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Charis: rhein. Morgenzeitung für gebildete Leser (1) — 1821

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No 74 (1821)
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https://doi.org/10.11588/diglit.20602#0303

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Ebaris.

unterbettungetatt.

fuͤr ·

Leben. und Literatur; Poeſie und Kunf-

nedarteur Aund 5r. . Sreiherr .er

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——— —

N.

Mannheim, den 15. December, 1821. *

4.

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80 etſetzung.

Alle ſprachen von dem ſchoͤnen Blumenmaͤdchen,
bald mit mehr Lobpreiſung ihres Innern, bald mit

wuchs! —

ker wurde und endlich b5 zur heißeſten Liebe an-
Einem Weſen, wie Helene, konnte ein
ſolches Seelen⸗Berhaͤltniß nicht lange fremd bleiben,
ja, ſie fuͤhlte ſich vielmehr von der geiſtigen Wahl-
verwandtſchaft maͤchtig beruͤhrt. „Unter den Weni-

mehr Angeregtheit ihres Aeußern und Ergreifung von gen der Einzige, ſprach ihr Herz, der deines ganzen

der ſiunlichen Seite her. Einige dee Lazderen giens
gen ſogar ſo weit, die dem zarten Geſchlechte von

Natur geſezte Graͤnze ſittlicher Scheu gegen ſie uͤber-

ſchreiten zu wollen; aber ein Blick von dieſer Un-

ſchuldigen ſcheuchte die Verwegenen in ſich ſelbſt zuruͤck,
wie vor dem angrauenden Tage wohl die Eulen und
adderen Rachtunholde in ihre Lͤcher fllehen und ver-
ſchwinden: denn, ſo wie der Roſe den Dorn, hat
Gott der Jungfrau die heilige Schaam, jede muth-
willige Verletzung von ſich abzuhalten, gegeben.
Andere fuͤhlten ſich in jeder Hinſicht von der An-

ſchauung »dleſer Holden reiner, inniger beruͤhrt, und

ſie ergozten ſich an dem niedlichen Engelskopfchen,
von welchem das Haar zu beiden Seiten, wie ein-
Gewinde gelber Narelſſen herabfloß, und an der
ſchlanken Lerchenbaum⸗Geſtalt; auch freuten ſie ſich

nicht weniger uͤber den geraden, unbefangenen Sinn
und Ausdruck ihres Innern durch Geberde, Sitte

und Wort. Unter denen zeichnete ſich heſonders ein
junger Arzt, Namens Hellmuth, aus, der ſeine
Aufmerkſamkeit fuͤr das Maͤdchen verdoppelte und
Ihr von Zeit zu Zeit, weun ſie ihm Blumen brachte,
Beweiſe einer naͤhern Zuneigung gab, die immer ſtaͤr⸗

moͤglich, noch mit d

Lebens, als eines Opfers, würdig waͤre is Und dieſe
ſtille Neigung erſchloß ſich in ſeligem Schmerz und
in ſeliger Wonne immer mehr und mehr. So offnet
ſich die Knospe eines Maͤrzveilchens an den Blicken

der Lenzſonne! — Wenn ſie nun hinfuͤro Blumen
ansirug⸗ ſo uͤberſprang ſie, keine Doppelwege, wie

ſenſt wohl, ſcheuend, gern die gerade Haͤuſer⸗Reihe
der umwohnenden Blumenkaͤufer bis zu dem einzi-
gen Hauſe — was ſag ich Hauſe? bis zu dem Him-
mel, worin ihre Seligkeit wohnte. Er ſollte die
ſchoͤnſten der verleibten Blumenſerlen zuerſt, und, wo
en friſchen Morgenwangen ha-
ben, auf denen der helle Thraͤnen-Thau noch in
Troͤpfchen hieng, ein Bild ihrer feuchten Sehnſucht
und ihres reinen Herzens. So bot ihr kein Menſch
den ganzen Tag mehr einen guten Morgen, als ſie
bei dieſem Ueberbringen von ihm empfing! So
Weniges und doch ſo Vieles — denn wahre Liebe
iſt wortarm, weil ſo himmelreich — ſprach kein
Menſch mehr zu ihr, und doch hatte ſie Stunden,
Tage/ ja Wochen zu leben und zu laben! — Was
Wunder, daß ſie endlich darauf bedacht war, oder
vielmehr, daß es ihr ſo gut zu Sinne war, die ein-
 
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