Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 11.1911/1912
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https://doi.org/10.11588/diglit.52948#0477
DOI issue:
Heft 34.
DOI article:Redaktioneller Teil
DOI article:D.W.D.K.: Die deutsche Kunstausstellung in Buenos Aires 1912
DOI article:Regierung und Landesausstellungspark
DOI article:Urban, Hermann: Eine Anregung
DOI article:Das Manifest der Futuristen, 2
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Heft 34.
Die Werkstatt der Kaust.
H6?
die Einigkeit der deutschen Künstler wenigstens vor dem
Auslande zeigen. Jedenfalls ist diese Notmaßregel ver-
ständlicher und verzeihlicher, als wenn die Jury z. B. dem
Wunsche des Herrn Geheimrats Platz nachgegeben und ab-
gelehnte Werke doch noch in die Ausstellung ausgenommen
hätte, nur weil der betreffende Künstler der „Gesellschaft für
Deutsche Kunst im Auslande" eine erhebliche Summe
gespendet hat. wir hoffen, daß eine solche unsachliche
Einmischung in die eigenen Angelegenheiten der Künstler
von der Jury energisch zurückgewiesen wurde, und wollen
andererseits gern registrieren, daß Prof. Georg Voß in
der „Kunstwelt" schreibt: „Das Hauptverdienst um das
Zustandekommen einer so vielseitigen Ausstellung deutscher
Kunst hat der bisherige Vorsitzende der ,Gesellschaft für
Deutsche Kunst im Auslande-, Geheimer Regierungsrat
Platz, der die organisatorischen Arbeiten geleitet, und dem
es gelungen ist, aus den Kreisen opferwilliger Kunstfreunde
die erforderlichen hohen Geldsummen zusammenzubringen,
die zur Durchführung einer solchen ganz auf eigene Kraft
gestellten Ausstellung deutscher Kunst erforderlich sind."
Die Schriftleitung der „Werkstatt der Kunst" hat in
den verschiedenen Lntwicklungsstadien dieser Ausstellung
nach bestem wissen und vermögen über die Interessen der
Künstlerschaft gewacht und unverblümt gesprochen und ein-
gegriffen, wo es ihr notwendig erschien. Dies Verhalten
hat mancherorts Anstoß erregt, was wir wohl bedauern;
doch sind wir andererseits sehr genau darüber unter-
richtet, daß Gutes damit bewirkt worden ist. Nun die
Ausstellung so gut wie möglich zustande gekommen ist,
darf man ihr den besten Erfolg wünschen und prophe-
zeien, den fleißigen Förderern und opferwilligen Spendern
aber den Dank der Künstlerschaft aussprechen.
O. W. V. L.
Regierung unct kanclesLUslleUungspark
Die „Korrespondenz für Kunst und Wissenschaft" in
Lharlottenburg schreibt:
„Die Erklärung des Regierungskommissars in der
Abgeordnetenhauskommission, es seien Erwägungen dar-
über im Gange, ob der Staat nicht auf seine Ansprüche
an den bisherigen Pächter des Landesausstellungsparkes —
sie belaufen sich bekanntlich auf nicht weniger als eine
Million — verzichten wolle, um einen Konkurs zu ver-
hüten, kann nur lebhaftes Befremden erregen. Im In-
teresse einer gesunden Finanzwirtschaft wäre zu wünschen,
daß die anderen Gläubiger des Landesausstellungsparkes
weniger generös sind, damit wenigstens alles versucht wird,
um von dem hier recht sinnlos vergeudeten Geld zu retten,
was noch zu retten ist. wie konnte es überhaupt kommen,
so fragt man sich in den Kreisen der Unterrichteten, daß
die Regierung so große Summen hier einfach hineinsteckte,
ohne nur die geringsten Unterlagen oder Sicherheiten sich
geben zu lassen? wie konnte es zum Beispiel geschehen,
daß noch jüngst der bisherige Pächter die wertvollen Go-
belins aus seinem Besitz, die bisher im Großen Saal
hingen, für 90000 Mk. nach dem Ausland verkaufte, ein
Besitz, der doch von Rechts wegen in die Konkursmasse
gehörte? Ferner läßt sich nachrechnen, daß dem Pächter
wenigstens etwa 80000 Ulk. Einnahmen jährlich aus
Unterverpachtungen, von den Tennisplätzen, der Garderobe,
den Verkaufskiosken, der Eisbahn zuflossen. Für jeden
Fall sollte jetzt, wo die Aschinger-Gesellschaft den Betrieb
in die Hand genommen hat, für eine gründliche Verbesse-
rung des Parkes gesorgt werden. Die gräßliche „Kontuine
lulnineuse", inmitten ihrer schattenlosen Umgebung für
den Sommer ein wahrhaft schrecklicher Aufenthalt, müßte
zu allererst fallen. Ulan sollte einen tüchtigen Gartenbau-
meister heranziehen und die nötigen Anpffanzungen vor-
nehmen lassen, damit die anspruchsvolle und künstlerisch
so gänzlich nichtige jetzige Aufmachung zerstört wird. Lin
Erfolg ist wenigstens bisher zu verzeichnen. Die Künst-
lerschaft, die Genossenschaft der Akademiemitglieder und
der Verein Berliner Künstler, hat es durchgesetzt, daß sie
nicht wie bisher eine glatte pauschsumme von je ZOOOO Ulk.
