Charis.
unterhaltun
fuͤ
Isbtatt. *
Leben und eiteraturz Poeſie und Kunſt.
Redakteur und Herausgeber: Fr. * Freiheir v. Erlach.
— —
——— —
ö ö N. 65.
Mannheim, den 7. November, 1827.
—. — — — ——
Dem . nd e nken
eines verſtorbenen Freundes.
Bei Ueberſenduug ſeiner Gedichte.
Der geneigte Leſer wolle kein Aergerniß an der
ö VUeberſchrift nehmen, vielleicht wird er ſelbſt dem Ver-
Seorbenen 56 held und dem Eiußender verzeihen, daß
er dieſen Grabſtein geſezt, denn eine Leichenrede ſell
es nicht werden. Den Freund einen Dichter zu nen-
nen, getraut ſich der Einſender nicht, weil er ſelbſt
keiner iſt und nicht weiß was dazu gehoͤrt; aber
ein Dichterlehrung mag der Verewigte wohl heißen,
und wenn ihn der Leſer fuͤr etwas mehr erkennt, ſo
iſt das auch gut und wird das anacreontiſche Spruͤch-
lein wahr machen, daß dle geſpendete Noſe auch die
Todten erfreut.
Franz von Paula Joſeph Steuer wurde
am 21. Decbr. 1795 geboren zu Thairnbach,
einem unbedeutenden Doͤrflein im Amte Wisloch, wo
ſein noch lebender Vater grundherrlicher Rentbeamter
iſt, Sein Jugendunterricht war ſehr ſorgfaͤltig, denn
als Steuer im Jahr 1811 auf das Gymnaſium nach
Bruchſal kam, war er ſeinen Mitſchuͤlern an Bildung
bedeutend voraus, und gab uͤberhaupr die ſchoͤnſten
Hoffnungen. Einſender erinnert ſich, von ſeinem nun
auch verſtorbenen Lehrer oft gehort zu haben, daß
Steuer einer ſeiner beſten Schuͤler geweſen. Von
Bruchſal ging er im Spinahr 1614 nach Kaſadt
— —— ——
wo er nur ein Jahr blieb, und dann auf der Uni-
verſitaͤt zu Heidelberg ſeine Studien vollenden wollte.
Allein ſeine Geſundheit war ſehr geſunken, kurz nach
einander verlor er Mutter und Schweſtern an der-
ſelben Krankheit, die auch ihn im Herbſte 181⁷ hin-
weg raffte, im ꝛaten Jahre ſeines Alters.
»Die Kränklichkeit, die lange ſchoͤn in ihm lag,
verhinderte ihn,
Bildung ſeines Charakters, ſeinen Umgang und ſeine
Umgebungen. Aus ſeinen Papieren iſt erſichtlich, daß
er mehrere Jahre laug eine beſtaͤndige Vorahnung
ſeines fruͤhen Todes hatte, was ihm zu Zeiten einen
ſolchen Mißmuth einfloͤßte, daß er dann unwillkuͤhr-
lich ſeine Umgebungen und Freunde nicht ſelten be-
leidigte und muͤrriſch verdruͤßlich und verſchloſſen
ſich zeigte. Er war ruͤckſichtslos auf alles Aeußere,
was mit ſelner Krankheit zunahm, und wodurch er
gemeinhin als Sonderling angeſehen wurde. Sein
Geiſt blieb bis an ſein Ende ungeſchwaͤcht, und die
Sorge für ſeine Bildung hoͤrte bei ihm nie auf.
Einſender bekam die Papiere des Verſtorbenen
von deſſen Vater mit dem Beding, das Beſſere davon
nicht untergehen zu laſſen. Er wollte dles Verſpre⸗ —
chen ſchon fruͤher erfuͤllen, fand aber bis jezt zu ihrer
Aufnahme keln vaterlaͤndiſches Blatt. Er haͤtte viel-
leih, auf die Sache geſehen, das daſprechen nicht
in ſeinen lezten Jahren anhaltend
zu ſtudiren, und ſein koͤrperliches Wohl⸗ und Uebel-
befinden hatte den nachtheiligſten Einfluß auf die
unterhaltun
fuͤ
Isbtatt. *
Leben und eiteraturz Poeſie und Kunſt.
