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Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 11.1911/​1912

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Heft 33.
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Redaktioneller Teil
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D.W.D.K.: Zur Opernhausfrage, 2
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https://doi.org/10.11588/diglit.52948#0462

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H52 Die Werkstatt der Rmist. Heft 33.

der Kritik vorgetragenen einen baureifen Entwurf zu
schaffen. Die Voraussetzungen dafür sind in langwieriger,
schwieriger, mühevoller Arbeit geschaffen, nach meinem Er-
messen, nach dem Ermessen der Sachverständigen und
Künstler, die mich beraten, und nach dem Urteil derjenigen
Verwaltung, die demnächst den Betrieb im neuen Oxern -
hause zu führen haben wird.
Mit besonderem Nachdruck ist nun in der
Tagespresse und auch von den Fachvereinen die
Ausschreibung eines allgemeinen Wettbewerbes
alswunsch der deutschen Künstlerschaft bezeichnet
worden, damit, wie es dort heißt,
die besten Kräfte des Landes sich an der schwierigen
Lösung der Ausgabe beteiligen können. Nur auf
diesem Wege
— glauben die Vertreter jener Forderung —
würde eine sichere Bürgschaft dafür gewonnen, daß
ein Werk entsteht, welches ein rühmliches Zeugnis
von dem baukünstlerischen Können der Gegenwart
ablegt.
(Sehr richtig! links)
Ueber den wert eines solchen Wettbewerbs gehen die
Meinungen weit auseinander. Für eine ganz freie und
ideale Aufgabe, wie es etwa ein Denkmal ist, oder für
ein Bauwerk von besonderer Eigenart, deren Ausdrucks-
möglichkeiten noch nicht erschöpft sind, wird ein allgemeiner
Wettbewerb, sofern nicht durch die Programmforderungen
die Erfindungsgabe zu stark eingeengt wird, sicher am
Platze sein, da er eine Fülle von neuen Ideen bringen
und jungen, bisher unbekannten Talenten die Wege bahnen
kann. Aber, meine Herren, ich darf doch daran erinnern,
daß selbst bei ganz freien und idealen Aufgaben, wie es
beispielsweise die Konkurrenz um das Bismarckdenk-
mal auf der Llisenhöhe bei Bingerbrück war, der
Erfolg eines Wettbewerbs durchaus zweifelhaft ist, und ich
kann ferner darauf Hinweisen, wie die Jury, der doch die
ersten Künstler, unsere ersten Autoritäten angehört haben,
wie wir das auch im vorliegenden Falle sehen, in der
ästhetischen Frage durchaus voneinander abweichender Mei-
nung waren.
Nun sind nach unserer Auffassung die Voraussetzungen
für einen allgemeinen Wettbewerb vorliegend nicht gegeben,
da der Künstler an zwingende Zweckmäßigkeitssorderungen
eng gebunden ist, und ich darf darauf Hinweisen, daß auch
Männer von großer Begabung, die sich vom baukünstle-
rischen Standpunkte eines großen Rufes erfreuen, sich
ganz entschieden in Uebereinstimmung mit unseren Auf-
fassungen gegen einen allgemeinen Wettbewerb ausge-
sprochen haben.
von gleichen Erwägungen ausgehend, hat die Staats-
regierung geglaubt, vorurteilsfrei und sachlich zu handeln,
als sie nur in begrenztem Umfange Künstler von Bedeu-
tung und fachmännische Autoritäten zur Lntwurfsbearbei-
tung herangezogen hat. Sie war und ist auch heute noch
der Meinung, daß sie auf diesem von ihr als richtig er-
kannten Wege eine besonders geeignete Grundlage für die
Weiterbearbeitung schaffen würde und auch geschaffen hat.
wenn nun aber das Hohe Haus, wie aus der mir vor-
liegenden Resolution erkennbar ist, wert darauf legt, daß
noch weiter den Kreisen deutscher Künstlerschaft Gelegen-
heit gegeben werde, auf der Grundlage der amtlichen
Programmskizzen Beiträge zur künstlerischen Lösung der
Aufgabe zu liefern, so will die Staatsregierung sich diesem
Wunsche gegenüber nicht ablehnend verhalten. Mitbe-
strnnnend für diesen Entschluß ist, daß ein all-
gemeiner Wettbewerb nicht mehr gefordert wird,
ferner die Hoffnung, daß die zu erwartenden Skizzen nicht
nur schätzbare Anregungen, sondern auch Verbesserungen
bringen werden. Die Staatsregierung erklärt sich daher
mit dem Wortlaut wie mit dem Inhalt der Resolution
und der beantragten Aenderung des Ltatstitels einver-
standen.
Hierauf erhielt zur Begründung des Antrages
das Wort der Antragsteller:

