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Charis: rhein. Morgenzeitung für gebildete Leser (1) — 1821

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No 60 (1821)
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https://doi.org/10.11588/diglit.20602#0243

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Charis.

unterhaltungsblatt.

fuͤr

Leben und Literatur; Poeſie und Kunſt.

Redakteur ad Berausgeber: Ir. K. Sreibert v. Erlach.



Ne

Mannheim, den

60

27. Oetsber; 182r. „

Szenen aus teutſcher Vorzeit.
Fortſetzung.]
5.

Nicht lang' indeß, ſo war Herr Heinrich Braͤn⸗

tigam der ſchoͤnen Mechtild', und eh' der Sommer

kam, zum Zweitenmal vermaͤhlt. Hoch lodert“ auf

Herru⸗ Ehrhard's Zorn ob dieſer Kunde, war er gleich
Er mied auf lang
des Kaiſers Angeſicht; und als er endlich kam auf

ſonſt von ruhig gleichem Sinn.

vieles Fordern, da ſprach er ernſt und kurz in erſter
Stunde: „als Ihr mich damals fragtet ob der Schei-
vdung von Frau Hattburg, habt Ihr da mich. habt
„Ihr euch ſelbſt betrogen?
Da ſenkte ſich zum Zweitenmale Heinrichs Auge

vor dem Herzog, als muͤſſe er unwillkuͤhrlich ſagen:
„o ſtaͤrkrer Freund! was ich vermogt, Du haͤttſt es

»nie gekonnt!“ Doch in des Kaiſers Bruſt war jezt
ſchon Hochmuth; er züͤrnte faſt dem eig'nen treuen
Auge, das noch, wie ſonſt, der Seele Spiegel war.
Gewalſam zwang er ſich, den Blick zum Herzog zu
erheben, und ſprach mit ſchwankend ungewiſſem Wort:
„nun denn! wenn Ihr ſo ernſtlich fragt: vielleicht
„das Lezte. Daß mir Bedenken kam, ob meiner Che
„mit Frau Hattburg, das fuͤhlt' ich wohl;
„es mir gekommen, hab' ich nicht ergruͤbelt. Sie iſt
„im Kloſter jezt zufrieden, wie ich hoͤre. Laßt die
„ Vergangenheit denn ruh'n; die Gegenwart Iſt hold.
Soj ſyrehend, eilt' er ihm Mathilden varaſtet,

woher

die eben eintrat in's Gemach. Und — o wie ſcark
iſt holder Frauen Anmuth — auch Eberhard der
Strenge, ward jezt milder. Begreiflicher ſchien ihm
des Freundes Unrecht; um ihrentwillen ſtrebtꝰ er's
zu verzeih'n. Allein vergeſſen konnt' er's nie; und
wo ein Unfall je den Kaiſer traf, ihm dänkt er im-

mer Strafe jenes Frevels. *
(Der Beſchluß olgt.)

EEEE

ö Fragmenie
einer maleriſchen Reiſe durch verſchiedene ö

Gegenden des ſüdlichen Teutſchlands.
bSortſetzun g.).
Vor mir durchſchneidet ein leichter. Ficherkahn den

. —

ruhigen Spiegel des Rhein's, und unter dem Flüͤſten

und Rauſchen der getrennten Silberwellen, „unter
dem Takte des kraͤftigen Ruderſchlags toͤnt von zwei
ſchoͤnen Maͤnnerſtimmen kunſtlos geſungen, das dir
wohibekanme Liedchen aus der Tiefe zuy uns heraufi
Das Fiſchermaͤdchen harret
Am ufer auf und ab,
Sein naſſes Auge ſtarret
Die Wogenfluth hinab. „
Kein Schifſchen war zu ſehen
Ach, Alles — Alles leer!
Kein Segel ſah es wehen
Im großen weiten Meer.
Kaum konnte ich meinem Gehor trauen, und
doch — die zaͤrtlichen Molltdne ſomeichelten dem
lauſchenden Ohn.

e
 
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