Redakteur und Herausgeber: Fr. * Freiheir v. Erlach.
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ö ö N. 65.
Mannheim, den 7. November, 1827.
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Dem . nd e nken
eines verſtorbenen Freundes.
Bei Ueberſenduug ſeiner Gedichte.
Der geneigte Leſer wolle kein Aergerniß an der
ö VUeberſchrift nehmen, vielleicht wird er ſelbſt dem Ver-
Seorbenen 56 held und dem Eiußender verzeihen, daß
er dieſen Grabſtein geſezt, denn eine Leichenrede ſell
es nicht werden. Den Freund einen Dichter zu nen-
nen, getraut ſich der Einſender nicht, weil er ſelbſt
keiner iſt und nicht weiß was dazu gehoͤrt; aber
ein Dichterlehrung mag der Verewigte wohl heißen,
und wenn ihn der Leſer fuͤr etwas mehr erkennt, ſo
iſt das auch gut und wird das anacreontiſche Spruͤch-
lein wahr machen, daß dle geſpendete Noſe auch die
Todten erfreut.
Franz von Paula Joſeph Steuer wurde
am 21. Decbr. 1795 geboren zu Thairnbach,
einem unbedeutenden Doͤrflein im Amte Wisloch, wo
ſein noch lebender Vater grundherrlicher Rentbeamter
iſt, Sein Jugendunterricht war ſehr ſorgfaͤltig, denn
als Steuer im Jahr 1811 auf das Gymnaſium nach
Bruchſal kam, war er ſeinen Mitſchuͤlern an Bildung
bedeutend voraus, und gab uͤberhaupr die ſchoͤnſten
Hoffnungen. Einſender erinnert ſich, von ſeinem nun
auch verſtorbenen Lehrer oft gehort zu haben, daß
Steuer einer ſeiner beſten Schuͤler geweſen. Von
Bruchſal ging er im Spinahr 1614 nach Kaſadt
— —— ——
wo er nur ein Jahr blieb, und dann auf der Uni-
verſitaͤt zu Heidelberg ſeine Studien vollenden wollte.
Allein ſeine Geſundheit war ſehr geſunken, kurz nach
einander verlor er Mutter und Schweſtern an der-
ſelben Krankheit, die auch ihn im Herbſte 181⁷ hin-
weg raffte, im ꝛaten Jahre ſeines Alters.
»Die Kränklichkeit, die lange ſchoͤn in ihm lag,
verhinderte ihn,
Bildung ſeines Charakters, ſeinen Umgang und ſeine
Umgebungen. Aus ſeinen Papieren iſt erſichtlich, daß
er mehrere Jahre laug eine beſtaͤndige Vorahnung
ſeines fruͤhen Todes hatte, was ihm zu Zeiten einen
ſolchen Mißmuth einfloͤßte, daß er dann unwillkuͤhr-
lich ſeine Umgebungen und Freunde nicht ſelten be-
leidigte und muͤrriſch verdruͤßlich und verſchloſſen
ſich zeigte. Er war ruͤckſichtslos auf alles Aeußere,
was mit ſelner Krankheit zunahm, und wodurch er
gemeinhin als Sonderling angeſehen wurde. Sein
Geiſt blieb bis an ſein Ende ungeſchwaͤcht, und die
Sorge für ſeine Bildung hoͤrte bei ihm nie auf.
Einſender bekam die Papiere des Verſtorbenen
von deſſen Vater mit dem Beding, das Beſſere davon
nicht untergehen zu laſſen. Er wollte dles Verſpre⸗ —
chen ſchon fruͤher erfuͤllen, fand aber bis jezt zu ihrer
Aufnahme keln vaterlaͤndiſches Blatt. Er haͤtte viel-
leih, auf die Sache geſehen, das daſprechen nicht
in ſeinen lezten Jahren anhaltend
zu ſtudiren, und ſein koͤrperliches Wohl⸗ und Uebel-
befinden hatte den nachtheiligſten Einfluß auf die