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Die Gartenkunst — 1.1899

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I, 6 DIE GARTENKUNST 119

diesen Gebieten vertraut, so zwar, dafs wir der Ansicht des
Verfassers, dafs für die durch die Aufnahme von Grundstücken
entstehenden gröfseren Arbeiten die Mithilfe eines Geometers
der beste Weg sei, um genaue Aufnahmen zu erhalten, nicht
beipflichten können. Eine „conditio sine qua non" der
Landschaftsgärtnerei bleibt die gründliche Kenntnis des Feld-
messens.

Was der Verfasser in den Abschnitten über die Prinzipien
der Gartenkunst, über die Anordnung der Pflanzungen, Führung
der Wege, Gestaltung der Wasserflächen etc. sagt, zeugt von
einer ganz eigenartigen Auffassung des Wesens der Garten-
kunst nnd läfst auf ein mangelhaftes Studium der Natur
schliefsen, die wie dem Maler, so auch dem Landschafts-
gärtner zum Vorbilde dient. Gartenanlagen, ob gröfs oder
klein, unter vorbildlicher Benutzung natürlicher Scenerien aus-
geführt, erscheinen ungezwungen, atmen Harmonie. Der
Verfasser nennt das Symmetrie, auf deren Gesetzen „das
Gleichgewicht der Massen beruht" und bezieht sich zum Be-
weise dessen auf die alten Griechen: „Was wir heut unter
Symmetrie verstehen, nämlich die gleiche Ausbildung zu beiden
Seiten einer Mittellinie, war bei den Griechen ein ganz anderer
Begriff und wurde in dem Sinne der schönheitlichen, har-
monischen Ausbildung der einzelnen Teile mit Bezug auf das
Ganze, ohne Rücksicht auf eine Mittelachse verstanden. In
diesem Sinne soll auch hier der Begriff der Symmetrie auf-
gefafst werden." Die Geschichte der Gartenkunst scheint
hiernach dem Verfasser nicht ganz geläufig zu sein, denn die
Griechen verstanden gerade bei der Anlage ihrer Gärten genau
dasselbe unter Symmetrie, was wir heute noch darunter ver-
stehen und auch nicht anders verstehen können. Symmetrie
ist gleichbedeutend mit Regelmäfsigkeit, sie waltet in der un-
mittelbaren Umgebung gröfserer architektonischer Bauten,
deren Linien eine Fortsetzung in dem gartenkünstlerischen
Schmuck zu geben, eine Naturnotwendigkeit ist, sie hört da auf,
wo die freien Anlagen beginnen. Deshalb kann bei den
letzteren nie beim Fehlen der Symmetrie „das Gleichgewicht
der Massen gestört" oder gar behauptet werden, dafs „ein das
Auge befriedigender Effekt nicht zu erreichen" sei.

„Wegeführungen geben", wie der Verfasser von den Wegen
im allgemeinen sagt, „gefällige Linien," wenn z, B. aufein-
einanderfolgende Kavrven nicht die gleiche Krümmung haben;
auch bieten sie dem Durchschreitenden mehr Abwechselung,
als die alten sogenannten Schönheitslinien, die in endlosen
Schlangenlinien bestanden und durch ihre fortgesetzten gleichen
Ausbiegungen das Auge ermüdeten und langweilten." Der
Verfasser übersieht hier ganz, dafs die Wege einzig und allein
ein Mittel zum Zweck sind, d. h. den Spaziergänger bei den
schönsten abwechselungsreichsten Scenerien vorüberführen
sollen und ihn niemals „ermüden oder langweilen" können, wenn
die letzteren in künstlerischer Anordnung vorhanden sind.
Ist dies nicht der Fall, dann sind auch die getretenen Würmern
gleich sich windenden Wege des Verfassers ermüdend und
langweilig. „Die Abzweigung eines Weges soll überdies
nach aufsen erfolgen, nicht nach innen." Warum? „Da es
das Bestreben eines am Wege Fortschreitenden ist, in der
Richtung der Tangente abzuzweigen." Sonderbare Logik, die
auf dem auf Tafel XIX dargestellten Plane dadurch gekenn-
zeichnet wird, dafs sämtliche Wege nach innen abzweigen.
„Eine Kreuzung zweier Wege soll," wie Seite 36 figürlich dar-
gestellt wird, in Form eines X „ausgeführt werden; die
Trennung der beiden Wege soll nach kurzer Wiedervereinigung
stattfinden." Was bei einer derartigen Kreuzung der AVege
entsteht, das weifs jeder erfahrene Landschaftsgärtner. Es ent-
stehen die sogenannten unschönen „Verlegenheits-Dreiecke",

deren beispielsweise Tafel XX allein vier als Anliegerinnen
einer einzigen Rasenfläche aufweist.

