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Die Gartenkunst — 1.1899

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Olbrich, Stephan: Plauderei über Allee- und Promenadenbäume
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https://doi.org/10.11588/diglit.20975#0079

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DIE GARTENKUNST

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Für nicht zu rauhe Gegenden, z. B. in Baden, am
Rhein etc. sind Catalpa speciosa und C. Bungei als
Schattenbäume sehr zu empfehlen. Es sind die besten
Sorten für heifse, trockene Lagen. Die Blätter erscheinen
zwar spät, halten jedoch unverändert bis zum ersten
Nachtfrost, werden von keinem Ungeziefer befallen und
bilden einen starken Schatten, was für terrassenförmige
Anlagen oft nötig ist. Niemals pflanze man Catalpa an
Ufer von Gewässern oder solche Orte, wo im Winter das
Grundwasser hoch steht; das Absterben ganzer Kronen-
teile durch Frost ist die unausbleibliche Folge. C. speciosa
nimmt einen ziemlichen Kronendurchmesser an, ihre sehr
grofsen, erst Ende Juli erscheinenden, weifslich-golben Blüten-
trauben machen den Baum zu einer imposanten Er-
scheinung. C. Bungei mufs auf Stämme von C. Kämpferi
oder noch besser auf C. speciosa in Kronenhöhe veredelt
werden. Sie bildet eine vollständig flache, schirmförmige,
ganz dichte Krone und pafst als Schattenbaum aus-
gezeichnet dahin, wo es geboten ist, dafs die Baumkrone
gar nicht hoch wird, ohne es durch Schnitt erreichen zu
müssen. Infolge der geringen Kronenausdehnung läfst sich
diese Sorte sehr dicht pflanzen.

Es ist übrigens ein grofser Irrtum, wenn behauptet
wird, Catalpa gedeihe nur in bevorzugter, warmer Lage.
Die Hauptbedingung zu deren Gedeihen ist ein durch-
lassender trockener Boden und freier sonniger Standort,
damit das Holz vor dem Winter gut ausreifen kann. Das
schwierigste ist, sie in der Jugendzeit durch den Winter
zu bringen, in welcher Periode ein Zurückfrieren zwar
weniger schadet. Übrigens ist C. speciosa viel härter
als die mehr verbreitete Catalpa bignonioides und selbst
für Norddoutschland geeignet.

Was hinsichtlich Widerstandsfähigkeit, Lage und
Standort vorstehend über Catalpa gesagt wurde, stimmt
auch vollständig für Celtis.

Celtis australis ist ein herrlicher Strafsenbaum von
mittlerer Gröfse und fremdartigem Ansehen. Der elegante
etwas überhängende Wuchs, die freudig hellgrüne, dichte
Bolaubung, welche von keinem Ungeziefer verunstaltet
wird, machen diesen Baum von nur mittlerer Gröfse für
uns sehr wertvoll. Auffallend ist es für mich, dafs man
diesen Baum in Deutschland fast gar nicht als Alleebaum
vorfindet, wo es doch Gegenden genug giebt, die klimatisch
viel günstiger gestellt sind als Zürich, wo Celtis australis
vielfach und mit grofsem Vorteil als Promenadenbaum Ver-
wendung gefunden hat.

Es darf allerdings nicht verkannt werden, dafs die
Anzucht von Celtis-Hochstämmen nicht so einträglich für
Baumschulen ist, wie die der schnell wachsenden Alleo-
bäume, und ein höherer Preis dafür gefordert werden mufs.
Es dauert immerhin 8 Jahre, bis man einen einigermafsen an-
sehnlichen Celtisbaum gezogen hat, Celtis occidentalis ist
als Strafsenbaum nicht zu empfohlen und lange nicht so
malerisch wie C. australis. Der Wuchs ist zwar mehr
aufrecht, aber zu sparrig.

