Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Charis: rhein. Morgenzeitung für gebildete Leser (1) — 1821

DOI Kapitel:
No 58 (1821)
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.20602#0235

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
(Charis.“ *

unteryattungsblatt.

fuͤr

Leben und Literatur; Poeſie und Kuuf.

Nevetreur und Herausgeber: Fr. K. Freiherr v. Errah.

Mannheim, den 20. October, 1821.

Ne 5585.

Ueber Roſſins Tanered.
Aufg eführt zu Mannheim, am 12. Oktober, 1821

Nach Anhoͤrung von Mozarts Titus und Figaro
iſt es wohl eine ſchwere Aufgabe, Roſſin's (nur
hin und wieder hervorleuchtendes) Genie in ein ganz
vortheilhaftes Löcht zu ſtellen.
Ueber deſſen Arbeiten haben ſich ſchon ſo viele
Urtheile genuͤgend ausgeſprochen, daß es wohl un-
noͤthig waͤre, noch erwas mehr uͤber denſelben zu
ſagen. Doch moͤgte ich fragen, warum man in
Mannheim ſich blos auf einige Singſpiele von ihm
beſchraͤnkt? beinahe allenthalben machen ſeine Opern:
Der Barbier von Sevilla; Die diebiſche
Elſter; Eliſabeth; Aſchenbroͤdel und Othello,
eben ſo viel Gluͤck als Tancred; dieſe Opern gefallen
nun einmal der Mehrzahl, und füllen die Kaſſe,
warum giebt man nicht hin und wieder eine der-

ſelben? — Mir ſcheint Roſſini am meiſten Talent fuͤr

Bearbeitung komiſcher Sujets zu haben, wenigſtens
gefaͤllt dieſe Gattung ſeiner Opern mehr. Sein Ringen
nach Beifall der Menge, muß ihm jedoch als großer

Fehler angerechnet werden, denn er bedient ſich oft

hierzu Mittel, die nicht die vortheilhafteſten ſind,
und alſo bei Muſikkennern ihren Zweck verfehlen.
Um den Karakter des Sujets ſcheint er ſich meiſt
wenig oder gar nicht zu bekuͤmmern, und eln ſtetes
Draͤngen und Verdoppeln der Inſtrumentirung, be-
gleitet von einer ewig fortgehenden ſimplen Baßbe-

wegung, iſt faſt bei jeder Nummer der Ausdruck

ihm zu Gebot ſtehenden Harmonie.

von Kraft und Crescendo, um den Nichtkenner, da-
mit zu taͤuſchen. —
Wie anders verfaͤhrt der herrliche Mozart mit der
Tiefes Denken
und Ausdruck der Handlung in Sprache der Muſik,
verrathen ſtets ſeine Werke; der Zuhdrer wird un-
willkuͤhrlich durch ſeine Tone bezaubert, und bald er-

regen ſie tiefe Wehmuth/ bald grauſe Erſchutterung;

uͤberall blickt ſein goͤttliches Genie hocherhaben in
ſeinen Werken hervor.
Ueber die Auffuͤhrung der Oper Tanered laͤßt ſich
wohl manches Gute ſagen. — Fraͤulein Ringelmann
d. A. nimmt ſelt einiger Zeit mit jedem Tage zu,
ſowohl an Ausdruck im Geſang als aͤuſſerlicher Hal-
tung. Ihre Stimme iſt rein und wohlklingend, und
es laͤßt ſich erwarten, daß bei fortdauerndem Fleiß,
ſie einen hohen Grad von Kunſtfertigkeit erlangen
wird. Sie ſang heute beſonders ſchoͤn und lieblich;

beſonders fuͤhlend ihre lezte Arie im zweiten Akie,

die Herr Konzertmeiſter Frey, mit obligater Violine,
ſeelenvoll und kunſtgewandt begleitete. Im Duett des

zwelten Akts Nro. 6, wollte ſich jedoch, in dem An-

dante 3 Takt G dur, Amenaide mit Tanered nicht
recht zur Einheit vereinigen — vermuthlich war ſie
durch ſeinen liebloſen Ausſpruch etwas zerſtreut ge-
worden.
Fraͤulein Gollmann als Tancred/ gab heute ihre

beſte Kunſtleiſtung von allen ihreu zeitherigen Gaſt-
 
Annotationen