Über das Kapitel „die verschiedenen Arten und Formen
der Pflanzungen" ist herzlich wenig gesagt und das Wenige
so laienhaft, dafs man sich wundern mufs, wo der Verfasser
den Mut hergenommen, über diesen wichtigsten Teil der
Landschaftsgärtnerei zu sprechen. Den Nadelhölzern stellt er
dabei ein ganz eigentümliches Zeugnis aus: sie „drücken sich
nie malerisch aus, sie bilden mit Ausnahme der gemeinen
Föhre massenlose, in einzelne Spitzen aufgelöste Formen.
Nadelhölzer sollten in Anlagen nie zu häufig angewendet
werden, höchstens dort, wo man im Winter immergrüne Par-
tieen gebraucht und dann müssen sie vor Laubholz gepflanzt
werden und freie Gruppen von 3—15 Stück bilden. Durch ihre
Selbständigkeit bilden dann die Nadelhölzer einen angenehmen
Kontrast." Die Nutzanwendung der Bedingung, die Coniferen
vor Laubholz zu pflanzen, zeigt uns dann der Verfasser auf
einem kleine Bilde, Seite 43. Er pflanzte hier die Nadelhölzer
hinter Laubholz. Die Kenntnis des Verhaltens der Pflanzen
gegen Licht und Schatten sei notwendig, sagt der Verfasser
ganz richtig, wenn junge Pflanzungen unter vorhandenen
Bäumen angelegt werden sollen, zählt aber Abies, Picea,
Taxus und Thuja zu denjenigeu Gehölzen, die am wenigsten
Licht gebrauchen!

Die dem Texthefte beigegebenen Tafeln sind von tadelloser
Ausführung, nur die Anordnung der Gehölzpflanzungen, die
Form der Wasserflächen und die Führung der Wege nicht
nach unserem Geschmack, doch „de gustibus non est dispu-
tandum," es werden sich wohl auch Liebhaber für solche An-
lagen finden und sicher auch in recht kurzer Zeit die Wohl-
that Schatten spendender Alleen geniefsen können, wenn sie
solche nach den' auf den Tafeln X und XI gegebenen Vor-
schlägen des Verfassers anlegen, nämlich 3 m breit und
die Bäume in den Reihen 4 bezw. 4,50 m von einander
entfernt.

Wir schliefsen mit dem Wunsche, dafs der Verfasser bei
einer etwa erforderlich werdenden Neuauflage seines immerhin
mit vielem Fleifs bearbeiteten Werkes die Gesetze der Garten-
kunst etwas eingehender berücksichtigen und auch daran
denken möge, dafs auch der Landschaftsgärtner von der Luft
allein nicht zu leben vermag, denn etwas anderes, als eine
gegenteilige von dem Verfasser sicher vertretene Ansicht
läfst doch der als Beispiel aufgeführte Kostenanschlag nicht
erwarten, wenn er ihn bei einer Ansführungssumme von
5789,33 Gulden das nette Sümmchen von 150,00 Gulden für
seinen Entwurf mit allen Details und für die Oberleitung
„verdienen" läfst. A. Fintelmann.

Gärtnerische Feldmefskunde. Ein Leitfaden für den
Unterricht in der Feldmefskunde an Gärtnerlehranstalten und
ähnlichen Instituten sowie zum Selbstunterricht für junge
Gärtner. Von B. Goerth, königl. Obergärtner und Lehrer
des Gartenbaues am königl. pomolog. Institut in Proskau
O.-Schl. Mit 15 Tafeln und 64 Abbildungen nach Aufnahmen
und Zeichnungen des Verfassers. Verlag von A. Kai esse
in Proskau. Preis geb. 4 Mk.

Das uns vorliegende Werk besteht aus 3 Teilen und be-
handelt im 1. Teile das eigentliche Feldmessen (Vermessen)
mit Beschreibung der gebräuchlichsten zum Längenmessen
sowohl wie zu Winkelaufnahmen notwendigen Geräte. Der
2. Teil behandelt das Nivellieren mit den dazu gehörigen In-
strumenten und der 3. Teil bespricht und erläutert an Bei-
spielen die Anwendung der ebenen Trigonometrie im gärtne-
rischen Feldmessen, obwohl sie der Verfasser nicht als im-
 
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