Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 11.1911/1912
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https://doi.org/10.11588/diglit.52948#0642
DOI Heft:
Heft 46.
DOI Artikel:Redaktioneller Teil
DOI Artikel:Große Kunstausstellung der Allgemeinen Deutschen Kunstgenossenschaft in Hannover
DOI Artikel:Die kommunale Bauberatung
DOI Artikel:Thiersch, Friedrich von: Ueber künstlerische Erziehung, 2
DOI Seite / Zitierlink:https://doi.org/10.11588/diglit.52948#0642
632
Die Werkstatt der Kunst.
Heft §6.
Redaktioneller Teil.
GrolZe NunstausNsliung cler
Allgemeinen veutlcben RunstgenoNen-
scbakt in Hannover
Anläßlich ihres 75jährigen Geschäftsjubiläums will
bekanntlich die hannoversche Firma Günther Wagner
im nächsten Jahre für die Summe von 75000 Mk. An-
käufe von Gemälden vornehmen, welche mit den von dieser
Firma hergestellten Pelikanfarben angefertigt sind. Lin
Drittel dieser Summe soll für Werke aufgewendet werden,
welche in der Großen Ausstellung der A. D. K. G. in
Hannover ausgestellt sind. Seit einiger Zeit finden
die Besucher der Ausstellung unter den von der Kommission
zum Ankauf vorgeschlagenen Werken hierauf hinweisende
Zettel angebracht. Ls sind von folgenden Künstlern Ge-
mälde in Aussicht genommen: Hans Best-München,
Hans Kloß-Stargard, F. M. Lünstroth-Berlin, Karlplinke-
Hannover, Gtto Hammel-Hannover, Wilh. Hemxfing-Karls-
ruhe, Arthur Barth-Meißen, G. Dieckmann-Hannover, L.
Grono-Hannover, H. Tillberg-München, Marg. Seeland-
Lldagsen, R. Seifert-Wattenberg-Hannover, Rud. Weber-
Hannover, A. Voigt-Fölger-Hannover, G. Backhaus-Han-
nover, Larl Wahle-Stuttgart, wilh. Beckmann-Dahlem,
H. Breling-Fischerhude, Lug. Segewitz-Karlsruhe, Alex.
Koester-Klausen in Tirol, M. Pippel-Planegg. Zusammen
mit den auf der Berliner, Dresdener, Münchener,
Wiener und Düsseldorfer Ausstellung ausgesuchten
Bildern (vgl. „w. d. K>", Heft H2, S. 577) werden diese im
nächsten Jahre noch einer von ersten Sachverständigen ge-
bildeten Kommission zur endgültigen Auswahl vor-
geführt und ausgestellt werden.
Vie kommrmLls Vauberarung
(Städteausstellung für Rheinland, Westfalen und benach-
barte Gebiete Düsseldorf
Zu den neueren Gebieten kommunaler Tätigkeit ge-
hört auch die Bauberatung, und namentlich hier im Westen
versuchen die städtischen und Kreisbehörden im Verein mit
großen gemeinnützigen verbänden auf diesem Wege Ein-
fluß auf die Bauweise zu gewinnen. Die rasche Entwick-
lung unserer industriereichen Gegend gibt hierzu allerdings
genügend Anlaß, denn gerade in Jndustriebezirken kommt
in der äußeren Erscheinung der Häuser und der Straßen-
züge recht scharf zum Ausdruck, daß bei der Errichtung
von Wohnhäusern vielfach nur vom kapitalistischen Stand-
punkt ausgegangen wird und jede billige Rücksicht auf
das Gemeinwohl und die heimische Bauweise außer acht
bleibt. Ueber die Berechtigung der Behörden, hier einzu-
greifen, und über die Notwendigkeit einer beratenden Stelle
für solche Wohnungsproduzenten dürfte heute kaum noch
zu streiten sein. Dabei ist nicht zu verkennen, daß es durch
diese mehr äußerliche Einwirkung auf die Bauweise auch
leicht möglich wird, auf die tiefer liegenden wirtschaftlichen
Dinge einzuwirken.
