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Die Gartenkunst — 1.1899

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DIE GARTENKUNST

79

Stelle wiedergegebene Bericht über die für die in diesem Jahre
zu Mannheim stattfindende Hauptversammlung bereits ge-
troffenen Vorbereitungen zur Kenntnis.

Nunmehr erhielt Herr Landschaftsgärtner Brodersen das
Wort zu seinem Vortrage über englische Gärten, etwa wie folgt:

„Geehrte Herren! Bei der Ausübung unseres Berufes stehen
wir oft vor Fragen, deren Lösung nicht leicht ist; unwillkür-
lich schweifen die Gedanken oft umher, ob nicht in irgend
einer Stelle ein Motiv für die Lösung zu finden ist.

In ganz bestimmter Eichtling wird dies geschehen, wenn
der Auftraggeber andeutet, nach welchem Vorbilde, das er in
irgend einem Lande oder an anderen Orten gesehen hat, sein
Garten gestaltet sein möchte.

Wir dürfen hierbei nicht verfehlen, dafs auch bei uns eine
gewisse Mode herrscht und zwar insbesondere in Bezug auf
das zu verwendende Material. Oft sind es auch die Gartenbau-
ausstellungen, die Fachlitteratür und die Fachzeitschriften, in
denen duich Meinungsaustausch über Vorkommnisse sich eine
Anregung für diese oder jene Richtung entwickelt. Ein Land
nun. dessen Parks und Gürten in den schön tönendsten Worten
geschildert sind, ist ganz besonders England.

Mit wahrem Entzücken erzählten uns die Glücklichen, die
das Land bereisen konnten, von der Pracht der englischen
Gärten im Wonnemonat Mai. Ja, man wird dadurch in den
Glauben versetzt, dafs infolgedessen die englischen Gärten für
uns in jeder Weise als Vorbild dienen können. Mit nichten.
Ich begreife eigentlich nicht und will dieses gleich voraus-
schicken, wie man bei uns immer bei Werken deutscher Garten_
kunst als nach englischem Stile und nach englischem Ge.
schmacke geschaffen, sprechen kann. Wenn wir grofse deutsche
Parks, die von Gartenkünstlern geschaffen wurden, wie etwa
der Park von Muskau als eine Schöpfung des Fürsten Pückler,
mit englischen Parks vergleichen, so können wir getrost sagen,
der Fürst hat Muskau nicht nach englischem Stil angelegt-
Sein Werk ist, obgleich der Fürst reichliche Studien in eng-
lischen Parks getrieben, rein urdeutsch und entspricht deut-
schen Empfindungen; hier herrscht Idealismus, während in
den englischen Gärten meistens der Realismus die Oberhand hat.

Damit ist nun aber nicht gesagt, dafs der englische Garten
Schönheiten entbehre. Dem ist durchaus nicht so. Die Grund-
anschauungen für die Parks in beiden Ländern sind ver-
schieden. Während in England die Wege von untergeordneter
Bedeutung sind, wird bei uns ein Hauptaugenmerk auf die
Anordnung derselben und die durch diese geformten Parkteile
gelegt. Wir sind bemüht, von den Wegen aus dem Besucher
nach einander gefällige und in sich abgerundete Scenerien zu
zeigen, ohne demselben das Verlassen der Parkwege zu er-
lauben. Der Engländer dagegen geht frei auf dem Rasen
herum und wählt sich die besten Standorte für die einzelnen
ihm zusagenden Parkbilder nachBelieben aus. Schon hierin offen-
bart sich die Verschiedenheit der Grundauffassungen, die einen
Vergleich zwischen deutschen und englischen Gärten nicht zu-
läl'st. Ein zweiter nicht unwesentlicher Unterschied liegt darin,
dafs wir Deutsche weniger Wert auf die Ausbildung der einzelnen
Exemplare legen; wir trachten nach einer besonders guten
Gesamtwirkung und einem malerischen Aufbau der Gruppen
(immer von bestimmten Punkten aus), auch wenn die eine oder
andere Pflanze hierdurch für das Auge verschwindet, während
dem Engländer die gute tadellose. Entwickelung der einzelnen
Pflanze in erster Linie am Herzen liegt.

In den englischen Parks finden wir eine grofse Zahl der
herrlichst entwickelten Gewächse, die je nach der Liebhaberei
der Gartenbesitzer, die meistens wirkliche Pflanzenfreunde sind,
sehr verschieden sind. Es ist erstaunlich, mit welcher Liebe

und Sorgfalt der Engländer seine Pflanzen kultiviert, selbst
in den öffentlichen Anlagen ist jede einzelne Pflanze ein Aus-
stellungsexemplar.

