untervettungsbtatt
fuͤr
Leben und Literaturz! Poeſie und Kunſ.
Redakteur und Oerausgeber: Fr. K. Freiherr v. Erlach. ö
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No 51.
Mannheim, den 26. .—5.— 1831.
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Triu m p h der Liebe.
Erzählung nach Vandello, von Ludwig Monti.
Zu Arimini im Kirchenſtaat lebte vor vielen Jah-
ren ein alter Edelmann, reich, wohlwollend, gaſt-
frei, und auf ſein junges und ſchoͤues Weib nicht im
mindeſten eiferſuͤchtig. Er hatte einen Muͤndel, den
—ich Lothario nennen will, ſo wie den Alten Anſel-
mo, weil beide Maͤnner große Aehnlichkeit hatten
mit den gleichnamizen,
im Don Quixote erzaͤhlt.
menes und gegruͤndetes Zutrauen; hier, wie dort,
offenherzige Mittheilung auch der geheimſten Gedan-
ken; hier, wie dort, heldenmuͤthige Bereitwilligkeit
zu den groͤßten Aufopferungen fuͤr einander. Eine
ſolche Verbindung⸗ uͤberhaupt ſelten, ward hier noch
deren Geſchichte Cerbantes
außerordentlicher unter Perſonen von ungleichem Al-
ter; wiewohl es begreiflich bleibt, daß die vaͤterliche
Liebe des Vormundes zu dem ſeiner Hut anvertrau-
ten Knaben und Juͤnglinge mit den Jahren in Maͤn⸗ ö
ner⸗Freundſchaft uͤberging.
ö Wenn der verſtaͤndige und wackre Lethari ſeinem
alten Freunde ſehr lleb war, ſo mußte ein junger
und liebenswuͤrdiger Mann der Gatiin Anſelmo's nicht
weniger willkommen ſeyn. Doch Anſelmo, uͤberall
vom Gluͤcke beguͤnſtiget, ſchmeckte nicht allein die
Segnungen wahrer Freundſchaft, ſondern ſahe ſich auch
im Beſitz einer Gattin, welcher Zufriedenheit und Freu-
de ihres Gemals uͤber Alles ging, und die den Ge-
Hier, wie dort, vollkom-
Liebenden nichts zu beſorgen hatten.
ö Vollkoͤmmenheit.
im Schooße der Verſchwlegenheit und unter dem
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2 * +
danken auch der kleinſten Beleidigung des gefaͤlligſten
der Greiſe nicht einmal faſſen konnte. Dennoch —
was vermag nicht Jugend und ein zur Liebe geſchaff-
nes Herz? Die zwei jungen Leute ſahen ſich taͤg⸗
lich; ſie konnten ſich zu jeder Zeit ſprechen; ſie hat-
ten ſich immer hochgeſchaͤzt: — der Keim' gegenſeitiger
Zuneigung wuchs langſam und unvermerkt, aber nichts
deſtoweniger mit aller Kraft der Unſchuld, und unſer
Paar fand ſich eines Tages, da Anſelmo abweſend
war, mit ſuͤßem Schrecken, ſtatt am Arme der Freund-
ſchaft, am hochklopfenden Buſen der erſten Liebe.
Nur das Kammermaͤdchen der Dame wußte um
das Geheimniß; ein treues Geſchoͤpf, von dem die
Vielmehr h aͤt⸗
ten ſie, vor jedem Vorwurfe ſicher, auf die Bahn
der reinſten Tugend zuruͤckkehren können. Aber wo-
hin fuͤhrt nicht — ein Kuß? Nur der hoͤchſt Ge-
bildere wird dem Willen immer die Kraft erhalten,
und unſere Beiden waren erſt auf dem Wege zur
So geſchah es denn, daß Amor
Schutz argloſer Freundſchaft, von Wunſch zu Wunſch,
von Genuß zu Genuß⸗ forteilte, bis r ſis am
Ziele ſah. —
Dieſe Liebe war aͤcht und innig: ſie fand in der
Befriedigung nicht ihren Tod, ſondern ſtaͤrkte ſich
ſogar noch mit den Gefuͤhlen der Daukbarkeit, und
wuchs beſonders bei der Gattin Anſelmo's zu einer
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Leben und Literaturz! Poeſie und Kunſ.