Die Bauberatungsstellen sind teils der Baupolizei an-
gliedert, teils sind beamtete Architekten mit dieser Beratung
beauftragt; in verschiedenen Städten, u. a. in Düsseldorf,
besteht neben der Bauberatung noch eine besondere Fassaden-
kommission, die über die Verleihung von Geldprämien für
die besten Wohnhausfassaden entscheidet, in Düsseldorf
werden hierfür jährlich etwa 5000 Mk. bewilligt. Der
breiten Geffentlichkeit ist nur selten Gelegenheit geboten,
Einblick in die Tätigkeit der kommunalen Bauberatung zu
tun, und daher dürfte die Gruppe Bauberatnng auf der
rheinisch-westfälischen Städteausstellung in Düsseldorf be-
sonders interessieren. Es haben hier neben den städtischen
Bauberatungsstellen auch eine Reihe von Landkreisen, so
Vohwinkel, Solingen und Düsseldorf ausgestellt; ferner ist
die Bauberatungsstelle der Westfälischen Kommission für
Heimatschutz und die Rheinische Bauberatungsstelle ver-
treten. Zahlreiche Gegenüberstellungen von beabsichtigten
und genehmigten Fassaden für Ein- und Mehrfamilien-
häuser, Geschäftshäuser und Fabrikbauten geben ein an-
schauliches Bild von der Bauberatung, wie sie unsere Be-
hörden ausüben. Dabei wird nicht selten neben der Fassade
die ganze Aufteilung des Grundstückes geändert, und in
der überwiegenden Mehrzahl der Fälle sind die verbesserten
Pläne ohne eine Erhöhung der Baukosten auszuführen.
Diese kleine Ausstellung läßt wohl erkennen, daß die Be-
hörden mit gutem Recht sich gegen architektonische Leistungen,
wie sie hier zu sehen sind, wehren, und alles versuchen,
hier bessernd einzugreifen.
vebsr künstlerische Erziehung
(Vortrag auf der zweiten Tagung der „Gesellschaft für
Hochschulpädagogik" in München am 20. Oktober t9N)
von Geheimrat Prof. Or. Friedrich v. Thiersch-München
(Schluß.)
Und nun zur Münchener Hochschule der bilden-
den Künste. Sie ist eine Schöpfung Max Josephs und
hat gelegentlich ihres vor kurzem gefeierten hundertjährigen
Bestehens den Charakter der Hochschule erhalten. Statuten
und Verfassung wurden revidiert, und die letztere ist in
ihrer neuen Form im Gesetz- und Verordnungsblatt vom
Juli des Jahres veröffentlicht. Da unsere Hochschule
nur in unwesentlichen Dingen von anderen deutschen
Akademien abweicht, so darf ich sie hier als Beispiel näher-
behandeln.
Der Lehrgang der Akademie ist zweistufig und umfaßt
den praktischen Unterricht, bestehend erstens in den „Natur-
klassen" und zweitens in den „Komponierklassen", sowie
den theoretischen Unterricht, welcher sich aus den Hilfs-
fächern: Geschichte, Kunstgeschichte, Anatomie, darstellende
Geometrie, Perspektive, Architektur und Malmaterialien-
kunde zusammensetzt. Er läuft einfassend neben dem prak-
tischen Unterricht her. Die Aufnahme erfolgt auf Grund
einer Prüfung im Zeichnen nach der Natur, wobei ziem-
lich hohe Anforderungen gestellt werden. Die übrigen
Bildungsanforderungen dagegen sind bescheiden.
Das erste Jahr gilt als Probezeit. Das weitere verbleiben
wird nicht nur von dem Nachweis einer entsprechenden
Kunstbegabung, sondern auch von den in den Hilfsfächern
erlangten Fertigkeiten abhängig gemacht.
Die Architektur ist als selbständiges Lehrgebiet aus-
geschieden. Sie ist ganz von der Technischen Hochschule
übernommen worden, denn die Baukunst hängt doch zu
eng mit den technisch wissenschaftlichen Fächern zusammen.
Die Meisterateliers für Baukunst an den deutschen Aka-
demien würden nur dann eine Existenzberechtigung haben,
wenn sie unmittelbar mit der Baupraxis zusammenhingen.
Die zweistufige Anlage des Akademieunterrichts mit
Natur- und Komponierklassen erklärt sich aus der Not-
wendigkeit, dem angehenden Künstler vor allem eine gründ-
lich beobachtende Anschauung der Natur durch Zeichnen
und Modellieren nach dem Leben beizubringen. Dieses
grundlegende Studium der ersten Jahre wird auch in jeder
Privatkunstschule, die es mit ihren Schülern ehrlich meint,
vorangehen müssen. Denn darüber kann kein Zweifel be-
stehen, daß das selbständige wiedergeben der Natur als
Fundament des künstlerischen Studiums zu gelten habe.
Die große Frequenz der Akademien führt dazu, die
erste Stufe des Unterrichts klassenmäßig einzurichten,
erst beim Uebergang in den Komponierkurs kommt der
Atelierunterricht in Betracht.
