kannt gewordenen Entwürfen zu einem neuen Gpernhause
befaßt und mit Recht auf die große Bedeutung der Bau-
aufgabe hingewiesen. Der wert der bisherigen Entwurfs-
bearbeitungen ist sehr verschieden beurteilt worden, ins-
besondere in künstlerischer Beziehung. Auf der einen Seite

wird in Würdigung der besonderen Schwierigkeiten des
Bauvorhabens und des Bauprogramms anerkannt, daß die
Entwürfe der sieben erstmalig zur Bearbeitung heran-
gezogenen Architekten und der vier zum zweiten Mal auf-
geforderten Architekten eine gute und geeignete Grundlage
bilden, um einen ausführlichen Entwurf zu bearbeiten,
von anderer Seite wird aber das Gesamtergebnis als
durchaus unbefriedigend gekennzeichnet. Es wird auch die
Wahl des Bauplatzes bemängelt.
Meine Herren, in letzterer Beziehung darf ich wohl
feststellen, daß, nachdem der Landtag im Vorjahre die er-
heblichen Mittel für den Grunderwerb zu einem neuen
Gpernhause bewilligt hat, und nachdem diese Mittel ver-
ausgabt worden sind, die Frage des Bauplatzes wohl als
entschieden angesehen werden kann. Die Staatsregierung
hat sich jedenfalls erst zu dieser Vorlage entschließen können,
nachdem auf Grund sehr sorgfältiger Vorerhebungen fest-
gestellt war, daß ein anderer geeigneter Bauplatz nicht zu
finden war, und auch die sieben erstmalig zur Bearbeitung
herangezogenen Architekten haben, obwohl es ihnen frei-
gelassen war, einen anderen Platz in Vorschlag zu bringen,
keinen anderen bezeichnen können. Einige von ihnen haben
vielmehr ausdrücklich anerkannt, daß aus künstlerischen
Gründen die Wahl des Bauplatzes am Königsxlatze als
eine durchaus glückliche bezeichnet werden kann. Ls wird
wohl auch nicht bestritten werden können, daß es im städte-
baulichen Sinne nur als erwünscht bezeichnet werden muß,
wenn der Königsplatz auf seiner Westseite in seiner ganzen
Breite einen architektonischen Abschluß erhält, etwa in der
weise, wie es in der Programmskizze gedacht ist, daß das
Opernhaus im stattlichen Maßstabe die Mitte der Bau-
gruppe bildet und von privatbauten, die durch offene
Hallen mit ihm verbunden sind, flankiert wird, um so durch
den Gegensatz die monumentale Wirkung zu steigern.
In der Kritik, soweit sie den künstlerischen wert
der bisherigen Lntwurfsbearbeitungen betrifft, kommt ein
Gefühl starker Enttäuschung zum Ausdruck. Ls
heißt dort: man habe von den Architekten eine ganz über-
zeugende, der Größe der Aufgabe gerecht werdende Lösung
und etwas Neues und Bedeutendes erwarten müssen.
Statt dessen aber finde man in sämtlichen Entwurfsskizzen
nichts von der Sprache unserer Zeit; man vermisse den
Beweis von baukünstlerischem Können der Gegenwart;
man sehe nur althergebrachte, abgebrauchte, unserem heu-
tigen Empfinden fremde Formen. Demgegenüber darf aber
doch festgestellt werden, daß die sämtlichen zur Entwurfs-
bearbeitung aufgeforderten Architekten, die norddeutschen
sowohl wie die süddeutschen, sich in der Wahl der Stil-
formen zur historischen Auffassung bekannt haben, obwohl
ihnen nach dieser Richtung keinerlei Bindung auferlegt
war. Offenbar sind sie aus innerer Ueberzeugung von
der Auffassung ausgegangen, daß der Zweck des Gebäudes
als eines Tempels der Kunst nach althergebrachter Auf-
fassung von Feierlichkeit und würde sich nicht prägnanter
zum Ausdruck bringen lasse als durch ein Iurückgreifen
auf Stilformen, die sich im Laufe der Jahrhunderte und
im wechsel der Zeiten siegreich behauptet haben, wenn es
galt, einem Bauwerk machtvolle, monumentale Gestaltung
zu geben.
Meine Herren, nicht die Stilform allein ist das Ent-
scheidende für den künstlerischen wert eines Bauwerks,
gleichermaßen doch auch ihre künstlerische Beherrschung.
Ein schöpferisch begabter Architekt wird auch in den Bahnen
der historischen Auffassung so viel Neues, Eigenartiges
und Persönliches hervorbringen können, namentlich im
Zusammenwirken mit Plastik, Malerei und Kunstgewerbe,
daß ein Ganzes entsteht, welches die Summe des künstle-
rischen Könnens der Gegenwart in sich verkörpert.
Die vier vorliegenden Entwürfe sind auch nur Skizzen.
Es wird Sache des mit der endgültigen Bearbeitung be-
auftragten Künstlers sein, in dem Maße, wie er sich in
diese Aufgabe vertieft, unter voller Würdigung des von
 
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