Redakteur und Oerausgeber: Fr. K. Freiherr v. Erlach. ö
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No 51.
Mannheim, den 26. .—5.— 1831.
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Triu m p h der Liebe.
Erzählung nach Vandello, von Ludwig Monti.
Zu Arimini im Kirchenſtaat lebte vor vielen Jah-
ren ein alter Edelmann, reich, wohlwollend, gaſt-
frei, und auf ſein junges und ſchoͤues Weib nicht im
mindeſten eiferſuͤchtig. Er hatte einen Muͤndel, den
—ich Lothario nennen will, ſo wie den Alten Anſel-
mo, weil beide Maͤnner große Aehnlichkeit hatten
mit den gleichnamizen,
im Don Quixote erzaͤhlt.
menes und gegruͤndetes Zutrauen; hier, wie dort,
offenherzige Mittheilung auch der geheimſten Gedan-
ken; hier, wie dort, heldenmuͤthige Bereitwilligkeit
zu den groͤßten Aufopferungen fuͤr einander. Eine
ſolche Verbindung⸗ uͤberhaupt ſelten, ward hier noch
deren Geſchichte Cerbantes
außerordentlicher unter Perſonen von ungleichem Al-
ter; wiewohl es begreiflich bleibt, daß die vaͤterliche
Liebe des Vormundes zu dem ſeiner Hut anvertrau-
ten Knaben und Juͤnglinge mit den Jahren in Maͤn⸗ ö
ner⸗Freundſchaft uͤberging.
ö Wenn der verſtaͤndige und wackre Lethari ſeinem
alten Freunde ſehr lleb war, ſo mußte ein junger
und liebenswuͤrdiger Mann der Gatiin Anſelmo's nicht
weniger willkommen ſeyn. Doch Anſelmo, uͤberall
vom Gluͤcke beguͤnſtiget, ſchmeckte nicht allein die
Segnungen wahrer Freundſchaft, ſondern ſahe ſich auch
im Beſitz einer Gattin, welcher Zufriedenheit und Freu-
de ihres Gemals uͤber Alles ging, und die den Ge-
Hier, wie dort, vollkom-
Liebenden nichts zu beſorgen hatten.
ö Vollkoͤmmenheit.
im Schooße der Verſchwlegenheit und unter dem
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danken auch der kleinſten Beleidigung des gefaͤlligſten
der Greiſe nicht einmal faſſen konnte. Dennoch —
was vermag nicht Jugend und ein zur Liebe geſchaff-
nes Herz? Die zwei jungen Leute ſahen ſich taͤg⸗
lich; ſie konnten ſich zu jeder Zeit ſprechen; ſie hat-
ten ſich immer hochgeſchaͤzt: — der Keim' gegenſeitiger
Zuneigung wuchs langſam und unvermerkt, aber nichts
deſtoweniger mit aller Kraft der Unſchuld, und unſer
Paar fand ſich eines Tages, da Anſelmo abweſend
war, mit ſuͤßem Schrecken, ſtatt am Arme der Freund-
ſchaft, am hochklopfenden Buſen der erſten Liebe.
Nur das Kammermaͤdchen der Dame wußte um
das Geheimniß; ein treues Geſchoͤpf, von dem die
Vielmehr h aͤt⸗
ten ſie, vor jedem Vorwurfe ſicher, auf die Bahn
der reinſten Tugend zuruͤckkehren können. Aber wo-
hin fuͤhrt nicht — ein Kuß? Nur der hoͤchſt Ge-
bildere wird dem Willen immer die Kraft erhalten,
und unſere Beiden waren erſt auf dem Wege zur
So geſchah es denn, daß Amor
Schutz argloſer Freundſchaft, von Wunſch zu Wunſch,
von Genuß zu Genuß⸗ forteilte, bis r ſis am
Ziele ſah. —
Dieſe Liebe war aͤcht und innig: ſie fand in der
Befriedigung nicht ihren Tod, ſondern ſtaͤrkte ſich
ſogar noch mit den Gefuͤhlen der Daukbarkeit, und
wuchs beſonders bei der Gattin Anſelmo's zu einer