v. Bülow-Homburg, Abgeordneter (nat.-lib.): In der
sehr schwierigen Angelegenheit des Neubaues des König-
lichen Opernhauses haben lange Verhandlungen unter den
Parteien dieses Hauses stattgefunden, auch unter Hinzu-
ziehung von Vertretern der Königlichen Regierung, und
man hat sich schließlich geeinigt auf die Resolution, die
Ihnen allen vorliegt, und die darin gipfelt, daß Kein all-
gemeiner neuer Wettbewerb ausgeschrieben werden
soll, sondern ein engerer Wettbewerb unter hervor-
ragenden Künstlern, um ein besseres Resultat zu er-
zielen, als es der bisherige engere Wettbewerb, der von
der Königlichen Regierung ausging, gebracht hat. An der
heutigen Erklärung des Ministers ist das Erfreuliche, daß
er sich ausdrücklich auf den Boden dieser unserer Resolution
gestellt hat. Damit ist ein gemeinsames Vorgehen der
Volksvertretung und der Königlichen Regierung in dieser
wichtigen Sache in die Wege geleitet.
Die Angelegenheit des Opernhauses ist ja glücklicher-
weise keine Angelegenheit irgendeiner Partei in diesem
Hause, und sie ist auch nicht eine Angelegenheit, die ledig-
lich für die Stadt Berlin ein Interesse hat, sondern sie
interessiert ganz Preußen und über Preußen hinaus
überhaupt das Deutsche Reich; denn es ist eine Ehrensache
für jeden Deutschen, daß hier in der Reichshauptstadt ein
Bau ersteht, der davon Zeugnis ablegt, daß die deutsche
Architektur und die deutsche Künstlerschaft bezüglich des
Theaterbaues nicht nur in technischer, sondern auch in
künstlerischer Beziehung auf der Höhe der Zeit sich
befindet, ein Bau, auf den hoffentlich unsere Generation
und die folgenden Generationen mit Stolz werden blicken
können, von diesem hohen Gesichtspunkt aus war es
meinen politischen Freunden und mir nicht möglich ge-
wesen, das Ergebnis des bisherigen von der Regierung
ausgeschriebenen Wettbewerbes, wie es vor unser aller
Augen liegt, als ein solches anzusehen, welches den einen
oder den anderen Entwurf als zur Ausführung geeignet
erscheinen ließ. Nichtsdestoweniger ist dankbar anzuerkennen,
daß die bisherigen Entwürfe wertvolle Vorarbeiten für
den später zur Ausführung gelangenden Entwurf darbieten.
Die Idee unserer Resolution, von der wir hoffen, daß
sie möglichst einstimmig von diesem Hohen Hause an-
genommen werden wird, geht dahin, daß wir einmal
wünschen, daß die Regierung auf Grund eines revidierten
oder, sagen wir, geklärten Programms noch eine größere
Anzahl hervorragender Künstler oder Architekten,
öie insbesondere in dem Fache des Theaterbaues
erfahren sind, neu hinzuzieht, damit sie Bauskizzen
für das neue Opernhaus vorzulegen in der Lage sind, —
also ein neuer engerer Wettbewerb. Ls ist wohl anzu-
nehmen, daß die Regierung sich in Ausführung dieser
Resolution an die einzelnen Künstlervertretungen, die
großen Künstlervereine, insbesondere an den Bund der
deutschen Architekten wendet und sich von dieser: hervor-
ragende Künstler vorschlagen läßt, die gewillt sind, in den
Wettbewerb mit einzutreten. Der Bund der deutschen
Architekten hat sich in seiner letzten Versammlung aus-
drücklich freiwillig erboten, solche Skizzen von hervorragen-
den Mitgliedern des Bundes zu diesem neuen Wettbewerb
vorzulegen. Für die Ausarbeitung eines neuen Entwurfes
heben wir von den vielen wünschen, die in dieser Be-
ziehung bestehen, noch besonders hervor, daß wir die Hoff-
nung haben, daß eine geeignete Ausgestaltung des
Zuhörerraums in dem neuen Theater herausgefunden
werden müsse, als der bisher in Betracht gezogene. Lin
Zuhörerraum, wie er jetzt in Aussicht genommen, mit einer
Länge, die vom Bühnenraum bis an die äußerste Spitze
nicht weniger als 53 rn beträgt, legt die Befürchtung nahe,
daß die Akustik in einem solchen Hause und das Seh-
vermögen für die Zuhörer sehr bedenklich leidet.
Um die Künstler in ihrer freien Bewegung nicht mehr
zu beschränken, als unbedingt nötig ist, ist ihnen in der
Resolution gestattet, aus Zweckmäßigkeitsgründen und aus
künstlerischen Gründen von der aufzustellenden Programm-
skizze, wenn es notwendig sein sollte, abzuweichen.
 
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