Das Zeichnen nach Gipsabgüssen antiker Plastik, das
früher einen breiten Raum einnahm, hat hier in München
zurücktreten müssen, da für den Anfänger die lebende
Die Werkstatt der Kunst.
Heft §6.
Redaktioneller Teil.
GrolZe NunstausNsliung cler
Allgemeinen veutlcben RunstgenoNen-
scbakt in Hannover
Anläßlich ihres 75jährigen Geschäftsjubiläums will
bekanntlich die hannoversche Firma Günther Wagner
im nächsten Jahre für die Summe von 75000 Mk. An-
käufe von Gemälden vornehmen, welche mit den von dieser
Firma hergestellten Pelikanfarben angefertigt sind. Lin
Drittel dieser Summe soll für Werke aufgewendet werden,
welche in der Großen Ausstellung der A. D. K. G. in
Hannover ausgestellt sind. Seit einiger Zeit finden
die Besucher der Ausstellung unter den von der Kommission
zum Ankauf vorgeschlagenen Werken hierauf hinweisende
Zettel angebracht. Ls sind von folgenden Künstlern Ge-
mälde in Aussicht genommen: Hans Best-München,
Hans Kloß-Stargard, F. M. Lünstroth-Berlin, Karlplinke-
Hannover, Gtto Hammel-Hannover, Wilh. Hemxfing-Karls-
ruhe, Arthur Barth-Meißen, G. Dieckmann-Hannover, L.
Grono-Hannover, H. Tillberg-München, Marg. Seeland-
Lldagsen, R. Seifert-Wattenberg-Hannover, Rud. Weber-
Hannover, A. Voigt-Fölger-Hannover, G. Backhaus-Han-
nover, Larl Wahle-Stuttgart, wilh. Beckmann-Dahlem,
H. Breling-Fischerhude, Lug. Segewitz-Karlsruhe, Alex.
Koester-Klausen in Tirol, M. Pippel-Planegg. Zusammen
mit den auf der Berliner, Dresdener, Münchener,
Wiener und Düsseldorfer Ausstellung ausgesuchten
Bildern (vgl. „w. d. K>", Heft H2, S. 577) werden diese im
nächsten Jahre noch einer von ersten Sachverständigen ge-
bildeten Kommission zur endgültigen Auswahl vor-
geführt und ausgestellt werden.
Vie kommrmLls Vauberarung
(Städteausstellung für Rheinland, Westfalen und benach-
barte Gebiete Düsseldorf
Zu den neueren Gebieten kommunaler Tätigkeit ge-
hört auch die Bauberatung, und namentlich hier im Westen
versuchen die städtischen und Kreisbehörden im Verein mit
großen gemeinnützigen verbänden auf diesem Wege Ein-
fluß auf die Bauweise zu gewinnen. Die rasche Entwick-
lung unserer industriereichen Gegend gibt hierzu allerdings
genügend Anlaß, denn gerade in Jndustriebezirken kommt
in der äußeren Erscheinung der Häuser und der Straßen-
züge recht scharf zum Ausdruck, daß bei der Errichtung
von Wohnhäusern vielfach nur vom kapitalistischen Stand-
punkt ausgegangen wird und jede billige Rücksicht auf
das Gemeinwohl und die heimische Bauweise außer acht
bleibt. Ueber die Berechtigung der Behörden, hier einzu-
greifen, und über die Notwendigkeit einer beratenden Stelle
für solche Wohnungsproduzenten dürfte heute kaum noch
zu streiten sein. Dabei ist nicht zu verkennen, daß es durch
diese mehr äußerliche Einwirkung auf die Bauweise auch
leicht möglich wird, auf die tiefer liegenden wirtschaftlichen
Dinge einzuwirken.