Corylus Colurna ist ein rasch wachsender, hoch-
werdender Alleebaum für alle Lagen und Standorte passend,
welcher in Deutschland als solcher kaum noch Verwendung

Die Gartenkunst.

gefunden hat.*) Die Krone baut sich schön pyramidal,
ganz ähnlich wie Tilia euchlora. Die sehr korkige, weifslich
graue Rinde dieses Baumes macht ihn zu einer auffallenden
Erscheinung.

Unter den Crataegus besitzen wir mehrere für
Promenadenbäume sehr geeignete, mehr kleinkronig
bleibende Sorten von auffallender Erscheinung, die leider
sehr wonig verbreitet sind. Wenn auch die rotgefüllt
blühende Sorte, Crataegus oxyacantha fl. kermosino pl.,
vielfach Verwendung findet, so soll damit aber nicht
konstatiert sein, dafs er unter den Crataegus der schönste
Alleebaum sei. Wohl bietet derselbe während der Blüte-
zeit einen wunderschönen Anblick, aber in kurzer Zeit ist
das vorbei, und die kleinen, unscheinbaren, leicht von
Ungeziefer befallenen, wenig Effekt hervorrufenden
Blätter lassen den Sommer über den Baum nicht besonders
schön erscheinen.

Ganz anders ist es mit den Sorten Crataegus arborescens,
Calpodendron,*>:) Carriorei, Grus galli und prunifolia.
Dieselben wirken in erster Linie durch ihre grofsen,
ganzrandigen, glänzend dunkelgrünen Blätter. Aufserdom
sind es im Frühjahr die weifslich rosa gefärbten, teil-
weise wohlriechenden Blumen, denen schon gegen Aus-
gang des Sommers die Unmassen grofser roter Frucht-
büschel folgen, welche einen schönen Kontrast auf dem
dunklen Laub hervorrufen und dann schliefslich im Spät-
herbst den Vögeln eine willkommene Nahrung bilden.

Crataegus Carrierei ist von allen Sorten am schönsten.
Das Laub bleibt bis zum Beginn des Winters am Baum,
nimmt eine schöne braunrote Herbstfärbung an und fällt
erst einem starken Frost zum Opfer. Auch die orange-
farbenen Früchte haben das Bestreben, lange am Baum
hängen zu bleiben. In der Bäderstadt Baden, nahe bei
Zürich, ist auf mein Anraten vor einigen Jahren eine ganze
Allee von Crataegus Carrierei angepflanzt worden, wrolche
jetzt schon einen prächtigen, eigenartigen Anblick gewährt
und von Fremden viel bewundert wird.

Cladrastis lutea ist ein zwar langsam wachsender,
aber eine seltene Erscheinung bildender, sehr zu empfehlender
Promenadenbaum, welcher eine ebenso breit als hoch
werdende, rundlich geformte dichte Krone von mittlerer
Gröfse bildet. Das Laubwerk, welches zwar nicht früh
erscheint, hält sich unverändert, bis ein Nachtfrost dasselbe
zerstört, auch wird es von tierischen wie pflanzlichen
Feinden nicht angegriffen.

Die gleiche Form hat Koelreuteria paniculata, welche
als kleinkroniger Baum eine grofso, fremdartige Wirkung
ausübt. Die durch die zahlreichen grofsen gelben Blüten-
stände noch vermehrt wird.

Unter den Pappelarten, die als Alleobäume in Betracht
kommen, nimmt Populus Simonii einen ersten Rang an.
Es ist ein prächtiger, grofswerdender Baum von raschem
Wuchs und schön pyramidal geformter Krone. Die leder-
artig glänzend-grüne Boiaubung ist sehr effektvoll.

*) Vergl.: „Zeitschrift für Gartenbau und Gartenkunst",
Jahrgang 1898, Seite 184, über „Corylus Colurna als Alleebaum
und die Baumhasel-Allee bei Cöthen." D. Red.

**) Wohl bekannter unter dorn Namen tomentosa. 1). Red.

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