für die Musik hineinzustecken braucht, sondern nur die
Auslagen für die Kapellen zu erstatten hat. Und zwar
soll der Höchstbetrag für beide Körperschaften je ZOOOO Mk.
sein, ein Betrag, der allerdings wohl kaum erreicht werden
dürfte."
Eine Anregung
viele Kollegen beklagen sich bitter, in welch unsach-
gemäßer weise Bilder von Packern und Ausstellungs-
dienern angefaßt werden.
Die Folgen sind die gefürchteten Eindrücke der Keil-
rahmenteile und vor allem Nägel, Finger und
Knöchel, Verletzungen, welche Düllen und scharfkantige
Erhabenheiten in der Bildfläche erzeugen.
Sind solche Verletzungen in glattgehaltenen Farbffächen,
insbesondere Temperabildern vorhanden, ist an ein unsicht-
bareres Ausbessern in den seltensten Fällen zu denken.
Durch Holzteile eingedrückte Streifen sind überhaupt
nicht mehr heranszurestaurieren.
Düllen ziehen sich wohl mit Wasser etwas zusammen,
aber die verletzte Stelle ist fast immer eine „sichtbare".
Lin solches lverk wird dadurch entwertet, unter
Umständen unverkäuflich.
Um diesem „ungewollten Unfug" zu steuern, gebe ich
eine Anregung bekannt, welche die Münchener Künstler-
gruppe „Die Bayern" ins praktische übersetzt hat.
Auch die Münchener Künstlergenossenschaft hat für
dieses Jahr in dankenswerter weise in ihren Sälen Plakate
aufgehängt, welche den folgenden Text enthalten:
beim Anfaffen nicht Knöchel der Hand
oder Finger in das Leinen drücken. Beschä-
digungen dieser oder anderer
Art führen zu Anspruch auf Schadenersatz
Dieser Text sollte, überall als „Band" rückwärts auf
den Keilrahmen aufgeklebt, eingeführt werden.
Uebergibt ein Künstler ein Bild, so soll er den Ab-
nehmer auf das Intaktsein aufmerksam machen sowie
auf das rückwärts aufgeklebte Warnungsband.
Nur so ist es möglich, daß auch der weiterbefördernde
sich einem Dritten gegenüber schützt, da er sonst verant-
wortlich gemacht werden kann.
Daß man auf hiesigem Platze nicht mehr gewillt ist,
den Schlendrian zu dulden, mußte eine größere Firma
durch bereits geleisteten Schadenersatz unangenehmst emp-
finden.
München, im Mai t 9 l 2. vrok. Hermann vrban.
Vas Manifest cter Futuristen. II
(vgl. den Artikel in Nr. 3f)
Die Redaktion der Zeitung „Der Sturm" übersandte
dem „Berliner Tageblatt" die Abschrift einer Anzeige,
die Herr Or. Hermann F. Wirth, Lektor an der Uni-
versität Berlin, am 25. April an den Polizeipräsi-
denten v. Iagow gerichtet hat. Herr Or. Wirth unter-
breitet Herrn v. Iagow das in der Potsdamer Straße ver-
breitete Flugblatt „Manifest der Futuristen" zur näheren
Kenntnisnahme. Er begründet diese Handlung mit den
Worten:
„Anbei beehre ich mich, Euer Hochwohlgeboren fol-
gendes auf der Potsdamer Straße heute verteiltes Flug-
blatt zur näheren Kenntnisnahme ergebenst zu unter-
breiten. Als Ausländer, der die sittlichen «Dualitäten
des preußischen Staates und seine «Organisation hat
kennen und bewundern lernen, befremdet es mich im
höchsten Maße, einen solchen Unfug, der nur eine Spe-
kulation ist auf die niedrigen Instinkte eines gewissen
Teiles der Großstadtbevölkerung, geduldet zu sehen, und
ist mir solches nur erklärlich in der Annahme, daß an
zuständiger Stelle von dem Treiben dieser betreffenden
Elemente nichts bekannt ist."
