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Charis: rhein. Morgenzeitung für gebildete Leser (1) — 1821

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No 57 (1821)
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https://doi.org/10.11588/diglit.20602#0231

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Charis.

estett.

fuͤr

Leben. und Literatur; Poeſie und Kunf.

R.vattenr und Derausgeber: 35 K. Sreiherr v. 616.

No 57.

Mannheim,4 den 17. Ostober, 1821.

Szenen aus teutſcher Borzeit.

Fortſetzun g. Y
2.

Ein Zahr war faſt verſtrichen;
war nun Kaiſer ) und vielgeliebt von allem Volk,
beſonders von den Sachſen. Sie waren ſtolz auf
ihn, auf ihren edeln Herzog, der damals ſchon ſo

goch und adlich war vor allen, ein Rittersmann noch

vor der Ritterzeit. In reichem Maas hatt' ihm

Natur die Gaben all' verliehen, durch die ſich leicht

der Menſchen Herz gewinnt. Schoͤn war er von
Geſtalt und Mienen, wie wen'ge Maͤnner ſeiner Zeit.
Das blonde Haar umwallt' in reicher Fuͤlle ſeine ſtolze
Stirn; das Auge, reinen Blaues wie der Himmel /

ſah frei und kuͤhn umher, und wenn es laͤchelte,

dann war's ſo milde, dann trat ſo hell die Seele
drinn hervor, daß jeder der ihn ſo geſehn, ihn liebge-
wann. Auch war er hellen Geiſt's und klugen Sinnes,
ſo daß er wohl verſtand den guͤnſt gen Eindruck zu

behaupten, den ihm znertt En kaiſerliches Anſehn

leicht gewann.
Jezt ſchaut' er um nach einer edeln, ſchoͤnen Eh'⸗

frau; denn wohl mogt' er der Frauen eine Perle auch
verlangen, der hochgeprieſen war vor allen Maͤnnern.
Doch war ihm noch zur Zeit das Gluͤck nicht hold;

er ſucht' und ſucht', und fand nicht was er ſuchte.
So blieb ſein Schloß noch dd', und als der Franken

• Als Heinrich der Erle auch der Vogelßeller genannt.

Herzog Heinich

wer weiß?

**

Herzog einſt ihn zu beſuchen kam, da rief er ſcherzend

aus: „mein Fuͤrſt! ich will euch auch fuͤr's Haus
mit treuem Rathe dienen. Euch fehlt das Beſte
drinn: die holde, bluͤh'nde Hausfrau.“

V»un, lieber Freund und Vetter! lachte Hein-
rich — da kommt Ihr faſt mit Euerm Rath zu
ſpaͤt. Das hab' ich ſelbſt mir ſchon geſagt in mancher
guten Stunde; doch fand ſi ſi ch's noch nicht, wie ich

wuͤſchte. Wie iſt's?ꝰ wollt Ihr mit mir auf Aben-

theuer zleh'n? Ihr habt die Kaiſerkrone mir gereicht;
Ihr moͤgt wohl auch ein holdes Weib,

des Lebens Krone, fuͤr mich finden.

V Das Gluͤc kommt ungeſucht, ſprach Cberhard
mit Laͤcheln; und nimmer fiel' ich hier dem Kaiſer-
blick ins Amt. Auch duͤnkt mich's faſt/ mir ſagt
eu'r lachend Auge, Ihr wiſſ't ſchon wo ihr finden
ſollt. Gehabt euch wohl, mein Vetter Heinrich!

und ſprech ich uͤber's Jahr euch wieder zu, ſo mein'

ich faſt, ich find' euch wohl vermaͤhlt
So ſchieden ſie; und ob der Herzog gleich in

Heinrich's Auge falſch geleſen, doch ward, was er

verkuͤndet, wahr vor Zabresfrit.


Gar gern von Zeit zu Zeit zu Roß ſeln Land

durchſtreifend, war einſt der Kaiſer auch auf ſolchem

Wege, als ihn ein wildes Ungewitter traf. Nun
ſchreck'' ihn ſonſt zwar Sturm und Regen nicht,

doch ſucht' er diesmal Schutz bei einem Edeln in der
 
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