Charis.
Anterhertungsblatt.
fuͤr
Leben und Literaturz Poeſie und Kunſt.
Redakteur und Herausgeber: r. *. Seiherr r46.
N. 56. 1* —
Mannheim, den 13. Oetober, 1821.
Die Braut im Meere,
Wild tobet das Meer
Gepeitſchet vom Sturm.
Der Donner rollt ſchwer;
Es wanket der Tburm/
Auf Klippen erhaut.
Dem Schiffer ſelbſt graut. —
* Dort ſteuert im Meer,
So angulich geſchwind,
Ein Schifflein daher,
Gejaget vom Wind. —
yAch, mir zu Lieb' traut
„Den Wogen die Braut!
ö I„ Sie eilet zum Landꝰ,
y Weit über das Meer,
„Zu knüpfen ein Band/
V So heilig und hehr. —
A*Ach, laut heult der Wind —
V Gott ſchütz' dich, mein Kin
„Oh / Schiffer habꝰ Muth
„Steur' kräftig nur zue
„Ob/ führe mein Gut
„In Hafen der Ruh'! —
Jetzt ſchleudert der Stum
Das Schiffchen zum Thurm.
Der Leuchter erbebt
Und ſtürzet mit Wuth;
Das Schiff er begrübt
In tobende Flutb.
Der Züngling ruft laut:
„Oh, rettet die Braut!“
Vom Grame beſiegt,
Gefoltert von Schmerz/
I.
Vom galſen er fliegt
Mit blutendem Herz.
„Hinab in die Fluth
Das Brautbett iſt gut! * —
Soll ſchrecklich ein Sturm
Empören das Meer,
Dann ſchwebet am Thurm
Ein Weſen daheerr
Das ſtöhnet ganz laut:
»Meer gicb mir die Braut!⸗ —
Fr. von vofer.
V. .
Die Abendvorleſungen zu Fldrenbnrg.
Beſchluß!
I Jezt — ſagte er — haben ſie auszuſprechen
welche von den vorgetragenen zehn Erzaͤhlungen der
Abendſtunden den Vorzug verdient; wollen ſie aber
ihr Urtheil bis worgen verſchieben, ſo verſpreche ich
ihnen, noch vor dem Fruͤhſtuͤck, eine ganz neue Er-
zaͤhlung, die vielleicht ihren Antheil noch lebhafter er-
regen, und ihr ſchwankendes Urtheil beſtimmen wird.
Man trennt ſich alſo um Mitternacht: jede Famille
begiebt ſich in ihr angewieſenes Schlafzimmer, und
ſinkt in die Arme des ſuͤſſeſten Schlummers; ach,
wle ruht's ſich ſo ſanft unter dem vaͤterlichen Dache!
Indeſſen beſchaͤftigt ſich Fredau bis tief in die Nacht,
ſeine lehrreiche Erzaͤhlung, auf die ſich all ſeine Hoff-
nungen ſtützen noch einmal zu uͤberleſen, noch ein-
mal durchzugehn; und kaum wird ihm gemeldet, daß
I
V.
Anterhertungsblatt.
fuͤr
Leben und Literaturz Poeſie und Kunſt.
Redakteur und Herausgeber: r. *. Seiherr r46.
N. 56. 1* —
Mannheim, den 13. Oetober, 1821.
Die Braut im Meere,
Wild tobet das Meer
Gepeitſchet vom Sturm.
Der Donner rollt ſchwer;
Es wanket der Tburm/
Auf Klippen erhaut.
Dem Schiffer ſelbſt graut. —
* Dort ſteuert im Meer,
So angulich geſchwind,
Ein Schifflein daher,
Gejaget vom Wind. —
yAch, mir zu Lieb' traut
„Den Wogen die Braut!
ö I„ Sie eilet zum Landꝰ,
y Weit über das Meer,
„Zu knüpfen ein Band/
V So heilig und hehr. —
A*Ach, laut heult der Wind —
V Gott ſchütz' dich, mein Kin
„Oh / Schiffer habꝰ Muth
„Steur' kräftig nur zue
„Ob/ führe mein Gut
„In Hafen der Ruh'! —
Jetzt ſchleudert der Stum
Das Schiffchen zum Thurm.
Der Leuchter erbebt
Und ſtürzet mit Wuth;
Das Schiff er begrübt
In tobende Flutb.
Der Züngling ruft laut:
„Oh, rettet die Braut!“
Vom Grame beſiegt,
Gefoltert von Schmerz/
I.
Vom galſen er fliegt
Mit blutendem Herz.
„Hinab in die Fluth
Das Brautbett iſt gut! * —
Soll ſchrecklich ein Sturm
Empören das Meer,
Dann ſchwebet am Thurm
Ein Weſen daheerr
Das ſtöhnet ganz laut:
»Meer gicb mir die Braut!⸗ —
Fr. von vofer.
V. .
Die Abendvorleſungen zu Fldrenbnrg.
Beſchluß!
I Jezt — ſagte er — haben ſie auszuſprechen
welche von den vorgetragenen zehn Erzaͤhlungen der
Abendſtunden den Vorzug verdient; wollen ſie aber
ihr Urtheil bis worgen verſchieben, ſo verſpreche ich
ihnen, noch vor dem Fruͤhſtuͤck, eine ganz neue Er-
zaͤhlung, die vielleicht ihren Antheil noch lebhafter er-
regen, und ihr ſchwankendes Urtheil beſtimmen wird.
Man trennt ſich alſo um Mitternacht: jede Famille
begiebt ſich in ihr angewieſenes Schlafzimmer, und
ſinkt in die Arme des ſuͤſſeſten Schlummers; ach,
wle ruht's ſich ſo ſanft unter dem vaͤterlichen Dache!
Indeſſen beſchaͤftigt ſich Fredau bis tief in die Nacht,
ſeine lehrreiche Erzaͤhlung, auf die ſich all ſeine Hoff-
nungen ſtützen noch einmal zu uͤberleſen, noch ein-
mal durchzugehn; und kaum wird ihm gemeldet, daß
I
V.