In Deutschland steht die Zahl der Gärten in keinem
richtigen Verhältnis zu den recht seltenen Pflanzenfreunden.
Das Bestreben der Gartenkünstler sollte daher auch besonders
darauf gerichtet sein, Pflanzen- und Gartenfreunde zu ge-
winnen."

Redner kommt dann an der Hand eines umfangreichen
Materials von Karten, Photographieen, Zeichnungen etc. auf
die Gestaltung der Gärten selbst zu sprechen, erklärt den
grofsen. Park, in welchem grofse Triften, auf denen Schafe
weiden, bis in nächster Nähe des Schlosses heranreichen. Auf
diesen treten hin und wieder einzelne Bäume oder Gruppen
auf, die, soweit die Äsung reicht, von Laub befreit sind. Nur
unmittelbar am Wohnhaus sind sorgfältig gepflegte Rasen,
Blumengruppen etc. zu bemerken. Eine Einzäunung hält hier
das Eindringen der Viehherden ab.

Der Vortragende bespricht dann den pleasure ground, welche
Stelle die einzige im englischen Park ist, die, mehr oder weniger
gut gepflegt, nicht dem Nutzen, sondern dem Vergnügen ge-
widmet ist, weshalb das Wort „pleasure ground" auch nicht
wie bisher irrtümlich mit Lust- oder Ziergarten zu übersetzen,
sondern sinngemäl's mit Vergnügungsort zu bezeichnen sei.
Ganz gewaltig sind die Summen, die der Engländer für seinen
Park aufwendet, und ist darauf auch grösstenteils der hoch ent-
wickelte Stand des Gartenbaues zurückzuführen.

Durch Erheben von den Plätzen brachten die Anwesenden
dem Redner, der noch auf mehrere Anfragen bereitwilligst und
eingehend Auskunft gab, für seinen interessanten und äufserst
belehrenden Vortrag ihren Dank dar.*)

Herr Hofgärtner Hoffmann kam dann auf Wegeeinfassungen
zu sprechen und empfahl cirka 6 cm starke, 15 cm hohe und
breite Klinkersteine, welche an der nach oben gerichteten Seite
halbkreisförmig abgerundet sind und mit ihrer grau-gelben
Farbe für jeden Garten passen und gut aussehen. Neben einer
grofsen Haltbarkeit wäre vor allen Dingen die Billigkeit in Be-
tracht zu ziehen, da das laufende Meter an Ort und Stelle ge-
setzt ungefähr 48 Pf. kostet. Die Steine werden in den Greppiner
Ziegelwerken hergestellt und kosteten 30 Mark pro Mille.
Nächst diesem dürfte Bandeisen den Vorzug verdienen, welches
ebenfalls haltbar sei und sich im Preise auf 70—80 Pf. pro
Meter stellte. Während Herr Weidlich letzterem den Vorzug
gab, sprach Herr Brodersen für die Steine bei Rasenbahnen
und Auffahrten; auf keinen Fall sollte aber Bandeisen auf
Spielplätzen wegen seiner Gefährlichkeit für die Kinder zur
Anwendung gelangen.

Herr Clemen machte dann auf die von Herrn Knoll-Leip/.ig-
Lindenau in den Handel gebrachten Aluminium-Etiketten, die
sich jahrelang nicht verändern und deren Schrift nicht ver-
wischen soll, aufmerksam.

Zum Schlüsse wurden die von der Firma J. Holzinger zu
St. Avold eingesandten Alleebaumschützer, Zaunpfosten und
verschiedenen Baumbänder einer längeren und eingehenden
Besprechung unterzogen. Die Vorzüge der Baumschützef gipfeln
namentlich in dem am unteren Teil des Schützers befindlichen
verzinkten Mantel als Schutz gegen das Urinieren durch
Hunde etc., ferner in der dem Schützer eigenen Widerstands-
kraft, die ihm eine lange Haltbarkeit verleiht und in dem
Vorteil, dafs Reparaturen fast ganz ausgeschlossen sind. Bei
gewaltsamen Beschädigungen durch Fuhrwerk etc. lassen sich

*) Wir -werden in einer der nächsten Nnmmern dieser Zeitschrift eine
ausführliche Skizze über englische Gürten von Herrn Brodersen bringen.
Leider fehlte uns in dieser der Raum. D. Red.
 
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