Die Werkstatt der Kaust.
H6?
die Einigkeit der deutschen Künstler wenigstens vor dem
Auslande zeigen. Jedenfalls ist diese Notmaßregel ver-
ständlicher und verzeihlicher, als wenn die Jury z. B. dem
Wunsche des Herrn Geheimrats Platz nachgegeben und ab-
gelehnte Werke doch noch in die Ausstellung ausgenommen
hätte, nur weil der betreffende Künstler der „Gesellschaft für
Deutsche Kunst im Auslande" eine erhebliche Summe
gespendet hat. wir hoffen, daß eine solche unsachliche
Einmischung in die eigenen Angelegenheiten der Künstler
von der Jury energisch zurückgewiesen wurde, und wollen
andererseits gern registrieren, daß Prof. Georg Voß in
der „Kunstwelt" schreibt: „Das Hauptverdienst um das
Zustandekommen einer so vielseitigen Ausstellung deutscher
Kunst hat der bisherige Vorsitzende der ,Gesellschaft für
Deutsche Kunst im Auslande-, Geheimer Regierungsrat
Platz, der die organisatorischen Arbeiten geleitet, und dem
es gelungen ist, aus den Kreisen opferwilliger Kunstfreunde
die erforderlichen hohen Geldsummen zusammenzubringen,
die zur Durchführung einer solchen ganz auf eigene Kraft
gestellten Ausstellung deutscher Kunst erforderlich sind."
Die Schriftleitung der „Werkstatt der Kunst" hat in
den verschiedenen Lntwicklungsstadien dieser Ausstellung
nach bestem wissen und vermögen über die Interessen der
Künstlerschaft gewacht und unverblümt gesprochen und ein-
gegriffen, wo es ihr notwendig erschien. Dies Verhalten
hat mancherorts Anstoß erregt, was wir wohl bedauern;
doch sind wir andererseits sehr genau darüber unter-
richtet, daß Gutes damit bewirkt worden ist. Nun die
Ausstellung so gut wie möglich zustande gekommen ist,
darf man ihr den besten Erfolg wünschen und prophe-
zeien, den fleißigen Förderern und opferwilligen Spendern
aber den Dank der Künstlerschaft aussprechen.
O. W. V. L.
Regierung unct kanclesLUslleUungspark
Die „Korrespondenz für Kunst und Wissenschaft" in
Lharlottenburg schreibt:
„Die Erklärung des Regierungskommissars in der
Abgeordnetenhauskommission, es seien Erwägungen dar-
über im Gange, ob der Staat nicht auf seine Ansprüche
an den bisherigen Pächter des Landesausstellungsparkes —
sie belaufen sich bekanntlich auf nicht weniger als eine
Million — verzichten wolle, um einen Konkurs zu ver-
hüten, kann nur lebhaftes Befremden erregen. Im In-
teresse einer gesunden Finanzwirtschaft wäre zu wünschen,
daß die anderen Gläubiger des Landesausstellungsparkes
weniger generös sind, damit wenigstens alles versucht wird,
um von dem hier recht sinnlos vergeudeten Geld zu retten,
was noch zu retten ist. wie konnte es überhaupt kommen,
so fragt man sich in den Kreisen der Unterrichteten, daß
die Regierung so große Summen hier einfach hineinsteckte,
ohne nur die geringsten Unterlagen oder Sicherheiten sich
geben zu lassen? wie konnte es zum Beispiel geschehen,
daß noch jüngst der bisherige Pächter die wertvollen Go-
belins aus seinem Besitz, die bisher im Großen Saal
hingen, für 90000 Mk. nach dem Ausland verkaufte, ein
Besitz, der doch von Rechts wegen in die Konkursmasse
gehörte? Ferner läßt sich nachrechnen, daß dem Pächter
wenigstens etwa 80000 Ulk. Einnahmen jährlich aus
Unterverpachtungen, von den Tennisplätzen, der Garderobe,
den Verkaufskiosken, der Eisbahn zuflossen. Für jeden
Fall sollte jetzt, wo die Aschinger-Gesellschaft den Betrieb
in die Hand genommen hat, für eine gründliche Verbesse-
rung des Parkes gesorgt werden. Die gräßliche „Kontuine
lulnineuse", inmitten ihrer schattenlosen Umgebung für
den Sommer ein wahrhaft schrecklicher Aufenthalt, müßte
zu allererst fallen. Ulan sollte einen tüchtigen Gartenbau-
meister heranziehen und die nötigen Anpffanzungen vor-
nehmen lassen, damit die anspruchsvolle und künstlerisch
so gänzlich nichtige jetzige Aufmachung zerstört wird. Lin
Erfolg ist wenigstens bisher zu verzeichnen. Die Künst-
lerschaft, die Genossenschaft der Akademiemitglieder und
der Verein Berliner Künstler, hat es durchgesetzt, daß sie
nicht wie bisher eine glatte pauschsumme von je ZOOOO Ulk.