Die Bauberatungsstellen sind teils der Baupolizei an-
gliedert, teils sind beamtete Architekten mit dieser Beratung
beauftragt; in verschiedenen Städten, u. a. in Düsseldorf,
besteht neben der Bauberatung noch eine besondere Fassaden-
kommission, die über die Verleihung von Geldprämien für
die besten Wohnhausfassaden entscheidet, in Düsseldorf
werden hierfür jährlich etwa 5000 Mk. bewilligt. Der
breiten Geffentlichkeit ist nur selten Gelegenheit geboten,
Einblick in die Tätigkeit der kommunalen Bauberatung zu
tun, und daher dürfte die Gruppe Bauberatnng auf der
rheinisch-westfälischen Städteausstellung in Düsseldorf be-
sonders interessieren. Es haben hier neben den städtischen
Bauberatungsstellen auch eine Reihe von Landkreisen, so
Vohwinkel, Solingen und Düsseldorf ausgestellt; ferner ist
die Bauberatungsstelle der Westfälischen Kommission für
Heimatschutz und die Rheinische Bauberatungsstelle ver-
treten. Zahlreiche Gegenüberstellungen von beabsichtigten
und genehmigten Fassaden für Ein- und Mehrfamilien-
häuser, Geschäftshäuser und Fabrikbauten geben ein an-
schauliches Bild von der Bauberatung, wie sie unsere Be-
hörden ausüben. Dabei wird nicht selten neben der Fassade
die ganze Aufteilung des Grundstückes geändert, und in
der überwiegenden Mehrzahl der Fälle sind die verbesserten
Pläne ohne eine Erhöhung der Baukosten auszuführen.
Diese kleine Ausstellung läßt wohl erkennen, daß die Be-
hörden mit gutem Recht sich gegen architektonische Leistungen,
wie sie hier zu sehen sind, wehren, und alles versuchen,
hier bessernd einzugreifen.
vebsr künstlerische Erziehung
(Vortrag auf der zweiten Tagung der „Gesellschaft für
Hochschulpädagogik" in München am 20. Oktober t9N)
von Geheimrat Prof. Or. Friedrich v. Thiersch-München
(Schluß.)
Und nun zur Münchener Hochschule der bilden-
den Künste. Sie ist eine Schöpfung Max Josephs und
hat gelegentlich ihres vor kurzem gefeierten hundertjährigen
Bestehens den Charakter der Hochschule erhalten. Statuten
und Verfassung wurden revidiert, und die letztere ist in
ihrer neuen Form im Gesetz- und Verordnungsblatt vom
Juli des Jahres veröffentlicht. Da unsere Hochschule
nur in unwesentlichen Dingen von anderen deutschen
Akademien abweicht, so darf ich sie hier als Beispiel näher-
behandeln.
Der Lehrgang der Akademie ist zweistufig und umfaßt
den praktischen Unterricht, bestehend erstens in den „Natur-
klassen" und zweitens in den „Komponierklassen", sowie
den theoretischen Unterricht, welcher sich aus den Hilfs-
fächern: Geschichte, Kunstgeschichte, Anatomie, darstellende
Geometrie, Perspektive, Architektur und Malmaterialien-
kunde zusammensetzt. Er läuft einfassend neben dem prak-
tischen Unterricht her. Die Aufnahme erfolgt auf Grund
einer Prüfung im Zeichnen nach der Natur, wobei ziem-
lich hohe Anforderungen gestellt werden. Die übrigen
Bildungsanforderungen dagegen sind bescheiden.
Das erste Jahr gilt als Probezeit. Das weitere verbleiben
wird nicht nur von dem Nachweis einer entsprechenden
Kunstbegabung, sondern auch von den in den Hilfsfächern
erlangten Fertigkeiten abhängig gemacht.
Die Architektur ist als selbständiges Lehrgebiet aus-
geschieden. Sie ist ganz von der Technischen Hochschule
übernommen worden, denn die Baukunst hängt doch zu
eng mit den technisch wissenschaftlichen Fächern zusammen.
Die Meisterateliers für Baukunst an den deutschen Aka-
demien würden nur dann eine Existenzberechtigung haben,
wenn sie unmittelbar mit der Baupraxis zusammenhingen.
Die zweistufige Anlage des Akademieunterrichts mit
Natur- und Komponierklassen erklärt sich aus der Not-
wendigkeit, dem angehenden Künstler vor allem eine gründ-
lich beobachtende Anschauung der Natur durch Zeichnen
und Modellieren nach dem Leben beizubringen. Dieses
grundlegende Studium der ersten Jahre wird auch in jeder
Privatkunstschule, die es mit ihren Schülern ehrlich meint,
vorangehen müssen. Denn darüber kann kein Zweifel be-
stehen, daß das selbständige wiedergeben der Natur als
Fundament des künstlerischen Studiums zu gelten habe.
Die große Frequenz der Akademien führt dazu, die
erste Stufe des Unterrichts klassenmäßig einzurichten,
erst beim Uebergang in den Komponierkurs kommt der
Atelierunterricht in Betracht.
Das Zeichnen nach Gipsabgüssen antiker Plastik, das
früher einen breiten Raum einnahm, hat hier in München
zurücktreten müssen, da für den Anfänger die lebende