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Die Gartenkunst — 1.1899

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Schulze, O.: Chrysanthemum-Ausstellung in Hannover
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https://doi.org/10.11588/diglit.20975#0025

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DIE GARTENKUNST

Ifi

grofse Gruppe mit der Büste des Kaisers auf, die die
Stadtgärtnerei mit ihren mächtigen Palmen, durchsetzt
von den verschiedensten blühenden Chrysanthemen gestellt
hatte. Vor der Tribüne steht die grofse Chrysanthemum-
gruppe der Firma Daiker und Otto in Magdeburg. Links
und rechts in dem langgestreckten, an den Seiten mit Tuff-
steingrotten versehenen und epheuberankten Raum haben
die übrigen Schaupflanzen und Dekorationsgruppen Auf-
stellung gefunden. Die infolge der. reichen Anmeldungen
bedingte Raumausnutzung gestattete es dem Leiter zwar
nicht, die Gesamtausstellung nach einem bestimmten
ästhetischen Gesichtspunkt anzuordnen, wie es in grofs-
artigster Weise bei der Frühjahrsausstellung 1893 ge-
schehen konnte, aber dennoch war der Gesamteindruck
ein äufserst reizvoller. Das ganze Arrangement war sehr
praktisch, keine Gruppe wurde von der anderen verdeckt
oder in den Hintergrund geschoben, jede Pflanze kam voll
zur Geltung, und das will viel heifsen, wenn man bedenkt,
dafs jeder Centimenter Raum ausgenutzt werden mufste.

Eine besondere Ehrung war der Ausstellung zu teil
geworden durch die Verleihung der goldenen Medaille Sr.
Maj. des Kaisers, die auf No. 1 „50 Stck. Schaupflanzen
in 40 Sorten" vergeben werden sollte. 5 Konkurrenten
stritten um dieselbe und erst am 2. Ausstellungstage fiel
die definitive Entscheidung. Das Ergebnis war, dafs zwei
erste Preise verteilt wurden: Die Privatgärtnerei von Kirsten
(Obergärtner Seebeck) in Flottbeck bei Hamburg war die
Siegerin, ihr fiel der Kais-erpreis zu; Schumacher in Ham-
burg erhielt die goldene Vereinsmedaille und 100 Mark
und Daiker und Otto die goldene Vereinsmedaille, F. Kracke-
Hannover den III. Preis. Gegen die ursprüngliche Ent-
scheidung war Protest erhoben worden, weil in der so ehrend
ausgezeichneten Gruppe Hochstämme vertreten waren, die
im Sinne des Programms keine Schaupflanzen seien.

Zu den Hauptnummern des Programms gehörte noch
eine Dekorationsgruppe, in der Chrysanthemen der ver-
schiedensten Arten vertreten sein müssen. Hier ging Sperling-
Hildesheim als Sieger hervor; es fiel mir aber auf, dafs
sämtliche 3 Konkurrenten sehr wenig vorteilhaft ihre
Gruppen arrangiert und viel zu eng gestellt hatten. Ganz
besonders auffallend war dies bei der einen Gruppe, die,
mit der Hälfte der verwendeten Pflanzen zusammengestellt,
ein effektvolleres Bild gegeben hätte. In grofsartigster Ware
waren Sommerstecklinge von Chrysanthemum auf eine
Blume gezogen, von Kirsten und Daiker und Otto ausgestellt,
alles Blumen und Pflanzen, wie man sie wohl selten ßuf
einer Ausstellung in gleicher Vollkommenheit gesehen hat.
Ersterer hatte 80 Sorten, letzterer 100 Sorten in 100 Stück.

Aufser den vielen Chrysanthemen in gemischten Sorten
oder besonderen Farben, in Hochstamm oder Buschform,
auf eine oder mehrere Blumen gezogen, sah man in vor-
züglicher Qualität und in grofsen Mengen Cyclamen und
Nelken. Auch Maiblumen fehlten nicht. Zwischen diesen
blühenden Gruppen hoben sich die Farngruppen in ihrem
weniger prunkhaften Gewand gut ab. Wunderbar reich
blühende Orchideen hatte eine Hamburger Firma hoch
oben in den Grottensteinen eines Wasserfalles sehr natür-
lich untergebracht.