für die Musik hineinzustecken braucht, sondern nur die
Auslagen für die Kapellen zu erstatten hat. Und zwar
soll der Höchstbetrag für beide Körperschaften je ZOOOO Mk.
sein, ein Betrag, der allerdings wohl kaum erreicht werden
dürfte."
Eine Anregung
viele Kollegen beklagen sich bitter, in welch unsach-
gemäßer weise Bilder von Packern und Ausstellungs-
dienern angefaßt werden.
Die Folgen sind die gefürchteten Eindrücke der Keil-
rahmenteile und vor allem Nägel, Finger und
Knöchel, Verletzungen, welche Düllen und scharfkantige
Erhabenheiten in der Bildfläche erzeugen.
Sind solche Verletzungen in glattgehaltenen Farbffächen,
insbesondere Temperabildern vorhanden, ist an ein unsicht-
bareres Ausbessern in den seltensten Fällen zu denken.
Durch Holzteile eingedrückte Streifen sind überhaupt
nicht mehr heranszurestaurieren.
Düllen ziehen sich wohl mit Wasser etwas zusammen,
aber die verletzte Stelle ist fast immer eine „sichtbare".
Lin solches lverk wird dadurch entwertet, unter
Umständen unverkäuflich.
Um diesem „ungewollten Unfug" zu steuern, gebe ich
eine Anregung bekannt, welche die Münchener Künstler-
gruppe „Die Bayern" ins praktische übersetzt hat.
Auch die Münchener Künstlergenossenschaft hat für
dieses Jahr in dankenswerter weise in ihren Sälen Plakate
aufgehängt, welche den folgenden Text enthalten:
beim Anfaffen nicht Knöchel der Hand
oder Finger in das Leinen drücken. Beschä-
digungen dieser oder anderer
Art führen zu Anspruch auf Schadenersatz
Dieser Text sollte, überall als „Band" rückwärts auf
den Keilrahmen aufgeklebt, eingeführt werden.
Uebergibt ein Künstler ein Bild, so soll er den Ab-
nehmer auf das Intaktsein aufmerksam machen sowie
auf das rückwärts aufgeklebte Warnungsband.
Nur so ist es möglich, daß auch der weiterbefördernde
sich einem Dritten gegenüber schützt, da er sonst verant-
wortlich gemacht werden kann.
Daß man auf hiesigem Platze nicht mehr gewillt ist,
den Schlendrian zu dulden, mußte eine größere Firma
durch bereits geleisteten Schadenersatz unangenehmst emp-
finden.
München, im Mai t 9 l 2. vrok. Hermann vrban.
Vas Manifest cter Futuristen. II
(vgl. den Artikel in Nr. 3f)
Die Redaktion der Zeitung „Der Sturm" übersandte
dem „Berliner Tageblatt" die Abschrift einer Anzeige,
die Herr Or. Hermann F. Wirth, Lektor an der Uni-
versität Berlin, am 25. April an den Polizeipräsi-
denten v. Iagow gerichtet hat. Herr Or. Wirth unter-
breitet Herrn v. Iagow das in der Potsdamer Straße ver-
breitete Flugblatt „Manifest der Futuristen" zur näheren
Kenntnisnahme. Er begründet diese Handlung mit den
Worten:
„Anbei beehre ich mich, Euer Hochwohlgeboren fol-
gendes auf der Potsdamer Straße heute verteiltes Flug-
blatt zur näheren Kenntnisnahme ergebenst zu unter-
breiten. Als Ausländer, der die sittlichen «Dualitäten
des preußischen Staates und seine «Organisation hat
kennen und bewundern lernen, befremdet es mich im
höchsten Maße, einen solchen Unfug, der nur eine Spe-
kulation ist auf die niedrigen Instinkte eines gewissen
Teiles der Großstadtbevölkerung, geduldet zu sehen, und
ist mir solches nur erklärlich in der Annahme, daß an
zuständiger Stelle von dem Treiben dieser betreffenden
Elemente nichts bekannt ist."