Nun zur Bindereiausstellung. Wir treten durch
die schmale, felsenüberwölbte Thür des Konzerthauses und
sind da. Ohne uns umzusehen, eilen wir die nach dem kleinen
Saale führende Treppe hinauf. Ein herrliches Panorama
bietet sich von diesem erhöhten Standpunkt über den
ganzen Saal, und welcher Reichtum und welche Pracht!
10 geleckte und dekorierte Tafeln stehen zu unseren Füfsen.
Fast jede Tafel mit eigenem Kronleuchter, nur bei zweien
fehlt derselbe. Dem Programm entsprechend, waren Tafel-
dekorationen entweder nur mit Chrysanthemum oder in
andern Blumen verlangt. Sämtliche Arrangements waren schön
und meist in derselben Farbe, gelb, braun oder weifs ge-
halten. Die Orchideen spielten bei den anderen Dekora-
tionen die hervorragendste Rolle. Mir wollte es scheinen,
als wäre auf besondere Effekte, z. B. Guirlanden von den
Kronleuchtern herab, oder Aufstellen von Säulen an den
Ecken der Tische und Verbinden derselben mit Guirlanden,
zu' denen man meist Medeola gewählt, zu viel Gewicht
gelegt worden. Nur eine Tafel machte hiervon eine rühm-
liche Ausnahme; es war für das Auge wohlthuend, hier
die obligaten Kronleuchter und Medeolaranken nicht zu
sehen, dafür aber die Bouquets und Sträufse ausgezeichnet,
jedes für sich ein Kunstwerk. Eine wohlthuende Ruhe und
Vornehmheit lagerte über dem Ganzen. Da der Platz
aufserdem nicht unnütz eingeengt war, so war diese Tafel
erst recht einladend.

Ein Beispiel von Geschmacklosigkeit war die Nach-
barin von dieser mit dem II. Preis ausgezeichneten. Man
denke (.sich auf der ganzen Länge der Tafel einen langen
Glasbehälter, darin Sand, Wasser und die üblichen Wasser-
und Sumpfpflanzen. In der Mitte ist das Gefäl's durch einen
Leuchtturm aus Tuffsteinen überbaut, zwei Schiffe aus
weifsen Chrysanthemumblumen schwimmen auf dem Wasser,
allerlei bunte elektrische Beleuchtungskörper spenden das
grelle Licht. Auf dem Tisch liegen Muscheln und
dazwischen das Schild: III. Preis. Über den Geschmack
läfst sich ja nicht streiten, aber ein Aquarium als Tafel-
dekoration ist doch wohl die höchste Potenz des Wider-
sinnigen. Unwillkürlich mufs man daran denken, dafs eine
Kröte, ein Molch oder eine Schlange, eine Eidechse oder
ein sonstiges ekelerregendes Getier sich zeigen oder gar An-
stalt machen könnte, aus seinem Gefängnis auszubrechen.
Wo bleibt da die Appetitlichkeit'? Dafs aufserdem der
Raum und die Übersichtlichkeit eingeengt wird, braucht
eigentlich nicht erwähnt zu werden. Der Aussteller mag
mit seiner Idee den Vorzug der Originellität haben, er hätte
aber besser gethan, sie für sich zu behalten,.

Die übrige Binderei war in ganz hervorragender
Weise vertreten, Sträufse, Bouquets, Kränze, Trauerarran-
gements, Schau- und Phantasiestücke, Vasendekorationen
liefsen viel Geschmack erraten, nur wenige Stücke blieben
hinter mittelmäfsig zurück. Und wenn nicht alle wert-
vollen Arrangements durch Preise ausgezeichnet wurden,
so liegt es wohl lediglich daran, dafs den Preisrichtern nur
eine bestimmte Anzahl zur Verfügung stand.

Auf den Galerien des Saales waren die Schnittblumen
untergebracht, meist einzeln auf Gläser gestellt. Aufser
vielen Chrysanthemum und Neuheiten der letzten Jahre,
 
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